Gallagher-Interview

Weshalb Liam Gallagher Jürgen Klopp am A… vorbei geht

Mit John Squire, als Gitarrist der Stone Roses in den 1980ern wegweisend für britische Rockmusik, hat Liam Gallagher von Oasis wieder einen exquisiten Gitarristen und Songschreiber an der Seite - ein Gespräch in Paris

Von 
Steffen Rüth
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Finden sich auch selbst kongenial: die britischen Musiker Liam Gallagher (l.) und John Squire. © Tom Oldham / Warner / dpa

Mr. Squire, Sie sind Anhänger von Manchester United, Mr. Gallagher, Sie sind eingefleischter Manchester-City-Fan. Steht diese traditionelle Erzrivalität Ihrer Zusammenarbeit so gar nicht im Wege?

Liam Gallagher: Nö, kein Stück, das sehen wir nicht so eng. Bei John ist es auch nicht so extrem wie bei mir mit der Fußballliebe. Außerdem erlebst du diese Konstellation in Manchester ständig. Ich könnte mit der Hälfte meiner Kumpels nicht mehr befreundet sein, wenn ich das durchziehen würde. Ich finde sogar, dass es cool ist für eine Stadt, zwei so erfolgreiche Fußballclubs zu haben, wo gibt es das denn sonst schon? Wir sind da wirklich gesegnet. Die einzige Grenze, die ich ziehe, lautet: Niemals gemeinsam mit United-Fans das Derby gucken.

Liam Gallagher und Johna Squire

  • Liam Gallagher: 1972 in Burnage bei Manchester geboren wurde Gallagher in den 1990er-Jahren als Leadsänger der britischen Rockband Oasis bekannt.
  • John Squire: 1962 in Broadheath geboren, war Squire von 1984 bis 1996 war Gitarrist der Band The Stone Roses.
  • Das Album: Liam Gallagher und John SquireWarner Music (Warner).
  • Das Berlin-Konzert: 4. April, Columbia-Halle. 

Bewegt es die Fußballwelt in Manchester und bewegt es Sie, dass Jürgen Klopp aus Trainer des FC Liverpool am Ende der Saison zurücktreten wird?

Gallagher: Das geht mir am Arsch vorbei. Tschüss, Klopp. Liverpool hat die verdammte Premier League genau einmal in den letzten 30 Jahren gewonnen, also macht mal halblang.

Mr. Squire, Sie haben 2022 bei Liams Gallaghers Solo-Open-Air-Konzerten in Knebworth Gitarre gespielt. Stand zu der Zeit bereits fest, dass Sie zusammen Musik aufnehmen würden?

Squire: Nein, aber er hat einfach nicht lockergelassen. Ich war in den Jahren davor in so einer Art Semiruhestand gewesen, die Stone Roses hatten sich 2017 zurückgezogen, und ich musste zunächst mal in mich hineinhorchen, ob ich es überhaupt noch wollte, Rock ’n’ Roll-Songs zu schreiben, Teil einer Band zu sein.

Gallagher: Es gelang ihm dann sehr schnell festzustellen, dass er es noch draufhatte. John hat mir einen Song nach dem anderen geschickt, zack, zack, zack, und alle waren sie top. Ich wusste, dass John ein cooler Typ ist, alle in den Stone Roses sind cool. Trotzdem hätte ich nicht gedacht, dass seine neuen Songs so umwerfend geil sein würden.

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Mr. Gallagher, seit wann sind Sie Fan der Stone Roses?

Gallagher: Seit ich ein Teenager war, Ende der 80er. Ich sah die Stone Roses live in Manchester und wusste, dass ich mein Leben ändern musste. Zu der Zeit buddelte ich als Bauarbeiter Löcher in Straßen, das wollte ich auf keinen Fall für die nächsten 50 Jahre machen. John und die ganze Band, die waren so souverän, so selbstsicher, das hat mir imponiert. Sie sahen klasse aus, trugen ihre ganz normalen Klamotten, waren keine bescheuerten Goth-Typen wie The Cure oder The Smiths, sondern Jungs wie ich. Nur halt mit viel mehr Selbstvertrauen. Das hat mir Mut gemacht. Einige Jahre später wurde ich dann selbst Teil einer kleinen Band.

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Mr. Squire, waren Sie Oasis-Fan?

Squire: Natürlich, wer war denn nicht Fan von Oasis? Liams Stimme hat mich immer total fasziniert, und dann dieses Charisma.

Gallagher (fast schüchtern): Oh, danke, John.

