Interview

Mannheimerin Juliana Blumenschein plädiert für kostenlose Konzerte

Vor ihrem Gratis-Open-Air am 12. August bei der Sommerbühne der Alten Feuerwache sagt die Mannheimer Jazzsängerin Juliana Blumenschein, dass sie beides wichtig findet: angemessene Gagen und freien Zugang zu Kultur

Von 
Jörg-Peter Klotz
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Gitarre trifft Gesang: Florin Küppers und Juliana Blumenschein spielen am Montag ein Gratis-Open-Air. © Dumitrita Gore

Mannheim. Frau Blumenschein, am 12. August spielen Sie mit Ihrem Duo-Partner Florin Küppers auf der Sommerbühne der Alten Feuerwache ein frei zugängliches Open Air. Das wievielte Mal ist es?

Juliana Blumenschein: Ich freue mich sehr, dass ich zum dritten Mal eingeladen wurde. Das erste Mal war 2018 mit meinem damals neu gegründeten Quintett, das zweite Mal dann zu meinem ersten Album-Release, 2021 mit „A Vida“. Beide Male hat Florin als Gitarrist in der Band gespielt. Dieses Mal dürfen wir zum ersten Mal mit unserem Duo auf der Bühne stehen.

Wie stellt man das Programm für so eine Gelegenheit zusammen, bei der man im besten Fall neue Hörende von sich überzeugen kann?

Blumenschein: Am Montag spielen wir ganz andere Musik als mit meinem Quintett, größtenteils interpretieren wir Stücke von anderen Komponistinnen und Komponisten. Auch die Spielweise ist eine andere, traditioneller mit etwas weniger Fokus auf den Improvisationen. Hier wollen wir uns auch nicht verbiegen, nur um mehr Leute zu erreichen, die uns zufällig hören werden. Egal, ob es ein großes oder kleines Konzert ist, wir versuchen immer eine möglichst starke Bindung zum Publikum herzustellen und auf den Raum und die Atmosphäre einzugehen. Wir werden allerdings für die Abwechslung noch einen Gastmusiker als Special Guest einladen.

Zum Konzert

  • Juliana Blumenschein, 1992 in Freiburg geboren, hat in Mannheim Jazzgesang studiert (Bachelor und Master).
  • Die Gratiskonzerte der Mannheimer Sommerbühne laufen bis 19. August, Mittwoch bis Montag, jeweils um 20 Uhr vor – bei schlechtem Wetter in – der Alten Feuerwache. Der Biergarten öffnet um 18 Uhr.
  • Das Duo Blumenschein/Küppers ist am Montag, 12. August, zu hören.

Kann man den Namen verraten?

Blumenschein: Leider wird es keiner der Gäste sein, die auch auf unserem Album zu hören sind. Wer kommt, verraten wir aber noch nicht.

Theoretisch könnten Sie ja einfach Ihr komplettes aktuelles Duo-Album „In Between“ aufführen. Mit originellen Interpretationen von brasilianischen und US-Standards würde es perfekt funktionieren. Aber so einfach machen Sie es sich vermutlich nicht?

Blumenschein: Mit unserem Duo haben wir uns ja bewusst auf das Interpretieren von Standards dieser beiden Stile fokussiert, weil es dort so viele großartige Stücke gibt. Auf „In Between“ haben wir einige Stücke aufgenommen, aber wir spielen noch viele andere Songs. Eine CD ist da ein bisschen wie ein Konzert, man überlegt, was für diese Länge eine stimmige, abwechslungsreiche Auswahl ist. Alleine an der Reihenfolge haben wir sehr lange gearbeitet, immer wieder Neues ausprobiert und umgeschmissen. Aber natürlich hat ein Konzert eine andere Stimmung, als die, die man zum Beispiel zuhause beim Hören einer CD empfindet. Entsprechend wählen wir hier oft noch andere Stücke, die uns für Konzerte passend erscheinen. Ehrlich gesagt treffen wir so manche Entscheidungen auch spontan auf der Bühne. Denn die Stimmung, der Fokus und die Energie können in jedem Konzert anders sein, insbesondere bei Open Airs mit viel Laufpublikum.

Inwiefern?

