Kommentar Gerechte Verteilung

Alessandro Peduto meint, dass weitere Krisen-Hilfen nicht wieder an den Rentnerinnen und Rentnern vorbeigehen dürfen.

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Alessandro Peduto
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Russlands Krieg gegen die Ukraine lässt die Verbraucher- und Energiepreise in Deutschland weiter in die Höhe schnellen. Die Rekordinflation sorgt außerdem dafür, dass unser Leben immer teurer und teurer wird. Alle, die schon bisher wenig zum Leben hatten, bekommen die gestiegenen Kosten im Alltag am heftigsten zu spüren, ob im Supermarkt, im Baumarkt oder spätestens bei der nächsten Strom- und Gasrechnung.

Um weiter Abhilfe zu schaffen, hat Kanzler Olaf Scholz nun eine Einmalzahlung ins Gespräch gebracht. Sie soll von den Arbeitgebern an die Beschäftigten ausbezahlt werden. Im Gegenzug sollen die Gewerkschaften dann bei den kommenden Tarifrunden auf einen Teil der Lohnsteigerungen verzichten.

Das ist alles schön und gut. Nur: Diese Maßnahme bringt den rund 21 Millionen Rentnerinnen und Rentnern nichts. Sie sind nicht mehr im Berufsleben. Somit würden sie beim jüngsten Vorschlag des Kanzlers durchs Raster fallen und komplett leer ausgehen – schon wieder, muss man sagen. Denn bereits bei der Energiekostenzulage wurde die ältere Generation ausgenommen, was zu Recht für erheblichen Ärger bei den Ruheständlern sorgt. Dabei müssen auch sie für Strom und Gas deutlich mehr hinblättern als noch vor einigen Monaten, ohne dafür einen finanziellen Ausgleich zu bekommen.

Eine erneute Ungleichbehandlung bei der nun diskutierten Einmalzahlung muss die Ampelkoalition jedoch unbedingt verhindern. Es geht hier um eine zentrale Gerechtigkeitsfrage. Das sollte der Regierung klar sein – vor allem aber Olaf Scholz. Seine SPD hatte im zurückliegenden Bundestagswahlkampf mit Versprechen an die Rentnerinnen und Rentner gepunktet. Jetzt sollte der Kanzler die Älteren nicht vergessen. Ansonsten werden sie es ihm nämlich nicht vergessen.

Ohnehin wirft der jüngste Vorschlag von Scholz Fragen auf. Denn es gibt erhebliche Zweifel, ob tatsächlich jeder Beschäftigte eine solche Einmalzahlung benötigt. Wer gut verdient, kann sich die Teuerungen eher leisten und wird nicht gleich in wirtschaftliche Not geraten. Für diese Gruppe sind die derzeitigen hohen Preise zwar ärgerlich, aber durchaus noch verkraftbar.

Wer dagegen ein geringes Einkommen hat oder eine niedrige Rente bezieht, leidet momentan viel mehr unter den aktuellen Zusatzbelastungen und muss somit auch finanziell stärker unterstützt werden. Es wäre daher sinnvoll, die Hilfen gezielt jenen zur Verfügung zu stellen, die sie tatsächlich benötigen. Zumal das Geld, das der Staat für solche Entlastungen in die Hand nehmen kann, nicht in unendlichen Mengen vorhanden ist. Statt es großzügig in alle Himmelsrichtungen zu verteilen, sollte das Geld bei jenen ankommen, die darauf angewiesen sind. Und da zählen Menschen mit geringen Altersbezügen unbedingt dazu.

Zwar hat die Regierung mehrfach angekündigt, bei künftigen Entlastungen auch die Rentnerinnen und Rentner stärker einzubeziehen. Das Gleiche soll auch für Studentinnen und Studenten gelten, die bei der Energiezulage ebenso außen vor bleiben. Doch konkrete Vorschläge lassen bislang noch auf sich warten, während die Kosten im Alltag weiter steil ansteigen.

Es wäre ein wichtiges Signal, wenn die Politik hier schnell eine klare Zusage machen würde, statt die Betroffenen mit vagen Aussagen hinzuhalten. Das Argument, dass ja die Renten zum 1. Juli massiv steigen und damit Hilfe in Sicht sei, kann die Ampel jedenfalls einmotten. Längst ist klar: Das Rekordplus bei den Renten wird von der noch höheren Rekordinflation vollständig aufgefressen. Unterm Strich bleibt es für die Älteren bei einem Minus.

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