Sein Film „Titanic“ räumte elf Oscars ab und spielte weltweit 2,2 Milliarden Dollar ein. Lange war diese Marke das Maß aller Dinge - mit „Avatar - Aufbruch nach Pandora“ überbot sich James Cameron dann selbst: 2,92 Milliarden Dollar. Nun steht mit „Avatar: The Way of Water“ die mehrfach verschobene Fortsetzung des Hits von 2009 an. Die riesige Fangemeinde erwartet nicht weniger als das ultimative Metaabenteuer. Das ob der notwendigen Brillen - und der oft bemängelten, nun weitgehend behobenen Farbschwäche - wenig geliebte 3D kommt neuerlich zum Einsatz - jedoch stark perfektioniert, was einen Vorstoß in neue Leinwanddimensionen, sprich -tiefen ermöglicht.
Das Ergebnis, dies gleich vorneweg, rechtfertigt zumindest aus handwerklicher Sicht allen Hype. Geboten bekommt man ein echtes Seherlebnis, einen visuellen Overkill. Aber ob dies genügen wird, noch einmal Rekordzuschauerzahlen und entsprechende Einnahmen zu generieren, wird sich noch zeigen. Der Filmemacher selbst hat eingeräumt, dass sein Werk die viert- oder fünfterfolgreichste Produktion der Kinohistorie werden muss, um Profit zu machen. Das Branchenblatt „The Hollywood Reporter“ schätzt die Herstellungskosten auf 350 bis 400 Millionen Dollar. Entscheidend wird also sein, wie gut die Story ankommt. Überzeugt das Drehbuch von Cameron, Rick Jaffa und Amanda Silver, überzeugt auch der Film. Alle Technik, alles Spektakel ist Beiwerk, glaubwürdige, beliebte Schauspieler sind Voraussetzung.
James Cameron
Der dreifache Oscar-Preisträger James Cameron, der in Hollywood seit „Titanic“ (1997) als unsinkbar gilt, hat sich dem Wasser und der Fantasy-Action verschrieben.
Seine Karriere startete er als Second-Unit-Regisseur und Produktionsdesigner, mit dem Horrorfilm „Fliegende Killer - Piranhas II“ (1981) gab er sein Regiedebüt. 1990 gründete er die Produktionsfirma Lightstorm Entertainment.
1989 begab sich der engagierte Umweltaktivist mit „Abyss“ erstmals unter Wasser und stieß dort auf außerirdische Intelligenz, nachdem er drei Jahre zuvor im zweiten Teil der „Alien“-Tetralogie für Krawall im All gesorgt hatte.
Cameron eilt ein Ruf als diktatorischer Regisseur voraus. Da seine Filme aber (fast) alle kommerzielle Erfolge wurden, sieht man ihm das gerne nach. geh
So verwundert es wenig, dass man sich von der ersten Filmminute an - 191 (!) folgen - in einem einzigen langen Déjà-vu wähnt. Auf Nummer sicher ist man gegangen, hat auf große Veränderungen verzichtet und auf bekanntes Personal gesetzt. Schwebende, majestätische Gebirgslandschaften gibt es zu bestaunen, skurriles Getier und die friedlichen Bewohner von Pandora, die blauhäutigen Na’vi. Im Zentrum steht die Familie Sully. Vater Jake (Sam Worthington), der sporadisch als Erzähler zu Wort kommt, Mutter Neytiri (Zoe Saldaña) und deren (Teenager-)Kids nebst Ziehsohn Spider (Jack Champion). Mit der Idylle ist es allerdings vorbei, als Raumschiffe landen, um neuen Lebensraum für die fast unbewohnbar gewordene Erde zu erschließen.
So kommt es gleich einmal zu einem wüsten Gefecht. Ein hypermoderner Eisenbahntransportzug wird in klassischer Western-Manier von Na’vi-Rebellen überfallen, eine Brücke gesprengt. Angriffsziel sind die Hightech-Waffen der Invasoren. Das führt zu einem Vergeltungsschlag. General Ardmore (Edie Falco), angetan mit Ektoskelett, beauftragt den Elite-Soldaten Quaritch (Stephen Lang) und sein Team, die Sullys zu fangen. Fortan sind diese auf der Flucht, geben ihr Zuhause auf, suchen bei einem anderen indigenen Stamm, der versteckt am Meer lebt, Unterschlupf. Gertenschlanke, „edle Wilde“ sind auch sie, exzellente Jäger und Kämpfer, durch ihre grüne Hautfarbe von den Na’vi zu unterscheiden.
Aufruf zur friedlichen Koexistenz
Wie ein „Best of...“ der Filmgeschichte setzt sich die Handlung in Baukastenmanier zusammen. Der Ressourcendiebstahl - diesmal geht es zudem um das Gehirnsekret eines hoch intelligenten Meeresbewohners mit vier Augen, das Menschen unsterblich machen soll - erinnert an „Outlander“. Die Nahkampfeinlagen Neytiris an die von Sarah Connor in „Terminator“, die gewalttätigen Exzesse Quaritchs an die von Colonel Kilgore in „Apocalypse Now“ und die Hatz nach dem sensationell animierten Monstersäuger an die von John Hustons „Moby Dick“ - ein durchgeknallter Neo-Ahab an der Raketen-Harpune inklusive.
Nicht zu vergessen: die „Der mit dem Wolf tanzt“-Momente vom Fremden im fremden Land, der erst zu sich selbst findet, nachdem er sich in der fremden Welt einfindet. Was einen zwangsläufig zu Terrence Malick und dessen Entdecker- und Indianer-Epos „The New World“ führt. Nur konsequent. Denn der Planet Pandora ist Utopia. Keine dunkel-düstere, postapokalyptische Erde, sondern ein lichtdurchflutetes Paradies voller mystischer Geschöpfe, die sich der Esoterik verschrieben haben. Ihre Welt ist optisch eindeutig von Camerons zahlreichen Unterwasserausflügen geprägt, die Öko-Botschaft unmissverständlich und der Aufruf zur friedlich Koexistenz unüberhörbar.
Was nicht heißt, dass es nicht mächtig kracht. Der Regisseur weiß, was er Sternenkrieger- und Computerspiel-Fans schuldet. Die Spezialeffekte sind grandios, allein das blei- und sprengstoffhaltige Finale dauert rund eine Stunde. Die Maschinengewehrschützen hängen in offenen Hubschraubertüren, die Na’vi setzen sich auf den Rücken von blitzschnellen Flugsauriern mit Pfeil und Bogen zur Wehr, die Insulaner gleiten auf Delfin-Krokodil-Aal-Hybriden über azurblaue Wellen. Zusätzliche Starpower hat man sich mit Kate Winslet und Cliff Curtis gesichert, die Liebe spielt eine gewichtige Rolle und das Happy End ist garantiert. Eigentlich sollte das Erfolgsrezept nochmals aufgehen. Oder?
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/leben/gesehen-und-gehoert/kino_artikel,-kino-avatar-fortsetzung-esoterisch-und-actionreich-_arid,2029641.html