Interview

Sound Of The Forest: „Wir wollen keine pervertierte Fan-Abzocke“

Veranstalter Fritz Krings spricht über die 14. Auflage von Sound Of The Forest vom 31. Juli bis 3. August - und die Möglichkeit, ein Zwillingsfestival in Mannheim zu etablieren.

Von 
Jörg-Peter Klotz
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Fritz Krings links bei der Aufbauarbeit. © Maxim Abrossimow

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Festival Sound Of The Forest Festival findet 2025 vom 31. Juli bis 3. August am Marbachstausee statt.
  • Niedrige Preise und Vielfalt sind den Veranstaltern um Fritz Krings wichtig.
  • Das Festival setzt auf kommende Musikstars und familiäre Atmosphäre mitten in der Natur.

Langsam werden die Karten für Sound Of The Forest (SOTF) mit Blumengarten, Buntspecht, BLVTH oder Fil Bo Riva knapp. Im Interview erklärt Veranstalter Fritz Krings Motivation und Probleme seines Teams, dass das idyllische Festival am Marbachstausee vom 31, Juli bis 3. August zum 14. Mal veranstaltet.

Herr Krings, in nicht mal zwei Monaten geht es los mit der 14. Auflage des Festivals Sound Of The Forest in 16 Jahren. Gibt es noch genug Karten und Zeltplätze, oder müssen sich Fans schon langsam beeilen?

Fritz Krings: Die Frage löst bei mir schon Emotionen aus, denn 16 Jahre sind ein langer Zeitraum. Wer hätte das gedacht, als wir damals 2009 als Band K*Rings eigentlich nur mal ein Konzert mit befreundeten Artists veranstalten wollten. Im Kontrast dazu wirken zwei Monate vor dem Event relativ kurz. Um damit die wichtigste Frage direkt zu beantworten: Ja, es gibt noch Tickets, aber die Zeit drängt. Die Erfahrung der letzten Jahre hat uns gezeigt, dass die Nachfrage kurz vor dem Festival stark ansteigt. Wir rechnen auch in diesem Jahr damit, dass es zum Ende hin knapp wird. Wer also sicher dabei sein möchte, sollte sich sein Ticket und den Zeltplatz lieber früher als später sichern. Es wäre sehr schade, wenn treue Fans oder neue Besucher am Ende enttäuscht vor ausverkauften Toren stehen.

111 Euro kostet das Festival in der dritten Vorverkaufsphase – nur, muss man heutzutage sagen. Freitag oder Samstag kosten jeweils 69 Euro. Ist Ihnen ein niedrigschwelliger Preis besonders wichtig?

Krings: Niedrige Eintrittspreise sind uns wichtig. Wir möchten bei dieser „pervertierten Fan-Abzocke“ nicht mitspielen und möchten, dass so viele Menschen an Kultur teilhaben können wie nur irgend möglich. Solange das noch geht und wir irgendwie „auf null raus kommen“ machen wir es! Dafür kämpfen wir, auch wenn die Rahmenbedingungen extrem hart geworden sind. Wir bekommen keine finanzielle Unterstützung vom Odenwaldkreis. Lediglich 1500 Euro vom Kultursommer Südhessen. Wir sind ein gemeinnütziger Verein und daher ist Gewinnmaximierung nicht relevant. Es gab viele Jahre, wo wir auch draufgelegt haben. Wir möchten erhalten, was wir geschaffen haben und hoffen, dass wir genügend Gleichgesinnte finden, die uns dabei unterstützen. Wir hoffen, dass wir das Musikentdeckerfestival bleiben können ohne uns verbiegen zu müssen.

Zum Festival

  • Die 14. Auflage des Festivals Sound Of The Forest findet vom Donnerstag, 31. Juli, bis Sonntag, 3. August, am Marbachstausee bei Beerfelden in der Gemeinde Oberzent im Odenwald statt.
  • Bei der Anfahrt wird zu den Shuttle-Bussen geraten. Dafür gibt es zwei Parkplätze : auf dem Bienenmarktgelände (Adresse fürs Navi: Am Festplatz, Michelstadt) und an der Oberzenthalle (Adalbert-Stifter-Straße 8, Oberzent). Weitere Tipps zur Anfahrt, etwa für Camper unter sound-of-the-forest.de/info/anfahrt
  • Unter sound-of-the-forest.de/tickets gibt es noch Vier-Tages-Tickets zum Preis von 111 Euro . Tageskarten kosten für Freitag und Samstag jeweils 69 Euro. Der entspannte Ausklang am Sonntag schlägt mit 24 Euro zu Buche. Der Donnerstag dient der Anreise und bietet etwas programmatische Untermalung.
  • Hauptattraktionen sind 2025 Fil Bo Riva, Blumengarten und Buntspecht. Der Zeitplan ist noch nicht veröffentlicht. Er findet sich vor Festivalbeginn unter sound-of-the-forest.de/bands/timetable. jpk

