Was haben der hessische Heizungsbauer Viessmann und deutsch Traditionsbiermarken wie Beck’s und Holsten gemeinsam? Auf den ersten Blick nichts, auf den zweiten aber einiges. Die Brauer schlüpften kurz nach der Jahrtausendwende unter das Dach ausländischer, weltweit operierender Bierkonzerne. Sie waren zu dem Zeitpunkt hierzulande große Nummern, aber im internationalen Vergleich doch ziemlich klein. Sie erkannten, dass es ihnen in globalisierten Märkten zunehmend schwerfallen würde, ihre Marktposition zu verteidigen.
Das ähnelt der Situation, in der sich heute Viessmann befindet. Der Mittelständler verkauft sein Kerngeschäft Klimalösungen mitsamt der zukunftsträchtigen Wärmepumpenproduktion für zwölf Milliarden Euro an den US-Konkurrenten Carrier. Es geht nicht um Abwicklung und Rückzug. Sondern darum, sich angesichts des gerade erst beginnenden Wärmepumpen-Booms neu in Stellung zu bringen.
Schon jetzt ist Viessmann in diesem Segment äußerst erfolgreich. Aber allein verfügen die Hessen nicht über so viel Finanzkraft und nicht so gigantische Produktionskapazitäten wie beispielsweise die asiatischen Konzerne Samsung oder Mitsubishi. Die warten nur darauf, den europäischen Markt mit ihren Produkten fluten zu können.
Die Eigentümerfamilie verkauft Viessmanns Kerngeschäft zu einer Zeit, zu der noch ein sehr guter Preis zu erzielen ist. Mit verfehlter Industriepolitik hat das nichts zu tun. Im Wärmepumpenmarkt steht ein harter Preiskampf bevor. Für die Verbraucher und die Klimawende ist das eine gute Nachricht. Die Mitarbeiter erhalten im Zuge des Verkaufs Boni sowie Job- und Standortgarantien. Das hätten Arbeitnehmer anderer Branchen auch gern.
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Kommentar Der Viessmann-Verkauf ist richtig
Dass der mittelständische hessische Heizungsbauer an einen US-Konzern geht, hat nichts mit verfehlter Industriepolitik zu tun, meint Thorsten Knuf