Gemüse aus Zadar

Fenchel am Strand und Meeresspargel im Salzwerk: Wer mit dem österreichischen Sternekoch Paul Ivic nach Kroatien aufbricht, erlebt eine ganz besondere Art der Kulinarik.

Von 
Anja Wasserbäch
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Paul Ivic ist stets auf der Suche nach tollen Produkten. Seine Kreationen sind vegetarisch, zum Beispiel Tacos mit Paprika, Karotten, Champignons und Zitronen-Emulsion. © Paul Salicornnja

Paul Ivic beugt sich über das Salzwasser. Grüne, verwachsene, fleischige Stängel ragen gut 20 Zentimeter über der Oberfläche empor. Er pflückt einen ab, beißt hinein. So frisch habe er Salicorn noch nie gegessen. Salicorn ist ein Name für Queller, auch Meeresspargel genannt. Ein Wildgemüse, das auf Salzwiesen oder im Watt wächst.

Diese kleine Anekdote zeigt, wie Paul Ivic, gerne auch mal „Europas bester vegetarischer Koch“ genannt, arbeitet. Er geht raus. Wie hier auf die Salzfelder von Nin in Kroatien oder auf Gemüseäcker – und schaut, staunt, schmeckt. Und er fragt nach: Was macht der Bauer mit seinem Gemüse? Wie geht er mit dem Boden um? „Die richtig guten Bauern achten darauf, dass das Land weiter fortbesteht“, so Ivic. „Manche machen Bio, weil es mehr Geld gibt. Manche machen es aus Überzeugung“, sagt Ivic. Er selbst ist ein Überzeugungstäter. Er revolutionierte die vegetarische Küche, weil er am eigenen Körper merkte, dass es so nicht weitergehen kann.

Kroatien

Anreise

Flüge ab Stuttgart nach Zadar mit Eurowings (www.eurowings.de), Lufthansa (www.lufthansa.com) oder Austrian Airlines (www.austrianairlines.com).

Unterkunft

Luxuriöse Anlage mit Pool direkt am Meer: Falkensteiner Resort Spa Ladera, DZ ab 250 Euro, www.falkensteiner.com/hotel-spa-iadera.

Kleines Budgethotel mit ähnlich guter Lage: Hotel Delfin, DZ ab ca. 100 Euro, https://hotel-delfin.com.hr.

Kulinarik

Das Tian Bistro am Meer gibt es als Pop-up-Restaurant noch bis zum 18. September. Das Sharing-Menü kostet 79 Euro pro Person und ist über die Rezeption des Falkensteiner Resorts buchbar. Sandra Babac war früher TV-Moderatorin, jetzt macht sie Marmelade aus selbst angebauten Bio-Feigen. Man kann auf dem Familienhof namens Sinjorina Smokva im Hinterland von Zadar im Garten helfen und auch wohnen. https://de-de.facebook.com/sinjorinasmokva/.

Im Solana Nin 1500 wird bio-zertifiziertes Salz aus dem Meer handgeerntet, www.solananin.hr/de/home/

Allgemeine Informationen

Kroatische Zentrale für Tourismus, https://croatia.hr/de-de NJA

Paul Ivic ist einer, der die Welt besser machen will. Einer, der das große Ganze kritisiert. Der weiß, dass es am Ende immer ums Geld geht, und Sätze sagt wie: „Ich verstehe das rational, aber nicht emotional.“

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Seit mehr als zehn Jahren ist er Chefkoch im Gourmetrestaurant Tian in Wien, ein vegetarisches Restaurant, das einen Michelin-Stern trägt. Mittlerweile gibt es einen Tian-Ableger in München, zudem auch ein Bistrokonzept in Wien. Und jetzt eben auch in Zadar.