Mit Blumengarten, Buntspecht, Fil Bo Riva oder Paula Engels gibt einige sehr attraktive Acts, die normalerweise Clubs wie Mannheims Alte Feuerwache füllen. Immer wieder gab es bei SOTF auch größere Headliner wie AnnenMayKantereit, Gentleman, Clueso, Giant Rooks, Irie Revoltes oder Bonaparte. Ist das dieses Mal aus Kostengründen nicht der Fall?

Krings: Jein, zum einen sind leider so manche Acts - und deren Booking Agenturen vor allem - der Gier verfallen, verlangen völlig überzogene Gagen und entscheiden sich deshalb für die großen, kommerziellen Festivals. Wir wollen und können bei diesen Mondgagen einfach nicht mitbieten. Zum anderen besinnen wir uns immer wieder auf unsere Wurzeln, wie wir entstanden sind und buchen Acts, die kurz vor dem Durchbruch stehen, um sie dann zwei, drei Jahre später auf unsere Hauptbühne einzuladen. Wenn sie dann mit „bekannterem“ Namen in den Wald zurückkehren, verlangen sie nie die maximal Gage. Sie waren dankbar, dass wir ihnen eine Plattform, ein Sprungbrett geboten haben. Die Giant Rooks, AnnenMayKantereit, Faber und auch Fil Bo Riva dieses Jahr sind solche Beispiele. Ein paar „vernünftige“ gibt es also noch und die spielen dann bei uns. Zartmann hatte letztes Jahr noch kaum einer auf dem Schirm. Wir haben die Headliner von morgen.

Wir kleinen Festivals bauen doch die Acts auf

Ist das Buchen des Programms generell schwieriger geworden? Wenn ja, warum?

Krings: Auch wenn ich selbst nicht mehr im Bookingteam aktiv bin, höre ich immer wieder, dass es wirklich hart geworden ist. Und es ist so kurzfristig gedacht. Wir kleinen Festivals bauen doch die Acts auf. Dieses Bewusstsein wird wahrscheinlich erst kommen, wenn die Auftrittsmöglichkeiten wegbrechen - so wie in Mannheim bei Timo Kumpfs Maifeld Derby. Aber die Lernkurve wird hart - da bin ich mir sicher.

Was sind die persönlichen Geheimtipps des Festivalteams aus der unbekannteren Riege im Programm 2025?

Krings: Auch wenn ich mich damit seit dem ersten Jahr wiederhole. Wir kreieren den Soundtrack zum Wochenende. Jede Band passt perfekt und gibt den Forest People etwas Besonderes. Daher: vorbeikommen, eintauchen genießen und sich selbst eine Meinung bilden. Ich selbst würde diese Bands nicht verpassen: Lara Hulo, Zimmer90, JBS, Maia, Marathonmann, Revolte Tanzbein und wie gesagt: Einfach ALLE anderen!

Impressionen des Auftritts der Gruppe Buntspecht in der Alten Feuerwache. © Michael Ruffler

Das Maifeld Derby in Mannheim gibt fürs Erste auf. Was macht SOTF resistenter?

Krings: Das ist wirklich sehr, sehr schade. Timo kennen wir lange – weil er im ersten Jahr auch bei uns mit im Team war. Wir waren selbst vor Ort beim Abschied. Das hat schon sehr wehgetan. Er hat da wirklich ein Unikat kreiert, etwas, das kein Mainstream Festival jemals reproduzieren könnte. Wir geben nicht auf, auch wenn es nicht einfacher wird. Wir sind der Gegenentwurf zu „höher, schneller, weiter“. Wir wollen langsamer, entspannter und musikalisch vielfältiger werden. Und last but not least wollen wir, dass alle Spaß haben können. Deshalb haben wir uns auf 5000 Gäste beschränkt und heißen alle willkommen. Ein weiterer Bonus ist natürlich die einzigartige Lage. Das macht das SOTF natürlich sehr besonders.

So lange das Derby aussetzt: Wäre es möglich, ein Schwesterfestival zu SOTF zeitgleich auf dem Maimarkt zu installieren? Sound Of The City nach dem Muster von Zwillings-Festivals wie Rock am Ring/Rock im Park oder Southside/Hurricane? Mit demselben Programm, nur tageweise verschoben...

