Mannheim, Solingen, Magdeburg, Aschaffenburg und vermutlich München. Ein Attentat in unserer Stadt am 31. Mai 2024 markiert den Auftakt einer Reihe von grauenhaften Anschlägen, die das ganze Land nachhaltig erschüttert hat. Die Menschen in Deutschland sind wütend, verbittert und ja, auch verzweifelt wegen dieser Taten, die ganz unterschiedliche Hintergründe haben.
Die scheidende Bundesregierung nimmt kaum noch jemand ernst und die Menschen zetern über Politikerinnen und Politiker, die nach jeder neuen Tat dazu aufrufen, dass sich etwas ändern muss. Ohne, dass sie etwas ändern – oder Verantwortung übernehmen. Stattdessen befeuern sie eine längst vergiftete Migrationsdebatte, die sich zwischen rechter Hetze und linker Bagatellisierung bewegt.
Zehn Tage vor der Bundestagswahl, in diesem destruktiven politischen Klima, hat am Donnerstag der Prozess um die Mannheimer Messerattacke begonnen. Ein historischer Prozess für Mannheim und ein wichtiger, besonderer Prozess auch für den Rest Deutschlands. Warum?
Was den Mannheimer Fall von den anderen Morden in Solingen, Magdeburg und Aschaffenburg unterscheidet, ist zunächst, dass sich hier offenbar keine nennenswerten Versäumnisse der Sicherheitsbehörden abzeichnen. Sulaiman A. lief völlig unter dem Radar und seine Radikalisierung verlief unbemerkt. Das ist ebenso ernüchternd wie erschreckend. Aber das nur am Rande.
Dieses Verbrechen stellt einen Angriff auf Werte dar, auf denen unser demokratisches Zusammenleben basiert, das aber zunehmend ins Wanken zu geraten scheint.
Das wirklich Spezielle dieses Verfahrens liegt darin, dass es um eine Tat kreist, bei dem ein Mensch einen Angriff auf einem öffentlichen Platz verübt hat, auf dem die Meinungsfreiheit gilt - egal, ob diese geäußerte Meinungsfreiheit dem Einzelnen von uns passen mag oder nicht. Und er tötete einen Polizisten, der die Meinungsfreiheit schützen wollte - stellvertretend für uns alle.
Dieses Verbrechen stellt einen Angriff auf Werte dar, auf denen unser demokratisches Zusammenleben basiert, das aber zunehmend ins Wanken zu geraten scheint. Und deshalb ist es gut und richtig, dass dem mutmaßlichen Täter eben kein „kurzer Prozess“ gemacht wird. Dass über 50 Prozesstage anberaumt wurden, um jedes Detail dieses Verbrechens auszuleuchten, damit am Ende ein gerechtes Urteil steht.

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Eines kann dieser Prozess sicherlich nicht: eine Lösung in der Migrationsdebatte liefern. Das ist auch nicht Aufgabe der Justiz. Aber das Verfahren kann zeigen, wie gut unser Rechtsstaat, der auch Grundlage einer gelingenden Demokratie ist, funktioniert.
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Kommentar Warum es gut und richtig ist, dass Sulaiman A. kein „kurzer Prozess“ gemacht wird
Agnes Polewka begleitet den Prozess, der das Mannheimer Messerattentat juristisch aufarbeiten soll. Über Besonderheiten, Möglichkeiten und Grenzen des Verfahrens.