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140 Spitzenweine aus Pfalz und Rheinhessen: Was können die Großen Gewächse 2024?

Bevor sie am 1. September offiziell auf den Markt kommen, müssen sich Riesling, Weißburgunder und Spätburgunder aus den besten Lagen der Prädikatswinzer vor Experten beweisen.

Von 
Stephan Alfter
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Sechs Weine, sechs unterschiedliche Interpretationen der Weinlage „Forster Pechstein“. Eine Situation bei der Weinprobe des VDP Pfalz in dieser Woche. © Stephan Alfter

Bad Dürkheim. Die kleinen Tische stehen in akkuratem Abstand zueinander. An ihnen sitzen geschulte Geister mit konzentriertem Blick, der sich immerzu auf eine Mappe richtet. Erst wird gelesen. Dann sucht die Hand nach dem einzigen Stift auf der Schreibfläche. Nur das Blättern der Seiten durchbricht die Stille, während die freie Hand nach dem ersten Weinglas greift. Die Reifeprüfung hat begonnen.

Wer sich vorstellen möchte, was an diesem Morgen im Bad Dürkheimer Prachtweingut Fitz-Ritter vor sich geht, führt sich am besten die Erinnerungen an das eigene Biologie-Abitur vor Augen. Nur, dass die Großen Gewächse (GG, französisch Grand Cru), um die es hier geht, heute in flüssiger Form vorliegen. Der Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) hat zu diesem Termin eingeladen. Gekommen sind reihenweise Gastronomen, Händler, Sommeliers, Sensoriker und andere Kenner, die an diesem Tag nichts anderes tun werden, als sich sechs Stunden lang die neuesten Erzeugnisse aus Rheinhessen und der Pfalz an den erfahrenen Gaumen zu schütten.

Wer die Verkostungsaufgabe an diesem Montag seriös zu Ende bringen möchte, dem wird empfohlen, sich zurückzuhalten. Und selbst wenn der Reiz groß ist, so tut man doch gut daran, die Schlücke im gleichen Umfang, wie sie aufgenommen wurden, in den ebenfalls auf den Tischen platzierten Spucknapf zu entlassen.

Ähnlich wie im Immobiliengeschäft: Beim Wein geht es um Lage, Lage und Lage

Lage, Lage, Lage – was für die Immobilie gilt, das gilt nicht minder im Weinkosmos. Jedes Jahr trifft sich Ende August die Spitze der regionalen Weinwelt in der Pfalz, um zu verkosten, zu vergleichen, zu bewerten. Es geht um Weine von Erzeugern, die sich durch lange anhaltende Qualität den Traubenadler auf dem Etikett am Flaschenhals verdient haben. GG, so drückt es der Verband selbst aus, sei ein Garant – für trockene Spitzenweine aus den besten Weinlagen Deutschlands.

Weilberg, Herrenberg, Pechstein, Jesuitengarten, Ungeheuer - allesamt Top-Weinlagen an der Mittelhaardt. © Stephan Alfter

Womit wir schon in Forst wären – diesem kleinen Weinörtchen zwischen Deidesheim und Wachenheim in der Pfalz. Renommierte Weingüter wie Bassermann-Jordan, Bürklin-Wolf, Karl Schaefer, Georg Mosbacher oder Reichsrat von Buhl bewirtschaften hier die Weinlage Pechstein, die für eine außergewöhnliche Qualität in Sachen Riesling weltweit bekannt ist. Die Böden bestehen überwiegend aus sandigem Lehm und sind mit Sandsteingeröll, Ton und Basalt durchsetzt. Die Reben müssen hier tief wurzeln, um Wasser aufzunehmen. So erhalten die Weine eine sehr mineralische Struktur. Dieser spezielle Boden, das Terroir, ist für Experten sogar schmeckbar.

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Von
Nikolaus Meyer
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Ein Kenner ist Philipp Rumpf (55), arrivierter Gastgeber in der SuX-Restobar in Speyer. „Ich komme seit vielen Jahren zu dieser Veranstaltung“, sagt er. Er wolle wissen, durch was sich der neue Jahrgang jeweils auszeichne und er wolle Trends erkennen. Für ihn steckt zuvorderst die Frage dahinter, welche Stilistik und Qualität er den Gästen in seiner Restobar zu Pulpo, Forellenmousse auf Roter Beete oder zur Donnersberger Krokantblutwurst empfehlen kann.

Große Gewächse? 0,16 Prozent der gesamten deutschen Weinproduktion

Um sich der Seltenheit dieser Qualität bewusst zu werden, bemüht man bei den Prädikatsweinwinzern gerne die Statistik. Aus 100.000 Hektar Rebfläche in Deutschland bewirtschaften die Prädikatsweingüter rund 5.600 Hektar. Die Großen Gewächse, um die es bei der Prüfung geht, machen nur etwa 0,16 Prozent der gesamten deutschen Weinproduktion aus. Aber genau diese Tropfen finden sich auf den besten Weinkarten der Welt in den besten Restaurants des Planeten. Es sind international anerkannte Spitzenprodukte. Auch im Jahr 2024? Genau um die Klärung dieser Frage geht es an diesem Morgen.

Was ist der VDP?

Der Verband Deutscher Prädikatsweingüter ist eine Vereinigung von rund 200 Weingütern in Deutschland, die sich für verbindliche Qualitätsstandards und auch für die ökologische Bewirtschaftung der Weingüter seiner Mitglieder einsetzt.

Ein VDP-Weingut trägt den Adler am Flaschenhals.

Der Verband wurde 1910 gegründet und hat seinen Sitz in Mainz .

Seit 2007 ist Steffen Christmann Präsident des VDP. Er betreibt das gleichnamige Weingut in Gimmeldingen. sal

Aber: Es ist kein einfacher Jahrgang. Stellenweise gab es im Mai 2024 Spätfröste. Durch feuchtwarmes Wetter im Spätsommer seien nicht alle Beeren gleichmäßig gesund gereift, weiß Janina Huber, frühere Deutsche Weinkönigin und seit Mai 2025 Geschäftsführerin beim Verband der Prädikatsweingüter in der Pfalz. Genannte Faktoren hätten dazu beigetragen, dass einige Großen Gewächse dieses Jahrgangs besonders selten sein werden. Trotzdem sehen offenbar viele Expertinnen und Experten im Jahrgang 2024 ein eindrucksvolles Ergebnis dieser Sorgfalt. Eleganz, Frische und Charakter unterstellen ihm nicht nur die Testtrinker in Bad Dürkheim.

Was den Unterschied beim Wein macht: Die Zeit der Reife

Was die Großen Gewächse nochmal deutlich von der breiten Masse unterscheidet, ist der Faktor Zeit. Weißweine ruhen dafür mindestens ein Jahr im Keller, teilweise sogar länger, bevor sie gefüllt werden. Rotweine erhalten sogar zwei Jahre Reifezeit. Was diese Weine zudem können: Sie reifen, teilweise sogar über Jahrzehnte, in der Flasche weiter – zumindest die, die die Reifeprüfung bestanden haben. Ab Montag, 1. September, sind sie im Handel.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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