Mannheim. „Josephine Baker“ heißt sein Hausboot, das im Offenbacher Hafen vor Anker liegt. Giuseppe „Gastone“ Porrello hat es nach der US-amerikanischen Sängerin benannt, die gegen den Rassismus in ihrem Heimatland und im Zweiten Weltkrieg in der Résistance gegen die Nazis kämpfte und Pilotin bei den französischen Streitkräften war.
Seit 2019 ist Gastone Bandmitglied bei den Söhnen Mannheims. Auf dem Schiff im heimischen Frankfurt hat der Sänger, Songschreiber und Produzent sein Tonstudio eingerichtet. Und hier stellen die Söhne - genauer gesagt vier von ihnen - ihr neues Album „Kompass“ vor. Am Freitag, 15. September, wird es veröffentlicht. Es ist der siebte Langspieler in einer Bandgeschichte, die vor 28 Jahren in der Quadratestadt begonnen hat. Und es ist zugleich das erste Album ohne Sänger Xavier Naidoo, der die Gruppe 2017 mit dem Erscheinen des bis dahin letzten Söhne-Studiowerks „MannHeim“ verlassen hatte - in aufgewühltem Fahrwasser.
Neustart im Jahr 2020
2020 unternahm die Gruppe einen Neustart, mit neuen Stimmen und neuer Musik. Die heutige Besetzung bilden Dominic Sanz, Karim Amun, Giuseppe Porrello und Michael Klimas als gesangliche Vierer-Kette; Metaphysics rappt an ihrer Seite. An der Instrumentenbasis operieren Edward Maclean (Bass), Michael „Kosho“ Koschorreck (Gitarre), Florian Sitzmann (Keyboard), Ralf Gustke (Schlagzeug) und schließlich, als Neuzugang seit diesem Jahr, Gitarren-Talent Thilo Zirr.
„Wir mussten schon so ein bisschen Kassensturz machen, in die Richtung, was wäre möglich“, blickt Sitzmann, seit über zwei Jahrzehnten in der Band, auf die Neuaufstellung und die mit dem Album verbundene Vision zurück. „Aber eine andere Frage war auch, was macht uns grundsätzlich aus, was gäbe es nicht, wenn es keine Söhne Mannheims und kein Album von Söhne Mannheims gäbe.“
Ein „sehr gesunder Prozess, sich über sich selbst bewusst zu werden“ wurde mithin innerhalb der Gruppe in Gang gesetzt. Vor etwa zwei Jahren fiel die Entscheidung, ein neues Album zu machen. In kleinen Teams, teils auch allein, wurden Songs geschrieben. Die ersten „richtig guten Nummern“ entstanden daraus, „die uns das Vertrauen gegeben haben, dass das total Sinn macht, wenn wir aus unserer inneren Kraft raus und aus all den Potenzialen, die so da sind, Songs schreiben und auf ein neues Album zugehen“, erklärt Pianist und Popakademie-Professor Sitzmann.
Hört man das Album und erlebt man die Band live, hat man bei aller Aufbruchstimmung zugleich das Gefühl, dass diese Söhne-Konstellation kein offen oszillierendes Kollektiv ist, sondern als festes Bandgefüge auf gemeinsamem Boden steht. Dabei ist es nicht zuletzt Porrello, der mit seiner Stimme und seinen, zum Teil schon vor seiner Söhne-Zeit geschriebenen, Songs einen prägenden neuen Spin in die Musik bringt - eine erdige, rauere, freimütige, dabei immer wieder zart-brüchige Note. Er hebt dabei aber auch bescheiden den Beitrag der anderen hervor und meint, „es ist eine andere Message vielleicht als früher“.
Die Söhne Mannhems
- Das Soul- und Pop-Bandkollektiv Söhne Mannheims wurden 1995 unter anderem von Xavier Naidoo. Claus Eisenmann sowie Michael Herberger gegründet.
- 2000 erschien das Debütalbum „Zion“. Mit dem Nachfolger „Noiz“ erreichte die Band 2004 Platz eins der deutschen Charts. Es folgten die Alben „Iz On“ (2009), „Barrikaden von Eden“ (2011), „ElyZion“ (2014) und „MannHeim“ (2017).
- 2017 verließ der wegen kontroverser Einlassungen umstrittene Sänger Xavier Naidoo die Band.
- Das siebte Söhne-Album „Kompass“ wird am 15. September als CD und auf den Streaming-Plattformen veröffentlicht.
Da sind Lieder wie das eindringliche Stück „Moral“, das ein flammendes Zeichen an die erste Songstelle des 16 Titel umspannenden Albums setzt. Oder der glänzende Elektro-Pop-Ohrwurm „Mut“, der sich anfühlt, als würde man in einen dräuenden Wolkenhimmel aufschauen, durch den unvermittelt ein Lichtstrahl bricht. Oder die berührend zerbrechliche Abschlussballade „Vergessen“, die Porrello für seinen an Demenz erkrankten und früh verstorbenen Vater geschrieben hatte. „Es hat eine neue Emotionalität bekommen“, meint Thilo Zirr über „Kompass“. Nicht dass das früher nicht so gewesen wäre, „aber ich finde, es ist ein sehr menschliches Album, das sich um wirklich tiefe menschliche Emotionen dreht - um Verlust, Abschied, Hoffnung.“
„Kompass“ zeigt mithin die vielen Farben der Band durch Stücke wie das auf ein tänzelnd zirkelnde Gitarre gespannte Pop-Nummer „Keine Eile“ oder die in Dance-Gefilde vordringende Single „New Fire“. „Ich hab Liebe für dich“ beschwört dagegen klassische Soul-poppig eingängige Söhne-Tugenden. Und auch „Eine Million Lieder“ weist einen prägnanten Wiedererkennungswert auf. „Hauptgewinn“, die letzte Single-Auskopplung vor der Albumveröffentlichung, gewinnt durch den Beitrag der Salzburger Sängerin Clara Louise an warm klingender Strahlkraft.
Schmetterling verleiht Flügel
Das Cover des Albums zeigt einen Schmetterling, in dessen Flügelzeichnung sich der historische Quadrateplan der Stadt Mannheim wiederfindet. Dieses Logo stehe „schon sehr für das, wie wir uns gerade fühlen“, erläutert Karim Amun: Der Schmetterling symbolisiert dabei die Metamorphose und die Quadrate „natürlich unsere ewige Verbindung zur Stadt Mannheim“. Und die Söhne-Kompassnadel weist, das belegt das neue Album eindrücklich, in eine sehr, sehr vielversprechende Wegrichtung.
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