Arbeiten, wo andere Urlaub machen. Es ist ein abgenutzter Werbeslogan, vor allem in Zeiten von flexiblen Work-Life-Balances. Doch dieser Marketingspruch trifft es im Fall von Paul Ivic und seinem Team. Sie haben sich für diesen Sommer ein besonders „tolles Fleckerl“ Erde ausgesucht. Zadar, die Stadt, von der Alfred Hitchcock gesagt hat, dass es hier die schönsten Sonnenuntergänge der Welt geben soll, ist es geworden. Im Winter kochte das Tian-Team in Zürs am Arlberg, jetzt an der dalmatischen Küste.

Hitchcock schwärmte von Zadars Sonnenuntergängen

Natürlich sieht es auch hier aus wie überall: Es gibt Industriegebiete mit Autohäusern und Discountern, Müller und McDonald’s. Aber es wächst viel anderes als um Wien herum. Direkt an der Küste pflückt Ivic Meeresfenchel, fährt mit dem Biobauern Davor Matak raus aufs Feld, um spontan Brokkoli fürs Abendessen zu besorgen. Seit 1958 gibt es den Familienbetrieb. Seine Kunden bekommen jede Woche eine Liste, was gerade auf den Feldern oder in den Gewächshäusern reif ist. Er baut nach Biomaßstäben an, klar. Es war nicht einfach, die passenden Produzenten zu finden. Gemeinsam mit Katarina Kozina Popovic von Slow Food Kroatien ging es auf Felder, zu einer Feigenfarm oder auch zu einem Olivenbauern.

„Es ist das erste Mal, dass ein Restaurant in Kroatien zu hundert Prozent biologische Lebensmittel verwendet“, sagt Popovic. Zudem folgt das Tian dem „Zero Waste“-Konzept, das heißt, dass alles bis aufs letzte Brokkoliblatt verwendet wird.

„Es geht nicht nur um den Teller auf dem Tisch, es geht auch um den gesamten Kontakt“, so André Drechsler. Der Tian-Sommelier ist auch schon Wochen vor dem Start des neuen Restaurants dabei – und besucht Winzer in der Region. Von 50 Positionen sind am Ende mehr als die Hälfte aus Kroatien, es gibt noch ungarische, slowenische und österreichische Weine, aber keine aus Italien oder Frankreich. „Die Kroaten haben einen Vorsprung, die lagern ihren Wein schon lange in Akazienfässern“, erzählt der Sommelier.

Paul Ivic, dessen Vater Kroate ist, erinnert sich an die Sommer seiner Kindheit, gut eine Stunde von Zadar entfernt bei ibenik. „Es ist der beste Ort der Welt für mich“, sagt Ivic. Damit meint er den Garten seiner Großeltern, hier wachsen Trauben und Kartoffeln, Zwiebeln und Brokkoli, Walnuss- und Mangobäume. Für den kleinen Bub war das normal: „Mir ist es erst spät bewusst geworden, welchen Einfluss meine Eltern und Großeltern auf mich hatten.“

Mit dem Tian-Konzept ist er wahrscheinlich nicht nur für einen Sommer zurück in Kroatien. Doch passt das überhaupt? Das Tian und ein Hotelresort? „Da hatte ich natürlich Zweifel“, sagt Ivic. Er schaute sich vor Ort um. Wie wird hier gearbeitet, wie ist die Atmosphäre? Es scheint zu passen. Der Plan ist auf Dauer angelegt, um langfristige Partnerschaften zu etablieren. Teile seines Teams hat er aus Wien mitgebracht.

Ivic sagt, dass die Kartoffeln aus Kroatien die besten überhaupt sind. In der großen Hotelküche löst er die Blätter vom Brokkoli. Er möchte ein Gericht nachkochen, das er früher bei seiner Oma gegessen hatte. Und auch das Salicorn von den Salzfeldern am Morgen findet sich am Abend bei den Vorspeisen. Mehrere kleine Teller kommen bei jedem Gang auf den Tisch. Heute nennt man das „Sharing“-Konzept. Essen zum Teilen ist aber auch so etwas, das Ivic aus seinen kroatischen Sommern bei der Familie kennt.

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