Zur Veranstaltung des Grünen-Abgeordneten Dr. Andre Baumann zur Geothermie wird uns geschrieben:
Welch ein Kontrast bezüglich der Bewertung der gut besuchten Veranstaltung zum Thema Tiefengeothermie am 31. März im Palais Hirsch. Auf der einen Seite wird im Kontext der Berichterstattung und der Publikumsresonanz ein durchweg positives Fazit gezogen. Beispielsweise konnten alle Anwesenden nach den Informationsvorträgen (erster Teil) in der späteren Diskussionsrunde (zweiter Teil) an verschiedenen Stehtischen ausführlich zu Wort kommen und Fragen individuell beantwortet werden. Als „gutes Format“ wird diese Kombination aus Vorträgen und Diskussion gelobt. Weitere Veranstaltungen dieser Art seien notwendig. Ebenso wird die „sehr gute Moderation“ des Grünen-Landtagsabgeordneten Dr. Andre Baumann hervorgehoben. Auch die Expertenvorträge haben ausführlich, verständlich und sehr überzeugend über die Chancen der Tiefengeothermie in unserem Raum informiert.
Auf der anderen Seite zeigt sich die Veranstaltungsrealität aus Sicht einiger Teilnehmer und Teilnehmerinnen nicht so euphorisch. So sind beispielsweise aus den Besucherreihen von Beginn an sporadisch immer wieder laute, ja teils verzweifelte Unmutsäußerungen zu vernehmen. Dass Dr. Andre Baumann in seiner Begrüßungsrede versichert, „die Sorgen der Menschen sehr ernst“ zu nehmen, sorgt für hilfloses Gelächter. Vor allem bei den bereits durch die Rüttelaktion geschädigten Hauseigentümern und der für sie nach wie vor ungeklärten Schadensregulierung.
Das von Prof. Dr. Eva Schill vom KIT Karlsruhe über 30-minütige Vorlesungsreferat (Expertin spricht, Anwesende hören passiv zu) erzeugt im Publikum Unverständnis, Kopfschütteln, Misstrauen, Widerspruch. Die Transferrelevanz von Forschungsergebnissen aus Reykjavik (Island) für die kurpfälzische Region mit ihren geologischen Besonderheiten des Oberrheingrabens, der ständige Vergleich mit der Mini-Geothermieanlage in Bruchsal im Verhältnis zu den geplanten Kraftwerksgrößen ist das eine. Die Ausblendung von realen Risiken, Fehlern und Schäden konkret vor Ort, die bei der Tiefengeothermie nachweislich auftreten können, sowie ungesicherte Annahmen über das geothermische Förderpotenzial zur Strom- und Wärmegewinnung das andere.
Viel Gehörtes schreit nach Aufklärung. Duldet keinen Aufschub. Drängt ins Publikum. Doch Zwischenfragen sind in konzeptioneller Hinsicht unerwünscht und werden mit Verweis auf die Stehtisch-Methode resolut abgeblockt. So muss sich ein Großteil des Publikums weder mit- noch ernst genommen fühlen. Vielmehr komplett ausgebremst und immer irgendwie aufs Ende vertröstet. Wer nicht ganz gefühllos und ideologisch voreingenommen ist, dürfte spüren: Zurück bleibt ein gleichfalls irritiertes, ratloses, gespaltenes Publikum. Und das bei einer Jahrhundertaufgabe, wo im Zuge des Klimawandels möglichst viele, auch bei individuellen Anliegen, gemeinsam an einem Strang ziehen können und sollten.
Lässt sich so ein Veranstaltungskonzept als vorbildliches Dialogforum anpreisen? Aus Sicht der modernen Erwachsenenbildung wohl eher: Nein.
