Schwetzinger Festspiele

Mozart mit dem Ausfallschritt bei den SWR-Festspielen in Schwetzingen

Cellistin Raphaela Gromes begeistert mit dem SWR-Orchester im Rokokotheater - und der Lauten-Virtuose Thomas Dunford legt in der Orangerie nach.

Von 
Hans-Günter Fischer
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Cellistin Raphaela Gromes und Dirigent Matthew Hall (von hinten) bestimmen den Klang bei der SWR Orchesterakademie wesentlich. © SSF / Bianca Bapst

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Cellistin Raphaela Gromes begeistert mit dem SWR-Orchester in Schwetzingen.
  • Dirigent Matthew Halls und Gromes beeindrucken im Schwetzinger Rokokotheater.
  • Thomas Dunford verwandelt bekannte Melodien in der Orangerie in große Lautenlieder.

Schwetzingen. Wie klingt eine unbewohnte Insel? Hört sich erst mal nicht so spannend an. Doch zu Beginn der Ouvertüre zu der Oper „L’isola disabitata“ ist noch eine ganze Menge los. Hat Joseph Haydn etwa einen Schiffbruch komponiert? Die Wogen schlagen hoch, die Solovioline produziert dazu die Schaumkrone. Vom Dirigenten Matthew Halls wird das mit großen, manchmal brüsken Gesten eingefordert. Dann jedoch herrschen die blanke Ödnis und Verlassenheit, das SWR-Orchester zieht sich sozusagen in sich selbst zurück. Erst ganz am Schluss erwacht alles zu neuer Energie. Es ist ein Happy End, vielleicht.

Raphaela Gromes begeistert im Schwetzinger Rokokotheater

Wir sind in Schwetzingen, bei der schon traditionsreichen „Orchesterakademie“ der SWR-Festspiele. Matthew Halls ist bislang vielleicht etwas weniger bekannt, aber der Brite - übrigens auch ein geschätzter Tasteninstrumentalist - zeigt Führungsqualitäten. Nach der Ouvertüre lässt er das Orchester erst einmal entspannen und in den Begleit-Modus hinübergleiten. Die Solistin steht im Zentrum, es ist die Cellistin Raphaela Gromes. Während ihrer Residenz in Schwetzingen spielt sie jetzt auch Haydns zweites Konzert für Cello und Orchester, was im Rokokotheater keine einfache Geschichte ist – ein Soloinstrument klingt nirgendwo direkter, ungeschützter.

Doch nur ganz am Anfang lässt sich Gromes kleinere Verlegenheiten anmerken, rasch wird sie sicher, meistert die Kadenz des ersten Satzes souverän und intoniert dabei auch in der hohen Lage höchst präzise. Dem „historisch informierten“ Ansatz Matthew Halls‘ schmiegt sie sich an, mit schlankem Ton. Die Zugabe erinnert dann daran, dass Gromes gerne unterschätzte Komponistinnen ins Spiel bringt, sie wählt diesmal Pauline Viardot-Garciá und die Nummer „Bohèmienne“. Das zündet nicht zu knapp.

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Veröffentlicht
Von
Susanne Kaulich
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Das SWR-Orchester gönnt sich nach der Pause Jean-Philippe Rameaus „Pigmalion“-Suite, von Matthew Halls in maximale, weiträumige Transparenz und Duftigkeit gepackt. Dem „Contredanse“ verpasst er eine ordentliche Schlussbeschleunigung. Wie sehr dem Dirigenten Tänzerisches liegt, beweist er auch in Mozarts Sinfonie in B-Dur (Nummer 33), insbesondere im Menuett. Doch schon im Eingangssatz werden die Taktschwerpunkte extrafett markiert. Die ganze Sinfonie wirkt über weite Strecken aufgekratzt, wenn nicht hormongesteuert – doch Hormone müssen ja nichts Schlechtes sein, zumindest nicht in der Musik. Am Ende des Finales macht der Dirigent noch einen Ausfallschritt nach vorne, das Orchester „positiv“ bedrängend. Halls ist ein Aktivposten.

Der „Eric Clapton der Barocklaute“ im Schwetzinger Schlosspark

Zu später Stunde wandern wir dann durch den Schlosspark zur Orangerie, wo Thomas Dunford auftritt, auch als „Eric Clapton der Barocklaute“ bekannt. Doch Clapton nannte man einst „Slowhand“ - weil er eher nicht so viele Töne brauchte. Dunford hat es manchmal eiliger, er nimmt die ausgewählten Allzeit-Klassiker, die von John Dowland bis John Lennon führen, häufig schneller als gewohnt. Aber er singt dazu mit warmer Stimme, übrigens auch Selbstverfasstes, und dann wirkt er herrlich zeitenthoben, wie der letzte Troubadour - den es ins digitale Zeitalter verschlagen hat. Selbst den im Original im Breitwand-Sound Phil Spectors produzierten Beatles-Standard „Let It Be“ macht er zum Lautenlied. Zu einem großen Lautenlied.

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