Erst allmählich wird das Ausmaß des Desasters rund um die Tunnelbaustelle bei Rastatt sichtbar. Noch ist die Ursache für das Absacken der Gleise unklar. Die Verantwortung für das Desaster fällt offenbar auf die ausführende Firma zurück. Das hilft der Deutschen Bahn aber wenig. Denn der Imageschaden durch wochenlangen Stillstand auf einer der befahrensten Strecken Europas geht mit dem Staatskonzern nach Hause.
Tagelang hat die Bahn den Eindruck vermittelt, dass ihr selbst das Ausmaß des entstandenen Schadens nicht klar war. Seit gestern ist nun offenkundig, dass viele Fahrgäste wochenlang mit massiven Einschränkungen leben müssen. Die Logistikfirmen suchen händeringend nach Alternativen für die Strecke, auf der sonst täglich bis zu 200 Güterzüge rollen. Wie ernst die Lage inzwischen eingeschätzt wird, zeigt der Plan, die millionenteuere Tunnelbohrmaschine aufzugeben und einzubetonieren, um den Fahrbetrieb darüber schneller wieder aufnehmen zu können. Bis dahin werden in dem Loch viele Millionen Euro auf Nimmerwiedersehen verschwinden.
Weil die Bahn - bewusst oder mangels ausreichender Analyse - die Lage lange verharmlost hat, sind viele Kunden verärgert. Über das Wochenende hatten viele von der Komplettsperrung nichts erfahren. Es entsteht der Eindruck, dass der Konzern auf solche Katastrophen schlecht vorbereitet ist. Dabei passieren auf Baustellen immer wieder Pannen. Wenigstens konnte durch eine schnelle Entdeckung eine Entgleisung verhindert werden. Als erste Lehre könnte das Unternehmen sein Krisenmanagement überprüfen.
Nicht zu beneiden ist die Bahn um all die Besserwisser, die gleich genau wissen, was falsch gelaufen ist. Ganz vorne marschieren da die Stuttgart-21-Gegner, die vor ähnlichen Erdrutschen bei den Stuttgarter Tunneln warnen. Dabei könnten die Unterschiede zwischen beiden Untergründen kaum größer sein: In Rastatt wühlte sich die Bohrmaschine durch sandige Schichten, in Stuttgart machen quellfähige Gipsschichten Sorgen.
Wohlfeil sind angesichts der massiven Schäden die Forderungen von Politikern, der Bahnvorstand müsse die Panne aufklären. Das ist eine Selbstverständlichkeit! Vorrang hat nun aber, dass die Strecke wieder flott gemacht wird. Zumindest da hat die Bahn gestern die Weichen richtig gestellt.
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Kommentar Millionenloch
Peter Reinhardt hält der Bahn bei dem Baustellen-Desaster an der Rheintrasse ungenügendes Krisenmanagement vor