Die Mühen der weiten Anreise? Vergessen, am allerersten Morgen. Pünktlich zum Sonnenaufgang ertönt auf Nongkat Island nämlich ein Symphoniekonzert. Die Musiker verstecken sich im tropengrünen Dickicht hinter dem Cottage. Sie flöten, gackern, klackern, krächzen, rätschen, sägen, schnattern, summen, zirpen. In den Pausen, in denen das tierische Dschungelorchester kein Tutti spielt, tanzen einem lautlos die Tropenschönheiten vor die Augen. Denn wer nach dem Aufwachen das Moskitonetz auf die Seite schiebt und zum Strand schlendert, wird dabei von handtellergroßen Schmetterlingen begleitet. Mitten im indonesischen Anambas-Archipel, auf der zuvor unbewohnten Insel Nongkat, bietet eine flache Lagune hinter Granitfelsen Schutz vor dem schweren Seegang zur Zeit des Nordostmonsuns. Gerade hat ein vorbeituckerndes Pompong-Fischerboot ein paar Kilo Echten Bonito vorbeigebracht. Der wird am Abend auf den Grill kommen, wie auch selbst harpunierter Tintenfisch. Auf Nongkat Island wird gegessen, was das Meer hergibt. „Es ist ein einfaches Leben“, sagt Dhany Sudirwan, „aber ein gutes Leben. Für mich passt es.“
INDONESIEN
Anreise
Singapore Airlines fliegt von Frankfurt nach Singapur (www.singaporeair.com). Eine Fähre bringt einen weiter auf die indonesische Insel Batam. Von dort fliegt Lion Air nach Letung auf Jemaja Island (www.lionair.co.id). Von Insel zu Insel geht es mit Fähren und Fischerbooten.
Unterkunft und Veranstalter
Eine hübsche Unterkunft ist das Sakura Inn im Ort Tarempa auf Siantan Island, DZ ab 17 Euro, buchbar z. B. über www.agoda.com. Weitere Unterkünfte unter https://amazinganambas.com/
Geoplan Reisen organisiert eine 13-tägige Privatreise nach Singapur und auf den Anambas-Archipel mit einwöchigem Aufenthalt im luxuriösen Bawah Reserve, www.bawahreserve.com.
Preis pro Person inkl. Flügen und Transfers ab 7290 Euro, www.geoplan-reisen.de/
Der Veranstalter Trauminselreisen hat auch Angebote zum Anambas-Archipel, www.trauminselreisen.de
Aktivitäten
Touren und Bootsfahrten lassen sich leichter mit Guide organisieren als auf eigene Faust. Der Kontakt erfolgt per Whatsapp. Auf den Inseln Siantan und Matak hilft Axel Ang (Tel. 00 62 / 812 / 85 98 88 86), auf Jemaja sind es Gusdi Munandar (Tel. 00 62 / 822 / 83 35 14 71) und Ade Hussin (Tel. 00 62 / 812 / 76 56 03 01).
Allgemeine Informationen
Wonderful Indonesia, www.indonesia.travel HBE
Dhany hat am Strand erst ein Haus für die Familie gebaut. Dann ein Cottage für Freunde. Und noch eines. Irgendwie muss man sich ja beschäftigen. Am Anfang leisteten ihm nur die Weltumsegler Gesellschaft in seiner Beach-Bar. Nun kommen ab und an aber auch normale Gäste. „Schuhe sind unnötig, die könnt ihr wegpacken“, sagt ihnen Dhany dann zur Begrüßung. „Whatsapp und Instagram braucht es auch nicht.“ Wer es heimlich trotzdem versucht, stellt fest, dass das Handynetz zu schwach ist, um Nachrichten zu verschicken.
