Also, sagt Caro und nuckelt an ihrer Banane rum, „diese Damen-Fußball-EM – ich komm‘ da nicht mehr raus! Jeden Tag schalte ich die Glotze ein. Es ist, als hätte jemand das Sommermärchen in Glitzerpapier gewickelt und mir heimlich ins Wohnzimmer gelegt. Plötzlich sitze ich da, Chips in der einen, Herz in der anderen Hand, und schreie bei jeder Flanke oder jedem halbhohen Pass ,Ja, lauf doch!‘, als wäre ich Teil der Mann..., äh, Frauschaft oder die Trainerin.“
Bela schluckt und guckt entgeistert: „Du …“, er macht eine Pause, „... interessierst dich … für … Fußball? Ich dachte immer, du hättest mit Fußball und Sport ungefähr so viel am Hut wie Hippies mit Tupperpartys auf Kreuzfahrtschiffen oder Rachmaninow.“
Caro zwinkert Bela zu. Ich frage mich: Muss mir das Angst machen? Und plötzlich schwärmt Caro auch noch davon, wie die „Girls“ übers Feld rennen. Sie spricht von einer „geilen“ Mixtur aus Athletik und Eleganz und meint, die Frauen seien „nicht wie diese Typen, die sich bei jedem Windhauch auf den Rasen werfen“. Caro meint da wohl Kicker wie CR7. Sie sagt: „Ich frage mich: Wieso hab‘ ich das all die Jahre nicht gesehen? Vielleicht, weil niemand je gesagt hat, wie viel Spaß das macht, zuzusehen, wenn es eben nicht nur um Sieg oder Niederlage geht, sondern um dieses große, leuchtende Gefühl, Teil von etwas zu sein.“
Also ich glaube nicht, dass Caro damit recht hat. Ich habe auch ein bisschen EM geguckt (okay, es war ein bisschen mehr als ein bisschen), und ich habe gesehen, dass die Deutsch(inn)en Frau Nüsken, Frau Schüller oder Frau Brand unbedingt gewinnen wollen, genauso wie die Französinnen Madame Lerond, Madame Cascarino oder Madame Jean-François. Die spielen mitnichten „just for fun“ oder „just for elegance“. Die spielen „just for winning“ - mit dem gleichen Killerinstinkt wie unsere Ballermänner.
Caro setzt Bela in die Schranken
„Also so, wie du redest: Ich glaube, dir geht es nicht um den Fußball. Dir geht es um die Frauen, die Fußball spielen und dabei schön aussehen“, meint Bela und übertritt – mal wieder – jene (sexuelle) Demarkationslinie, die gefährlich für ihn werden könnte. Vielleicht hat er ja recht. Caro ist erst mal wie gelähmt, aber alles andere als gezähmt. Ihr Blick könnte einen Bananenbaum zum Umfallen bringen. Aber Bela macht weiter. Er sagt, Caro wisse doch sicherlich nichts über Taktik und Viererkette – geschweige denn über Abseits. „Muss ich das?“, fragt Caro, indem sie Bela anfaucht wie eine Wildkatze, „ich will einfach nur, dass der Ball ins Tor geht und alle jubeln und ich mitjubeln kann. Entertainment. Und wer sagt, dass man, um Fußball schauen zu dürfen, etwas von Fußball verstehen muss?“
Bela grinst. „Okay, und als Nächstes erklärst du uns, warum du plötzlich Formel 1 schaust? Weil die Überholmanöver so elegant sind und die Helme schön glitzern. Du bist die Erste, die bei Fußball an Ballerinas denkt. Aber Abseits hat nichts mit Absinth zu tun. Das ist kein neues Trendgetränk.“ Bela bringt sich in Sicherheit. Aber Caro, die fragt nur zärtlich: „Fahren Frauen Formel 1?“
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Kolumne #mahlzeit Wenn Frauen kicken
Die Damen-Fußball-EM begeistert Caro und sorgt in der Runde von Kolumnist Stefan M. Dettlinger für einige Diskussionen über Sport abseits der Viererkette.