Blumenschein: Manchmal sind es die Songs, von denen man dachte, dass sie total untergehen werden, weil sie zu ruhig sind, die auf einmal alle Zuhörenden in ihren Bann ziehen. Man kann es nicht immer absehen. Es erfordert Erfahrung und natürlich ein umfassendes Repertoire, um hier spontan reagieren zu können. Aber es lohnt sich.

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Gibt es womöglich auch etwas Neues zu hören? Ist das nächste Albumprojekt schon in Arbeit?

Blumenschein: Wir werden auf jeden Fall einen Song von mir spielen, den ich als Single dieses Jahr im Oktober veröffentlichen werde. Einige haben ihn schon gehört, es ist eine Hommage an die brasilianische Küstenstadt Salvador da Bahia. Ein neues Duo-Album ist noch nicht in Planung, dafür ein neues Album mit meinem Quintett.

Wie ist die Zielrichtung dabei?

Blumenschein: Gerade beschäftige ich mich mit weiblichen brasilianischen Komponistinnen und recherchiere viel dahingehend, lasse mich davon für mein eigenes Schreiben inspirieren. Es gibt tolle Künstlerinnen, die sowohl innerhalb Brasiliens als auch außerhalb kaum Bekanntheit genießen und diesen Frauen würde ich in meinem nächsten Album-Projekt gerne etwas Platz schenken.

Wie wichtig ist es für die hiesige Jazzszene, dass sie integraler Bestandteil der von junger Popkultur dominierten Sommerbühne ist?

Blumenschein: Das liegt wohl an der langen Tradition der wöchentlich stattfindenden Montags-Jazzsessions. Vor einigen Jahren waren die Montage trotz der Sommerbühne für die Session reserviert. Inzwischen finden sogar reguläre Jazz-Konzerte an den Montagen statt. Ich finde sehr schön, dass die Jazzszene so auch weiterhin ihren Platz auf der Sommerbühne hat. Und das nicht nur für den Teil der Szene, die aus aktiven Musikschaffenden besteht, sondern auch für das Publikum. Denn auch bei der Sommerbühne sind montags größtenteils andere Leute vor Ort als an vielen anderen Tagen. Diese Vielfalt führt, glaube ich, zu positiverer Resonanz für die Veranstaltung.

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Die Konzertreihe der Alten Feuerwache ist verdienstvoll, weil sie den in Mannheim veranstaltungsarmen August bespielt. Wie verhält sich die IG Jazz im Sommerloch? Versuchen Sie, das Vakuum auch zu nutzen, obwohl viele potenzielle Spielstätten 2024 sehr früh in die Sommerpause gegangen sind?

Blumenschein: Die IG Jazzsession ist eine Kooperation zwischen dem Restaurant „Rampenlicht im Casino“ und der „Cafébar Alte Feuerwache“. Das heißt, die IG Jazz entscheidet nicht alleine, ob im Sommer Sessions stattfinden oder nicht. Unsere Erfahrung ist, dass die Sessions im Juli/August immer recht schlecht besucht werden, da viele im Urlaub sind, das Wetter zu warm ist, um drinnen zu verweilen. Die einzige Alternative wäre, im Freien Sessions zu veranstalten, was sich immer als sehr herausfordernd herausstellt. Da geht es um das Finden von Locations, Auflagen, Ruhestörung, Getränkeversorgung … Dieser gesteigerte Aufwand trifft auf Personalmangel. Denn in der IG Jazz organisieren ja größtenteils selbst aktive Musikschaffende komplett ehrenamtlich alle Veranstaltungen. Im August wollen aber auch diese meist einfach mal Urlaub machen. Kurzum: Wir fokussieren uns lieber auf die Veranstaltungen, die erfolgversprechender sind.

Kostenlose Konzerte wie bei der Sommerbühne können eine Chance sein, neues Publikum zu erreichen. Aber: Ist es nachhaltig, Musik zu verschenken?

Blumenschein: Es ist meiner Meinung sowohl wichtig, dass Konzerte und Musik wertgeschätzt werden und angemessen Eintritt kosten. Gleichzeitig aber auch, dass es ab und zu kostenfreie Kulturangebote gibt. Damit Menschen, die sich eine Konzertkarte nur sehr selten leisten können oder sonst einfach kaum Zugang dazu haben, auch daran teilhaben können. Wir wollen nicht, dass Kultur nur einem finanziell wohlhabenden Publikum zugänglich ist.

Ressortleitung Stv. Kulturchef

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