Eine Veranstaltung, die sich der Komplexität wie Emotionalität der Tiefengeothermie bewusst ist, achtet darauf, dass sich alle Anwesenden, ob Befürworter oder Gegner, aktiv einbringen und gleichberechtigt austauschen können. Erwachsenendidaktisch betrachtet, bräuchte es, mit Blick auf weitere Veranstaltungen, einen Neustart, eine konstruktivere Balance zwischen Disziplin und Flexibilität, Informieren und Diskutieren, persönlichen Anliegen und gemeinschaftlichen Interessen. Patentlösungen gibt es keine – wohl aber eine Vielzahl an dialogförderlichen Ablaufverfahren und Moderationstechniken, um die verschiedenen Perspektiven (Politik, Wissenschaft, Unternehmen, Anwohner) wenigstens ein Stück weit nachvollziehbarer, transparenter und zufriedenstellender miteinander ins Gespräch zu bringen. Nicht belehrend, sondern als praktisches Anschauungsbeispiel gedacht.
Hierzu eine skizzenhafte Veranstaltungsszenerie in enger Anlehnung an das zuvor problematisierte Drei-Stunden-Format.
Vorsorgephase: Anstatt einer rein inhaltlichen, personalen Vorankündigung sollte die Pressemitteilung 14 Tage vorher auch für Ziele, Ablauf und Schwierigkeiten der Veranstaltung sensibilisieren. Als Service wird ein Online-Kontakt bereitgestellt, um relevante Informationen zum Selbststudium beziehen zu können.
Eröffnungsphase: Anstatt einer grünen Gesinnungseinstimmung im Erzählmodus sollte eine zielführende, ablauforientierte kurze Anmoderation (maximal zehn Minuten) erfolgen. Plus Hinweis ans Publikum: Das Thema „Schadensregulierung“ wird explizit diskutiert.
Vortragsphase: Anstatt vorlesungsartigen Megamonologen sollten impulsartige Minivorträge (je Vortrag maximal 15 Minuten) sich auf zentrale Sachverhalte, Erkenntnisse und Ergebnisse konzentrieren. Ein „Muss“ ist der immerwährende Bezug zur lokalen Region und zum gesamten Publikumskreis.
Austauschphase: Anstatt Frage- und Diskussionsverbot beziehungsweise die Vertröstung auf später sollten in Blitz-Aussprachen (je Vortrag maximal 20 Minuten) Verständnisfragen zum Vortrag sofort geklärt und Argumente ausgetauscht werden. Diese Phase ist kein Anhängsel an den Vortrag, sondern aktive Beteiligung des Publikums.
Ventilphase: Anstatt unliebsame Themen zu unterdrücken, wird Reflexions- und Diskussionsraum für „heiße“ Themen (je Thema 25 Minuten) zur Verfügung gestellt. Gesetzt ist das Thema „ungeklärte Schadensregulierung“. Je nach Zeit und Bedarf kann ein weiteres „heißes“ Thema mittels Publikumsapplaus ausgewählt und ehrlich diskutiert werden.
Plenumsphase: Statt das Publikum mit seinen Eindrücken allein zu lassen, erfolgt eine gemeinsame Abschlussrunde (maximal 20 Minuten). Nach einer knappen inhaltlichen Zusammenfassung des Moderators können kurze Statements aus dem Publikum geäußert und mit Blick auf die Informationen bilanzierend eingeordnet werden.
Singlephase: Die mithilfe von Experten durchgeführte Einzelberatung an Stehtischen ist grundsätzlich eine hervorragende Idee. Orientierungsgebend könnte eine Einteilung der Stehtische sein, zum Beispiel in: Politik, KIT Karlsruhe, Geohardt, MVV, Versicherungspraxis (30 Minuten oder Open End).
Nachsorgephase: Wieder mithilfe des Online-Kontakts können interessierte Bürger und Bürgerinnen weiteres Material zur Vertiefung herunterladen und reflektieren.
Sind moderationsdidaktisch basierte Veranstaltungsformate ein Allheilmittel? Nein. Können auch solche Veranstaltungen kommunikativ aus dem Ruder laufen? Ja.
