Literatur regional

Im Dienst der Erkenntnis des Selbst?

Walter Laufenberg schreibt über den Miniaturporträtmaler Christoph Adam Carl von Imhoff, Der in Mannheim lebende Autor und Blogger spürte schon mehrfach den Lebensgeschichten bekannter Persönlichkeiten nach

Von 
Elke Barker
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Walter Laufenberg hat eine neue Romanbiografie geschrieben. © T. Tröster

Miniaturporträts als Vorläufer der heutigen Selfies? Porträts von Menschen, gemalt mit Lupe und Einhaarpinsel, und bestimmt für Medaillons, Amulette, Ringe und Tabakdosen als Begründer der heutigen Mode, sich selbst ständig und überall zu fotografieren und in den sozialen Medien darzustellen? Ein spannender Gedanke, der vermutlich auch Walter Laufenberg nicht fremd war, als er den deutschen Miniaturporträtisten Freiherr Christoph Adam Carl von Imhoff in den Mittelpunkt seiner Romanbiografie „Narziss und das Glück im Bild” stellte.

Der in Mannheim lebende Autor und Blogger spürte schon mehrfach den Lebensgeschichten bekannter Persönlichkeiten nach, hat sich mit dem niederländischen Maler Pieter Bruegel, Papst Johannes XXIII und erst in jüngster Zeit mit Goethe und Tschechow beschäftigt. Nun also Christoph Adam Carl von Imhoff.

Imhoff wird 1734 als dritter Sohn in eine Nürnberger Patrizierfamilie geboren. Aus der Provinz nach Stuttgart in die Leibgarde des Herzogs beordert, wandert er bald in die Londoner Malerszene ab und schließlich ins britische Kolonialreich Indien, gilt es doch als ein Leichtes, den „Indern Geld abzupressen und sie auszunehmen.” Im Alter erst kehrt der Abenteurer und Hallodri zurück in die Heimat, um das sich im Familienbesitz befindliche Schloss Mörlach zur Prachtresidenz umzubauen.

Laufenberg beschreibt das bunte, zuweilen wilde Leben des Malers, der den Frauen zugetan ist und stets auf der Suche nach dem großen Geld, kenntnisreich, mit spitzer Feder und nicht ohne ironische Untertöne. Basis für seine 352 Seiten starke Romanbiografie waren Imhoffs Briefe und Tagebücher sowie der 2001 von Gerhard Koch herausgegebene Reisebericht „Imhoff Indienfahrer”.

Ein Diener der Narzissten

Reich an Anekdoten und von großen Unterhaltungswert sind vor allem die Reisebeschreibungen, insbesondere die sechsmonatige Reise nach Indien. Wie vertreibt man sich die Zeit auf einem Schiff? Wie soll man malen, wenn der Untergrund ständig in Bewegung ist? Und was tun bei Seekrankheit oder wenn die Verdauung plagt, weil der Speiseplan zu fleischlastig ist? Die Tatsache, dass man seinen Mitmenschen auf beengtem Raum nicht entgehen kann, macht die Sache nicht leichter, vor allem, wenn sich ein Religionsnarr und ein Verschwörungstheoretiker unter den Reisenden befinden.

Im Kern des Romans geht es jedoch um die Miniaturporträts. Laufenberg nutzt den Roman als Forum, um über die Bedeutung der kleinformatigen Kunstwerke zu debattieren. Für Imhoff ist das Miniaturporträt natürlich die einzige wahre Darstellungsweise, vergleichbar mit den russischen Heiligenbildern. Sich selbst zu betrachten, sei ein Urbedürfnis des Menschen. Und da man in der Realität immer nur ein Teil von sich selbst sehen könne, helfe das Miniaturporträt, das Bild zu komplettieren und die Selbsterkenntnis zu unterstützen. Kritiker hingegen behaupten, darunter auch Imhoffs erste Frau Marian und Goethe, dass Miniaturporträtisten den Menschen in seiner unsinnigen Selbstverliebtheit unterstützen und Diener der Narzissten seien. Der Leser mag sich hier selbst eine Meinung bilden, auch wenn man nicht umhin kommt zu denken, dass sich der Autor in diesem unterhaltsam zu lesenden Roman seiner Figuren bedient, um einen tüchtigen Seitenhieb in Richtung der heutigen Selfie-Vernarrtheit zu geben.

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