Von wegen faul

Birgitta Stauber meint, dass man die junge Generation für gewisse Haltungen lieben sollte

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Birgitta Stauber
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Es gibt viele Meinungen zur Generation Z, und meistens sind nicht sehr positiv. Im Zentrum steht der Vorwurf, die jungen Männer und Frauen seien nicht mehr so belastbar, stattdessen vor allem auf ihre Work-Life-Balance bedacht – und durch die Pandemie irgendwie verkorkst. Über all diesen Eigenschaften schwebt dann noch der stark abwertende Begriff: faul.

Ein schwerer Vorwurf, oft kombiniert mit einer Art Mitleid, vorgetragen von der Elterngeneration, den Boomern, die kopfschüttelnd die schlechten Lebensbedingungen der Jugend bedauern – im Vergleich zu ihren. „Wie waren immer viele“, sagen sie gern. „Und das macht es nicht leicht.“ Aber das Leben sei doch bisher ganz okay gewesen. Wiedervereinigung statt Kriegstreiberei, Partys an jedem Wochenende, günstige Mieten, wachsende Gehälter und vor allem: eine ordentliche Rente, die sie sehr bald genießen können.

Der größte Unterschied zur Elterngeneration: Das, was sich unter dem Begriff „Sicherheit“ sammelt, haben junge Erwachsenen in der Regel nicht. Sie leben in einer Welt, die so gefährlich ist wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Dazu Klimawandel, Inflation, der drohende Renten-Crash. Und sie erleben, wie ihre ersten Gehälter von Horror-Mieten aufgefressen werden, währen die ältere Generation günstige – und große – Wohnungen blockiert. Wozu sich da also anstrengen? Dass dieses Fazit über die Haltung der Jugend oberflächlich ist, zeigt die Studie „Jugend in Deutschland“, die genau seziert, mit welchen Herausforderungen junge Menschen konfrontiert werden – und wie sie damit klarkommen.

Denn die Forscher kommen zu einem bemerkenswerten Schluss: Trotz der unsicheren Zukunft will sich die Jugend einbringen im Job, in der Familie, in der Gesellschaft. Die Frage ist nur, wie.

Ein Weiter-So ist jedenfalls nicht damit gemeint. Und deshalb stellen sie Forderungen, die ihre totale Berechtigung haben: Der Chef, der die Arbeit nicht wertschätzt? Die Überstunden nicht bezahlt? Die Chefin, die kein Feedback gibt und mit leeren Versprechungen arbeitet? All die Eigenschaften von Vorgesetzten, mit denen ältere Beschäftigte während ihrer gesamten Berufslaufbahn konfrontiert wurden, stehen auf dem Prüfstand.

Es setzt Arbeitgeber in Zeiten des Fachkräftemangels unter Druck, wenn ihnen selbstbewusst gesagt wird: Klar arbeite ich mehr. Aber das muss sich finanziell auch bemerkbar machen und obendrein sinnvoll sein und Spaß machen. Anders gesagt: Schluss mit der Ausbeutung. Für diese Haltung sollten wir alle die jungen Menschen lieben.

Noch ein Wort zum Rechtsruck: Der sollte hier weder überbewertet noch ausgeschlachtet werden. Darin spiegelt sich zum einen ein gesamtgesellschaftliches Problem wieder. Zum anderen eine Missachtung und Ignoranz der etablierten Parteien, denn sie haben die jungen Leute, die sich vor allem über Social Media informieren, sich selbst überlassen – und damit in die Hände der AfD gegeben.

Denn die in weiten Teilen gesichert rechtsextreme Partei hat als einzige erkannt, auf welchen Kanälen sie junge Menschen einfangen kann: YouTube, Instagram, TikTok. Konkurrenz? Gibt es kaum. Widerspruch? Viel zu selten. Ob die Union oder die Ampelparteien: Wenn sie endlich einsteigen in die Welt der Videoclips, der unmittelbaren Kommunikation, der Likes und Shares, wenn sie mithalten wollen, müssen sie sich anstrengen. Ein Kanzlerlächeln reicht als Erwiderung auf die AfD nicht aus.

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