Kolumne #mahlzeit

Warum die Welt sich keine Reichen mehr leisten kann

In Bayreuth fordern Aktivisten von Dept for Climate: „Die Welt kann sich keine Reichen leisten.“ Caro meint, wer reich sei, nehme anderen Geld weg. Unser Kolumnist wünscht sich ein Hilfspaket der 15 reichsten Deutschen

Von 
Stefan M. Dettlinger
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© kako

Neulich, es war am Fuße des Grünen Hügels, dort, wo sich Beamtinnen von Polizei, Landes- und Bundeskriminalamt gegenseitig an Imposanz überbieten, hing ein Transparent mit der Aufschrift: „Die Welt kann sich keine Reichen leisten.“ Die Aktivisten von Dept for Climate hatte es dort aufgehängt. Dept for Climate bedeutet so viel wie: Abteilung Klima. Die Aktivisten weisen auch darauf hin, dass die Reichen für die Hälfte der CO2-Emissionen verantwortlich sind. Die Reichen aber fuhren an diesem 25. Juli selbstredend in kolossalen Karossen CO2 ausstoßend unter dem Satz durch zum Festspielhaus, um dem Werk eines Typen zu huldigen, der etwa mit dem „Ring“ einen antikapitalistischen Zyklus über Gier, Hybris und die Zerstörung der Natur hinterlassen hat. Ein Stück über sie: die Reichen. Das erzähle ich beim Essen.

„Na und!“, sagt Bela, „das eine ist Kunst, Romantik, Idealismus, das andere ist Wirklichkeit.“ Bela kann echt doof sein. Dass Caro ein bisschen marxistisch veranlagt ist, war mir schon aufgefallen. Sie sagt: „Recht haben sie! Und zwar nicht nur aufs Klima bezogen, auch auf die Gesamtsituation. Wer reich ist, nimmt erstens anderen Geld weg, zerstört zweitens mehr Umwelt und sollte drittens auch die sozialen und ökologischen Katastrophen bezahlen. Da muss man gar nicht global schauen. Auch national sollten die Reichen den Scherbenhaufen bezahlen, den Corona und der Ukrainekrieg samt Energiekrise hinterlassen. Wenn die Reichen das nicht bezahlen, dann müssen es die Armen bezahlen!“

„Wer ist schon reich?“, fragt Bela und hebt alles auf eine Ebene der Relativität. „Äh, also da fielen mir schon ein paar ein“, so Caro, „und die heißen nicht alle Dieter Schwarz, Susanne Klatten oder Wolfgang Marguerre, wobei: Ich habe gelesen, dass die 15 reichsten Deutschen mehr als die Hälfte des gesamten Bundeshaushalts 2022 besitzen – über 250 Milliarden. Zwei. Fünf. Null. Null. Null. Null. Null. Null. Null. Null. Null. Null. Da sind aber auch normale Millionäre dabei, Leute wie du und ich!“ Bela und ich blicken uns an. „Willst du uns etwas sagen?“, frage ich Caro. Sie: „Ach, vergiss es!“

Bela sagt, wer Geld hat, hat es auch verdient. Elon Musk hätte sein erstes selbst programmiertes Computerspiel mit zwölf verkauft. Das sei Genie. Den Anreiz brauche eine gesunde Gesellschaft ja wohl, dass, wer mehr leiste, auch mehr Geld verdiene, man lande ja sonst im Kommunismus und so weiter. Man kennt ja die Argumente, die ja auch nicht falsch sind. „Reich ist man, wenn man mehr Geld hat, als man ausgeben kann, oder“, sagt Caro, worauf Bela sofort sagt, man könne jeden Tag eine Milliarde ausgeben, wenn man wolle.

Ich merke an, dass wir viel Staat brauchen für die Schwachen, und dass wir jetzt, in der Krise, die dramatischer wird ab Herbst, nur zwei Variationen haben werden: 1. Der Staat senkt die Ausgaben, was den Armen schadet. Oder 2. Er erhöht die Einnahmen, was auf Kosten der Reicheren gehen muss. Vielleicht könnten sie ja sowieso mal zusammenlegen und ein Notpaket schnüren. 100 Milliarden wären schon was … aber ja, es gibt auch Spendenquittungen.

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Ressortleitung Stefan M. Dettlinger leitet das Kulturressort des „MM“ seit 2006.

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