Festival des deutschen Films

Was das Publikum beim Filmfestival in Ludwigshafen erwartet

Filme, Gäste, Preise: Wie immer wird es beim Filmfestival auf der Parkinsel Ludwigshafen an Prominenz nicht fehlen - auch nicht an anspruchsvollen Werken.

Von 
Hans-Günter Fischer
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Besucher schauen sich im Freiluftkino des Festivals des deutschen Films auf der Parkinsel in Ludwigshafen 2022 einen Film an. © Joachim Ackermann/dpa

Ludwigshafen. Zu den Höhepunkten wird gehören, wenn der weltberühmte „Heimat“-Filmer Edgar Reitz mit einem Ehrenpreis gefeiert wird. Der mittlerweile 92-Jährige, ein alter Freund des Festivals des deutschen Films, hat seinem umfangreichen Lebenswerk vor kurzem noch etwas hinzugefügt: „Leibniz – Chronik eines verschollenen Bildes“, prominent besetzt (etwa mit Edgar Selge und Lars Eidinger), hat seine Uraufführung bei den diesjährigen Filmfestspielen in Berlin erlebt. Und wird jetzt auch in Ludwigshafen präsentiert, kurz vor dem bundesweiten Kinostart.

An Prominenz fehlt es ja selten auf der Parkinsel am Rhein, wo nach besagter Berlinale das zweitgrößte Festival im ganzen Land stattfindet. Doch mit Edgar Reitz schaut auch ein echtes Stück der Filmgeschichte kurz vorbei. Das Festival in Ludwigshafen ist inzwischen eine etablierte Marke. „Wie Bayreuth und Wagner“ oder Kassel und die Documenta, freut sich Festivalchef Michael Kötz bei der Programmvorstellung für die aktuelle Ausgabe (es ist bereits die 21.). Und das trotz einer ungewöhnlich kleinen Subventionsrate, drei Viertel des Budgets von etwa drei Millionen Euro werden selbst erwirtschaftet. Über die Eintrittskarten, bei in diesem Jahr nur leicht erhöhten Preisen.

Festivalchef vergleich Parkinsel in Ludwigshafen mit „Traumschiff“

Wie gelingt das? Kötz vermutet, dass drei Viertel der Besucherinnen und Besucher auf der Parkinsel sonst nie ins Kino gehen. Herdentrieb und Amüsierbedürfnis spielen demnach eine große Rolle, das gewisse „Get Together“, und die Insel, so etwas wie Ludwigshafens Schokoladenseite, sei ja auch schon fast ein Filmset, findet Kötz. Eine Art „Traumschiff“. Aber möglichst keines aus dem ZDF.

Die auf dem Festival gezeigten Streifen sollten „unterhaltsam sein, aber nicht doof“. In der Programmbroschüre gibt es eine Handreichung fürs Publikum, die ausgewählten Filme werden einsortiert in vier Rubriken, und die reichen von den dann doch eher störungsfreien, „leichten“ Unterhaltungsfilmen über anspruchsvollere Exempel dieser Gattung bis zu stilbewussten „Meisterwerken“.

Letztere Rubrik ist gar die größte: 27 „Meisterwerke“ soll es geben, nur in diesem einen Jahrgang. Ist das nicht ein bisschen optimistisch?, fragen wir. Nein, nein, gibt Kötz zurück. Zumindest dann nicht, wenn man auch das Fernsehen dazu nehme, und das wird ja in Ludwigshafen von Beginn an so gehandhabt. Dass die Fernsehfilme häufig sogar besser als die Kinofilme seien, habe übrigens auch kein Geringerer als Regisseur Dominik Graf gesagt. Was immer das über das deutsche Kino heutzutage offenbart.

Fakten zum Festival des deutschen Films in Ludwigshafen

Das Festival des deutschen Films in Ludwigshafen wird wieder in einer temporären Zeltlandschaft veranstaltet, gelegen auf der Parkinsel am Rhein (ein Shuttle-Service dorthin wird geboten). Und es wird auch wieder 19 Tage dauern, die Eröffnung ist am 20. August.

Die Karten für den Einzelpreis von 13,80 Euro können ab dem 28. Juli geordert werden. Sämtliche Programmdetails sind unter www.fflu.de verfügbar. HGF

In Ludwigshafen wird es wieder 14 Produktionen geben, die den Filmkunstpreis des Festivals erringen wollen. 38 weitere können den Preis des Publikums erhalten – der bekanntlich „Rheingold“ heißt. Dazu kommen zwölf Gastbeiträge und diverse Sondervorführungen, zwei davon „aus der Region“: mit „André Butzer, seine Kunst und seine Zeit“ von Rudij Bergmann und „Als ob die Welt tanzt“.

Festival des deutschen Films in Ludwigshafen: Schauspieler als Zugpferde, „Magnete für die Insel“

Im Ganzen folgt das Festival dem Motto: (Noch) „mehr Filme, Gäste, Preise“. Es soll nicht an Promis fehlen, bislang haben unter anderen schon Anne Ratte-Polle, Ulrich Tukur und Rolf Lassgard zugesagt (früher als Fernsehkommissar beschäftigt). Schauspieler sind Zugpferde, sollen „Magnete für die Insel sein“, so wünschen es die Macher. Auch der Preis für Schauspielkunst dient diesem Zweck, er geht an Rainer Bock und Uwe Ochsenknecht.

Die beiden haben auch Beziehungen zur hiesigen Region, doch ihr Format ist international, was insbesondere für Bock gilt. Festivalchef Kötz gerät geradezu ins Schwärmen: „Sogar, wenn er in bescheuerten Komödien spielt, ist er nicht schlecht.“ Bock kann einfach nicht anders. Und der Film, der bei der Preisverleihung läuft (am 2. September), ist keine bescheuerte Komödie: „Karla“ rollt das Thema Kindesmissbrauch auf, und Bock spielt einen Richter mit gewissen Kanten. Und auch mit einem Gewissen.

Ehrung für Uwe Ochsenknecht beim Filmfestival in Ludwigshafen

Uwe Ochsenknecht dagegen ist recht oft im Lustspielfach beschäftigt. In „Die Ironie des Lebens“, auf dem Festival gezeigt, gibt er jedoch so tiefgründig wie nie einen gescheiterten Comedian. Über diese Leistung habe er gestaunt, sagt Kötz. Auch deswegen bekommt der Schauspieler jetzt seinen Preis, am 29. August.

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Einen Regiepreis gibt es auch, er wird am 26. August Kai Wessel ausgehändigt. Einem hochseriösen Handwerker und Könner, der das Unterschwellige und Unspektakuläre schätzt: „Ihn kümmert nicht, was angesagt und hip ist“, heißt es auf der Pressekonferenz.

Das lässt natürlich noch einmal an Edgar Reitz denken: „Bevor ich seinen Leibniz-Film gesehen habe, war ich skeptisch“, hören wir von Kötz. Ein alter Philosoph wird bei einer Porträtsitzung gezeigt. Doch Reitz sei noch einmal ein Werk von filmgeschichtlicher Statur gelungen. Eine Reflexion über die Wahrheit eines Bildes. Oder aller Bilder.

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