Krings: Es ist sicher möglich. Als kommerziell denkender Unternehmer würde man es sicherlich in Betracht ziehen und die entstandene Marktlücke nutzen. Aber wir sind anders. Und allein die Tatsache, dass ein so etabliertes und geschätztes Festival wie das Maifeld Derby – nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen – endet, zeigt ja auch, wie fragil und herausfordernd das gesamte Umfeld geworden ist. Für uns liegt die Seele des Sound Of The Forest auch genau in seiner Einzigartigkeit – in der besonderen Atmosphäre am See, mitten in der Natur im ländlichen Raum. Diese Magie zu bewahren und weiterzuentwickeln, ist unser Herzensanliegen. Aktuell konzentrieren wir unsere ganze Kraft darauf, das Originalerlebnis für unsere Fans jedes Jahr noch ein bisschen besser zu machen. Aber der Austausch über neue Formate ist immer interessant.

Oder sehen Sie eine Möglichkeit, Timo Kumpf in einer künftigen Unterstützungsstruktur fürs Derby zu helfen? Sie kennen sich ja gut vom Studium an der Popakademie…

Krings: Timo und ich kennen uns gut aus der Zeit an der Popakademie, und ich schätze seine Arbeit und sein Engagement für die Region, im übrigen auch hier im Odenwald, sehr. Wenn wir unterstützen können, helfen wir - aber wir sind da eher in der passiven Rolle und wollen den Mannheimern und Heidelbergern nicht in die Parade fahren. Wir tauschen uns ohnehin oft aus. Vielleicht können wir das ja in nächster Zeit intensivieren. Gleichzeitig ist es uns wichtig, den kreativen Köpfen vor Ort nicht ungefragt Ratschläge zu erteilen. Sie haben die Expertise und die Vision für ihre Projekte. Wir sehen uns da eher, wenn gewünscht, als kollegiale Sparringspartner im Hintergrund.

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Wie geht es dem Circle Of Leaves-Festival (COL), das am Wochenende darauf läuft?

Krings: Wir haben uns zu Stärkung unseres Festivalstandortes dazu entscheiden an dem Wochenende danach das Circle of Leaves, ein elektronisches Musikfestival zu veranstalten. Das ist die Afterparty vom Sound....(schmunzelt) anders genug und trotzdem passend. Das findet tollen Anklang und als Geschwister-Festivals stützen wir uns gegenseitig und teilen die Infrastruktur. Das war zwar ein langer und beschwerlicher Weg, die Politik davon zu überzeugen, dass nur so das Sound of the Forest langfristig weiterbestehen kann, aber dieser Marathon liegt zum Glück hinter uns.

Es braucht sowieso mehr tolle kleine Festivals, um die kulturelle Vielfalt abzubilden

Mit Golden Leaves in Darmstadt habt Ihr aber nichts zu tun, oder?

Krings: Wir kennen die Macher, schätzen sie und tauschen uns aus. Als sie Probleme mit dem Standort oder mit drohender Waldbrandgefahr zu kämpfen hatten, haben wir versucht zu unterstützen und mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Das gehört sich so unter den Small Festivals. Eine super Bereicherung für die Region. Es braucht sowieso mehr tolle kleine Festivals, um die kulturelle Vielfalt abzubilden. Letztes Jahr haben wir sogar ein gemeinsames „Golden Hirsch Ticket“ angeboten. Wir tauschen uns auch bei den Bands aus, weil wir meist denselben Riecher haben und dann nicht genau dasselbe Programm anbieten wollen. Zumal auch ein großer Teil der SOTF und COL Tickets vom Odenwald nach Darmstadt verschickt werden.

Ihre eigene Band K*Rings hat zuletzt 2015 gespielt. Ist das für immer vorbei?

Krings: Vorbei ist es, wenn‘s wirklich vorbei ist und das ist erst so weit, wenn wir ins Gras beißen - Brüder für die Ewigkeit. Daher sehen wir das als kleine Verschnaufpause – oder besser: als Reifungsprozess...(grinst). Der ist aber jetzt eigentlich auch schon wieder vorbei. Dieses Jahr wird mein Bruder als Lian Krings auftreten und da lasse ich es mir natürlich nicht nehmen, beim Festival-Song „Sound of the Forest“ mit auf der Bühne zu sein, um das Publikum einmal aufzumischen. Das macht Spaß und ich freue mich sehr auf diesen Moment. Letztendlich ist es das, worum es immer ging: Die Musik war die Wurzel von allem – lange vor dem Festival – und sie wird es auch immer bleiben.

Ressortleitung Stv. Kulturchef

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