Sie wollen sich abheben vom Industriebier, bieten die verrücktesten Sorten und berufen sich gleichzeitig auf alte Traditionen und regionale Wurzeln – Craftbier-Brauer haben in den vergangenen Jahren die Branche durcheinandergewirbelt. „Sie zeigen, dass Bier auch anders schmecken kann und bringen mehr Vielfalt“, sagt Annika Klee. Die ausgebildete Bier-Sommelière aus Heidelberg hält viel von dem aus den USA nach Europa herübergeschwappten Trend – weil die aromaintensiven Kreationen das Bewusstsein der Kunden für Qualität schärfen.
Bierkennerin Klee beschreibt Craftbiere als „handwerklich gemacht und jenseits des Massengeschmacks“. Viele Craftbier-Brauer seien Quereinsteiger, die als Bierenthusiasten zu Hause die ersten Sorten entwickelt hätten und meist nur kleine Mengen herstellten. Die jungen Wilden bescheren der Brauwirtschaft eine Gründerwelle: So hat die Zahl der Brauereien in Deutschland die Marke von 1500 überschritten, meldet der Deutsche Brauer-Bund.
Stark gehopft, viel Alkohol
Aber auch alteingessene Brauereien, wie Eichbaum in Mannheim oder Welde in Plankstadt, setzen auf den kreativen Trend. „Wir haben mit den Craftbieren die Nische in der Nische gefunden, weil wir uns auf alte Rezepte zurückbesinnen“, heißt es etwa bei Welde. Die Plankstädter haben zum Beispiel das Badisch Gose entwickelt, ein Bier mit hohem Salzgehalt, wie es vor 200 Jahren gebraut worden sei. Eichbaum hat drei Craftbiere im Sortiment und plant ein weiteres mit weniger Alkohol. Interessant seien die Spezialitäten für Eichbaum auch, weil sie als „Türöffner“ für neue Kunden fungieren, sagt eine Specherin,
Zum Einstieg empfiehlt Sommelière Klee ein India Pale Ale (IPA). „Das ist hell, stark gehopft und hat mehr Alkohol.“ Ursprünglich, erklärt sie, wurde IPA gebraut, um es als länger haltbares Bier zu den indischen Kronkolonien zu verschiffen. Eigentlich hätte es dort wieder verdünnt werden sollen, das habe aber niemand gemacht – so blieb es beim höheren Alkoholgehalt. Typisch für Craftbiere seien auch dunkle Sorten wie Brown Ale oder Stout.
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