Gotland - Wein und Trüffel als kulinarische Genüsse der schwedischen Insel

Reben aus dem Weingut der Liebe

Von 
Rasso Knoller
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Als Badeinsel der Schweden hat sich Gotland einen Namen gemacht. Auch wegen der skurril geformten Kalksteinfelsen, den Raukar, kennt man die Insel – und Krimifans wissen, dass hier Robert Anders, alias Walter Sittler, als Kommissar ermittelt. Als Insel kulinarischer Genüsse, als Eiland von Wein und Trüffel ist Gotland bisher nur den Wenigsten bekannt.

Es liegt an der Liebe, dass im Süden Gotlands Wein angebaut wird. Die Schwedin Emma Serner und der Italiener Andrea Guerra hatten sich 2016 auf einem Weingut in der Toskana kennengelernt. Bald wuchs ihre Liebe und mit ihr der Wunsch, gemeinsam ein Weingut zu führen. Bei der Wahl des Standortes haben sich die beiden dann aber nicht auf Gefühle, sondern auf harte Fakten verlassen. Schnell war klar, in Italien würden sie ihr Projekt nicht umsetzen können. „Dort einen Weinberg zu kaufen, wäre zu teuer gewesen“, sagt Andrea Guerra, der als ausgebildeter Önologe schon in vielen Ländern gearbeitet hat. „Außerdem hätten wir Trauben anpflanzen müssen, die früher gepasst haben, jetzt aber nicht mehr“, so Guerra, der erklärt, dass man in seiner Heimat nicht einfach diejenigen Reben anbauen kann, die man will, sondern die anpflanzen muss, die in der entsprechenden Region Tradition haben. „In meiner Heimat herrscht die Mentalität: So war es immer, so soll es bleiben“, so Andrea Guerra.

Wichtiges zu Gotland

Info: Destination Gotland: www.destinationgotland.se

Aktivitäten: ångmyre Vineri: Führungen dreimal täglich, Weingut: Skolvägen 10, Burgsvik, Telefon. 46/70/ 497 76 82, Weinberg: Hamra Bertelsmässe 468, Burgsvik, www.langmyrevineri.com; Risungs Gård: Rute, Telefon 46/70/ 891 18 26, www.risungsgard.com

Essen: Restaurant Rot, Norrlanda Mangsarve 169, Romakloster, Telefon 46/73/ 416 3381 http://restaurangrot.se

Gotlands Trüffelfestival: www.tryffel.se

Anders auf Gotland. Weil Schweden kein traditionelles Weinland ist, gibt es hier auch keine Vorschriften. „Es war allen egal, was wir machten“, lacht Emma Serner. Bevor die beiden loslegten, gingen sie aber erst einmal die Wetterdaten für Gotland ab 1952 durch. Außerdem ließen sie den Boden auf dem Grundstück, das sie pachten wollten, chemisch analysieren. Andrea Guerra schwärmt: „Unser Boden enthält viel Sand und Kalk und ist damit ideal für elegante und mineralreiche Weine.“ Und auch mit dem Wetter sind die beiden zufrieden. „Wir stehen hier am sonnenreichster Ort Schwedens, wegen uns muss es gar nicht wärmer werden“, so Emma Serner.

Alles ist öko

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Von
Helge Bendl
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In Långmyre Vineri ist alles öko. Die Flaschen sind aus Altglas, die Korken aus Zuckerrohr. Im Weinberg wachsen ausschließlich pilzwiderstandsfähige Rebsorten, die nicht oder zumindest deutlich weniger gespritzt werden müssen. 2018 pflanzte das Paar die ersten Rebstöcke, zwei Jahre später haben sie die erste Ernte eingebracht. 26 000 Pflanzen stehen auf ihrem Grund. Irgendwann werden sie aus deren Trauben ebenso viele Flaschen Wein produzieren. Soweit ist es aber noch nicht.

Wichtiger als die Menge ist aber ohnehin die Qualität. „Keiner traut uns zu, dass wir in Schweden Topweine herstellen können. Das werden wir jetzt beweisen“, so Emma Serner.

