Musik

7er-Club Mannheim: Rock, Heavy und familiäre Atmosphäre

Der 7er-Club in Mannheims Hafengebiet feiert 20 Jahre voller Rock und Leidenschaft. Hier wird Subkultur gelebt.

Von 
Christian Gerards
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Rainer „Fish“ Stowasser hat den 7er-Club an der Industriestraße aufgebaut und kündigt nach wie vor gerne die Live-Bands auf der Bühne an. © Christian Gerards

Mannheim. Subkultur findet man in Mannheim an vielen Stellen. Im 7er-Club an der Industriestraße 7 im Hafengebiet ist diese mitunter schon aus der Ferne zu vernehmen. Hier gibt es ordentlich etwas auf die Ohren, wenn Bands aus der Rock-, Blues- und Heavy-Szene auftreten und versuchen, den bis zu 300 Zuhörern einen gelungenen Abend zu bereiten. Seit 20 Jahren gibt es den Club in dieser Form. Vor wenigen Monaten feierte der langjährige Geschäftsführer Rainer „Fish“ Stowasser, der die Leitung inzwischen an seinen Sohn Max übergeben hat, seinen 65. Geburtstag. Rund 200 Konzerte gehen hier pro Jahr über die Bühne.

Müde ist Fish mit seinen schlohweißen, langen Haaren, den vielen Ketten und Ringen ob seines Alters noch lange nicht. Dazu genießt er zu sehr das Leben in seinem 7er-Club, den er aus eigenen Mitteln aufgebaut hat. „Hier war ich früher in der Licht- und Tontechnik selbständig. Doch als die Preise durch günstige Produkte aus China in den Keller gingen, konnte ich das nicht mehr tragen“, blickt Fish zurück.

Seit 2005 werden auf dem Mannheimer Gelände Konzerte veranstaltet

2001 stellte er das Gelände als Rock-Club neu auf – zunächst als mietbare Location, etwa für „School-out“-Partys. Seit 2005 veranstaltet Fish Konzerte, zuerst in der Halle, später auch draußen auf der neu geschaffenen Sommerbühne. Dafür musste er aber zunächst die Hinterlassenschaften eines insolvent gegangenen Nachbarbetriebs entfernen – „mehrere Tonnen an Dreck hatte er liegenlassen“, erinnert sich Fish. Die Arbeit hat sich aber gelohnt.

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Am Samstag des Gesprächs mit dem „MM“ ist Pro-Pain aus New York zu Gast. Die vier Musiker kommen jährlich im Sommer nach Mannheim – und haben in diesem Jahr dafür gar eine schon terminierte Show in Frankfurt ausfallen lassen. Die Band um Sänger Gary Meskil ist eine der Wegbereiterinnen des New York Hardcore, der Szenegrößen hervorgebracht hat wie Agnostic Front, Biohazard, Life of Agony, Sick of it All oder Type O‘ Negative.

Pro-Pain aus New York sind jährlich im 7er-Club zu Gast und mögen besonders die familiäre Atmosphäre im 7er-Club. © Christian Gerards

Für Meskil ist Fish längst ein Freund geworden. Beim Gespräch im Backstage-Bereich geht es geruhsam zur Sache – ganz anders als zuvor auf der Bühne, von wo Meskil und Co. unter Starkstrom den rund 200 Zuhörern ordentlich den Kopf weggepustet haben: „Fish ist eine Legende in Mannheim. Wir kommen schon seit einigen Jahren hierher. Zum ersten Mal waren wir im Winter hier, als es ein kleines Indoor-Festival gegeben hat. Zunächst kamen wir alle zwei Jahre, seit einiger Zeit sind wir jährlich hier. Wir lieben die Outdoor-Bühne, im Sommer kann es drinnen schon sehr heiß werden“, sagt der Sänger und erntet dafür ein wissendes Lachen von Gitarrist Adam Philips.

Beim Gespräch mit Fish merkt man das, was Meskil später so beschreiben wird: „Ich habe immer das Gefühl, dass das hier eine Familie ist – auch wenn es natürlich keine echte Familie ist. Jeder versteht sich. Das sind echte Rocker. Hier herrscht eine echte Liebe zu dem, was sie tun, und eine Leidenschaft, die sie mit ihrer Arbeit verbindet. Wir wissen das zu schätzen, und versuchen daher, immer wieder zurückzukommen.“

60.000 Euro kamen in der Corona-Zeit an Spenden zusammen

So sitzt Fish mit Andy Wirtz am Tisch, der mit weiteren Mitstreitern das 7er-Radio betreut. Es geht völlig entspannt zur Sache, es ist ein Kommen und Gehen. „Meines Wissens nach sind wir der einzige Club in der Gegend, der ein eigens Webradio betreibt“, berichtet Wirth. Viermal in der Woche gibt es Live-Shows – in der Regel von rund zwei Stunden und teilweise mit Live-Chat – um die Gigs im Club zu bewerben.

Die 7er-Familie war es, die den Club in der Corona-Zeit finanziell unterstützt hat. 60.000 Euro an Spendengeldern kamen zusammen, mit denen Fish seine Mitarbeitenden unterstützen konnte. „Wir haben unter den damaligen Bedingungen etwa DJ-Liveübertragungen gemacht“, erinnert sich Fish – und als es wieder möglich war, auch draußen Konzerte gegeben, mit Sitzplatz und Maskenpflicht: „Wir haben den Kopf nicht in den Sand gesteckt und weitergemacht“, blickt Fish zurück. Die 7er-Familie sei es auch, die helfen würde, wenn mal etwas kaputtgehe und repariert werden müsse.

Diskussion um Anzahl von Cover-Bands

In den 7er-Club kommen Bands, die ihre eigenen Lieder schreiben, aber auch Cover-Combos. „Wir hatten eine Diskussion darüber, ob wir zu viele Cover-Bands haben. Ich habe das dann für 2023 geprüft und festgestellt, dass zwei Drittel Originalbands waren“, berichtet Wirtz. Doch am Ende ist das mitunter egal. Denn: „Es gibt Cover-Bands, die schon fast besser sind als die Originale“, sagt Fish. In der Tat haben so manche Cover-Bands wie etwa Living Theory, die aus Italien kommen und im 7er-Club eigentlich jährlich Lieder von Linkin Park zum Besten geben, eine außergewöhnliche Qualität in ihrem Spiel – auch wenn sicherlich Mike Shinoda, Emily Armstrong oder die übrigen Linkin-Park-Mitglieder in ganz anderen Sphären unterwegs sind.

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Und so geht auch der Abend mit Pro-Pain zu Ende. Eine Frau macht Druck. Die Band wird noch am Merchandise-Stand erwartet. Doch bis dahin genießen die vier Musiker aus New York noch ihre Pizza. „Früher hat hier meine verstorbene Frau gekocht. Das Essen war schon legendär“, berichtet Fish, mit ein bisschen Wehmut in der Stimme, um dann wieder nach vorne zu blicken.

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