Baden, schwimmen, schnorcheln
Dabei gäbe es den Daheimgebliebenen viel zu erzählen. Vom Ausflug zur Moon Rock Bay zum Beispiel: 3˚ 14.897’ Nord, 106˚ 26.767’ Ost sind die Koordinaten des besten Ankerplatzes zwischen den Inseln Pulau Sama und Pulau Sagu Dampar. Baden, schwimmen, schnorcheln stehen auf dem Programm – und dann eine schweißtreibende Klettertour auf einen Felsvorsprung, um das türkisgrün leuchtende Wasser mit den Korallenbänken aus der Vogelperspektive zu sehen.
Zurück in Nongkat entdeckt man am Strand ein Schild: Berlin 9879 Kilometer. Der Anambas-Archipel ist auf der touristischen Landkarte noch nicht verzeichnet. Auch auf Google Maps muss man viel hin- und herzoomen, um die Inseln in der Weite des Südchinesischen Meeres zu entdecken. Das versteckte Paradies Indonesiens liegt zwischen Singapur und Borneo: Als seien es im Ozean treibende Kokosnüsse, erheben sich dort 255 Inseln aus dem Blau des Meeres.
In Tarempa, der geschäftigen Hauptstadt der Anambasinseln, nimmt einen Axel Ang unter seine Fittiche. Von seinen Eltern, die Anfang der 90er Jahre in einem Chinarestaurant in Deutschland gearbeitet haben und nun das einfache Sakura Hotel betreiben, hat der 28-Jährige den Sinn für gutes Essen geerbt. So geht es Abend für Abend an der Hafenpromenade. Tagsüber stehen Ausflüge an. Die Insel Siantan ist dicht bewaldet und so gebirgig, dass hier viele Quellen sprudeln und Wasserfälle formen. Am Temburun-Wasserfall überwindet das Nass in sieben Kaskaden 250 Meter. Auf der Nachbarinsel Jemaja lockt der Pantai Padang, ein acht Kilometer langer Strand. Übernachtet wird im Homestay mit Familienanschluss. Spots zum Schnorcheln liegen um die Ecke – hier wird nur noch per Handleinen geangelt und nicht mehr mit Netzen gefischt. Halten die Fischer das durch, wäre das ganz im Sinne der Meeresbiologen Fadli Jaka und Dennis Kurniawan. Die beiden arbeiten für die Anambas Foundation, eine Stiftung, die sich die nachhaltige Entwicklung des Archipels auf die Fahnen geschrieben hat. „Auch wenn das verboten ist, nutzen manche Fischer weiterhin Dynamit oder vergiften die Riffe mit Zyanid“, erzählt Fadli Jaka. Dabei ist die Unterwasserwelt der Anambasinseln ein Hotspot der Artenvielfalt.
Über 240 Fischarten haben die beiden Experten bereits dokumentiert und in der Lagune bei Bawah Island zehn künstliche Korallengärten angelegt, um zu erforschen, wie sich das Wachstum der Nesseltiere beschleunigen lässt. Die Korallenbleiche hat hier zwar noch nicht zugeschlagen, doch man wappnet sich für die Zukunft. Das Bawah Reserve ist nicht nur ein exklusives Hideaway mit perfektem Service, das mit den Unterkünften der Malediven mithalten kann, weil der Sand hier so weiß ist und das Meer so türkis, dass man zu halluzinieren glaubt. Das über sechs Inseln verteilte Öko-Resort mit den Strandvillen und Überwasser-Bungalows, in das man per Wasserflugzeug einschwebt, ist Indonesiens neueste In-Destination für Barfuß-Luxus, vor allem aber das Herzstück eines 1,2 Millionen Hektar großen Meeresschutzgebiets. Urwälder mit bis zu 2000 Jahre alten Cycadeen-Palmfarmen an Land, Mangroven, Lagunen, Riffe, offenes Meer: Nicht einzelne Arten, sondern das ganze Ökosystem soll bewahrt werden. Damit diese Schatzkammer der Natur in Zukunft das Paradies bleibt, das es heute ist.
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