Squire: Im Ernst, wenn es einen Menschen gibt, der zum Frontmann geboren wurde, dann er. Als wir die ersten Stücke aufnahmen, wussten wir selbst noch nicht, wie es wird. Wir haben viel gelabert, nichts erzwungen, insgesamt sind wir locker an die Geschichte rangegangen. Dass es dann etwas so Fantastisches gelingen würde, merkte ich, als ich Liams Stimme auf den Demoversionen hörte.

Mr. Gallagher, Ihr Gesang klingt auf der Platte wirklich sehr beseelt.

Gallagher: Wenn du älter wirst, willst du den Leuten beweisen, dass du es noch draufhast. Speziell das Singen. Ich wollte überzeugend sein auf diesem Album, und ein bisschen wollte ich auch John beeindrucken. Schließlich ist mir neben meiner Frau, meinen Kindern, meiner Mutter und den Hunden nichts so wichtig wie die Musik. Wenn ich singe, bin ich glücklich. Und ich kann zugleich Dampf ablassen und zur Ruhe kommen.

Wie gehen Sie das Älterwerden an?

Gallagher: Ich weiß jeden einzelnen Tag heute mehr zu schätzen. Wenn du jung bist, bist du sorglos, gibst immer Vollgas, bist rücksichtslos gegenüber deiner Gesundheit. Das ist heute nicht mehr so. Ich hatte jetzt schon seit mehr als 24 Stunden keinen Drink mehr. Natürlich habe ich meine Tage, wo mir alles scheißegal ist, aber häufig esse ich gesunde Sachen. Und ich fahre viel Fahrrad.

Sie hatten vergangenes Jahr eine Hüftoperation. Alles gut verlaufen?

Gallagher: Ja, ich habe die alten raus- und neue reinmachen lassen. Jetzt geht es mir wieder gut. Ich kann nicht mehr rennen, aber Radfahren macht sowieso mehr Spaß. Außerdem gehe ich jeden Tag mit den Hunden raus.

War es eigentlich Ihre Absicht, ein so lebensbejahendes und fröhliches Album aufzunehmen?

Squire: Nicht von Anfang an. Ich merkte bloß schnell, dass ich einfach zu glücklich bin über unsere Zusammenarbeit, um düstere Songs zu schreiben. Ich habe dann schon bewusst versucht, starke Melodien und so einen Grundoptimismus in die Musik hineinzupacken.

Ein wirklich besonders hübsches Lied ist „Mother Nature’s Song“.

Gallagher: Den liebe ich auch mit am meisten. Der Song ist perfekt. Ein wunderschönes kleines Gemälde aus Musik, das mich ganz sentimental macht. Eine Brise, ein Vogelzwitschern. Ein „Ich umarme einen Baum oder räume wenigstens die Hundescheiße weg“-Song. Mich erinnert der irgendwie an meine Mutter.

Mr. Gallagher, Sie haben zuletzt Soloplatten veröffentlicht. Ist es schöner, Teil einer Gruppe zu sein?

Gallagher: Ja, sicher. Ich wollte nie ein Solokünstler sein. Das ist mir entgegengeschleudert worden, und ich konnte nicht ausweichen. Wäre es nach mir gegangen, wäre das nie passiert. Meine Solosachen sind gut, aber jetzt John an der Gitarre neben mir zu haben, fühlt sich grandios und total natürlich an. Auch wenn wir streng genommen keine Band sind, kommt es mir so vor.

Sie gehen mit John Squire im März auf Tournee, im Sommer spielen Sie in Großbritannien einige Shows zum 30-jährigen Jubiläum des Oasis-Debütalbums „Definitely Maybe“. Freuen Sie sich auch darauf?

Gallagher: Noch nicht, aber so ab zwei Wochen vorher ganz bestimmt. Diese Konzerte mache ich aus zwei Gründen: Als Huldigung, denn ich bin stolz auf „Definitely Maybe“. Aber auch aus Protest. Wir müssen das feiern, was wir mit Oasis erschaffen haben, und wenn der andere das nicht tut, weil er den Knopf für seine Zündung nicht findet, dann tue ich es.

Der andere, das ist Ihr Bruder Noel. Ihr seid tief zerstritten. Oasis ist seit einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen Ihnen 2009 Geschichte, auch wenn die Gerüchte um eine Wiedervereinigung nie verstummt sind. Können Sie uns irgendetwas Neues berichten?

Gallagher: Nein, es gibt nichts Neues. Ich habe in Sachen Oasis nichts zu erzählen. Nur, dass er immer noch nicht so cool ist wie ich.

Machen Sie beiden denn weiter und wird es noch mehr Alben von John Squire und Liam Gallagher geben?

Gallagher: Wir wären kriminell, wenn wir das nicht täten. Wir sind einfach zu gut.

Freier Autor

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