Wenn Pontus und Aragon loslegen, gibt es kein Halten mehr. Kaum sind die beiden Hunde der Rasse Lagotto Romagnolo aus dem Auto gesprungen, geht’s im Vollsprint Richtung Wald. Die beiden italienischen Wasserhunde sind Spezialisten für die Trüffelsuche und mit ihren beiden „Chefinnen“ Carina Ahlqvist und Jane Ekström unterwegs. Die Frauen betreiben Risungs Gård, eine Schaffarm auf der seit einigen Jahren auch Trüffeljagden angeboten werden. „Man sagt Jagd und nicht Suche“, erklärt Ahlqvist lachend. Eigentlich könne fast jeder Hund Trüffel erschnüffeln, sagt Ahlqvist.

Schon bald bleibt Aragon vor einer Fundstelle stehen und fängt an zu graben. Der ältere der beiden Hunde ist Vollprofi. Die Hunde würden zwar die Trüffel auch fressen, erklärt Jane Ekström, sie schmeckten ihnen aber nicht besser als Hundekuchen. Deswegen lassen sich die haarigen Trüffelsucher ihre Funde auch leicht im Tausch gegen ein Leckerli und eine Streicheleinheit abnehmen.

Spitzentrüffel aus Schweden

„Trüffel gab es auf Gotland schon immer, nur hat das lange Zeit niemand gewusst,“ so die Biologin Christina Wedén. Schon in den 1970er Jahren habe man einzelne Exemplare gefunden. Zwei Jahrzehnte später befasste sich dann Wedén im Rahmen ihrer Doktorarbeit mit den unterirdisch wachsenden Pilzen. Als sie herausfand, dass auf Gotland die perfekten Bedingungen für deren Wachstum herrschen, schickte sie Profis auf die Suche. Aus Frankreich ließ sie zwei Trüffelsucher einfliegen, die sich zusammen mit ihren Hunden in den Eichen- und Nussbaumwäldern der Insel auf die Suche machten – und schnell fündig wurden. Anfangs herrschte noch Skepsis, was die Qualität des schwedischen Trüffels anging – bis sich zeigte, dass die Gotländer auf internationalen Wettbewerben und bei Blindverkostungen problemlos gegen die berühmte Konkurrenz aus Frankreich und Italien bestehen konnte. Die jährliche Ausbeute der gotländischen Trüffeljäger liegt inzwischen bei etwa 1,4 Tonnen.

Im Oktober und November ist die Hauptsaison für Trüffel. Dann sind Carina Ahlqvist und Jane Ekström zusammen mit Pontus und Aragon an sechs Tagen der Woche im Wald unterwegs. Manchmal nehmen sie auch Gäste mit. An solchen Tagen wird der Spaziergang durchs Unterholz zur unterhaltsamen Lektion in Sachen Trüffel und man erfährt beispielsweise, dass die Knollen zu den teuersten Lebensmitteln weltweit gehören und auch das „schwarze Gold des Waldes“ genannt werden. Für ein Kilo muss man, je nach Art, 1000 Euro und mehr auf den Tisch blättern. „Das größte Stück, dass Aragon erschnüffelt hat, hat 450 Gramm gewogen“, so Ekström.

In Gotland zelebriert man inzwischen den Trüffel. Jedes Jahr im November lädt die lokale Trüffelvereinigung zu einer Trüffelwoche inklusive Trüffelakademie, Trüffelbankett und Trüffelzeremonie im Dom der Inselhauptstadt Visby ein. Auch der Trüffelkoch des Jahres wird ausgezeichnet. 2021 war Luqaz Ottosson der Gewinner. Der junge Koch rät, Trüffel nicht zu erhitzen. Sonst verliere er seinen Geschmack. In seinem Restaurant „Rot“, der Name bezieht sich übrigens nicht auf die Farbe, sondern ist das schwedische Wort für Wurzel, verwendet er zu vielen Gerichten Trüffel. In einigen Jahren soll die Kombination aus gotländischem Wein und Trüffel in den Restaurants möglich sein.

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