Warum sich dann in der Erwachsenenbildung noch mehr Professionalität auf Veranstalter- wie auf Publikumsseite zumuten? Weil wir alle Verantwortung für die Gegenwart haben und wir alle wieder Lust auf eine enkelfähige Zukunft bekommen wollen. Dr. Roland Ullmann, Schwetzingen
Da sind viele Fragen offen
Die Wissenschaftlerin des KIT hat in ihrem Vortrag eindrucksvoll aufgezeigt, dass bei der umstrittenen Geothermietechnik noch viele Forschungsfragen offen sind. Beispielsweise ist noch völlig ungeklärt, wie mit der höchst giftigen Flüssigkeit zu verfahren ist, die an die Erdoberfläche befördert wird. Versuch und Experiment waren häufig gebrauchte Worte in der Präsentation.
Der Eindruck von Serienreife und erprobter Technologie wurde aus meiner Sicht eher weniger erweckt. Dass eine allgemeine Diskussion im Plenum vom Gastgeber gar nicht erst gestattet wurde, in der die wichtigsten Fragen der Bürger gerade zur Situation in der Kurpfalz besprochen werden konnten, das ließ den Gastgeber jedenfalls nicht gerade souverän erscheinen. Und zum Bild mit dem Hosenträger und Gürtel: Beides nützt wenig, wenn man blank dasteht.
Professor Dr. Lothar Nadler,
Schwetzingen
Eine reine Propagandashow
Dr. Baumann hat einmal mehr vergeblich versucht, die Infoveranstaltung „Wärmewende und Tiefen-geothermie in der Kurpfalz“ als reine Propagandashow zu nutzen. Brainwashing – gespickt mit Fake News – um das desaströse Image der Tiefengeothermie aufzubessern, das wäre der passendere und ehrlichere Titel dieser Veranstaltung gewesen.
Interessierte und engagierte Bürgerinnen und Bürger, die sich „nicht länger für dumm verkaufen lassen werden, standen aufgrund der viel zu klein gewählten Räumlichkeit vor verschlossener Türe und durften der Veranstaltung gar nicht erst beiwohnen. Die sehr große und bekannte Anzahl der Geschädigten hätte den Saal vermutlich alleine schon gefüllt. Ich dachte zuerst an einen schlechten Aprilscherz, aber es war ja erst der 31. März.
Somit war die falsche Wahl der Lokation laut Aussage vieler der Anwesenden, entweder eine gewollte „Fehlplanung“, um kritische Stimmen auf Distanz zu halten, oder „es ist einfach wieder einmal, völlig überraschend nur blöd gelaufen“. Die Verantwortlichen haben offenkundig absolut noch immer keine Ahnung oder ein Interesse daran zu erfahren, wie die Bevölkerung mittlerweile zur Tiefengeothermie eingestellt ist. Ergo, der Widerstand wächst täglich weiter stark an.
Für die große Mehrheit der anwesenden Personen sind die zahlreichen Infovorträge – zumindest ich bin fast eingeschlafen – nicht der eigentliche Grund ihres Besuches gewesen.
Vielmehr, die sehr seltene Möglichkeit wichtige und notwendige Fragen an die Verantwortlichen persönlich, also „Face to Face“ stellen zu können. Dies ist auch meine Intension gewesen.
Kritische Zwischenfragen blieben aber im „großen Saal vor vollem Publikum“ unbeantwortet und sollten später nebenan an kleinen Stehtischen beantwortet werden. So das Konzept des Veranstalters.
Das Ganze erinnerte mich ein wenig an meine Grundschulzeit, wenn der Lehrer versuchte, etwas zu erklären, obwohl er selbst darüber kein Wissen hatte und daher Fragen hierzu ablehnte. Für mich und die große Mehrheit nicht überraschend, da den Bürgerinnen und Bürger im Palais Hirsch offensichtlich keine große Bühne für „unbequeme Fragen“ geboten werden sollte.
Muss ja nicht jeder hören, dass die Region wie ein Schweizer Käse für das weiße Gold Lithium durchlöchert werden soll, alle paar Kilometer ein Geothermiewerk geplant ist – und das, obwohl bereits zahlreiche Störfälle aufgetreten und bekannt sind. Von Kommunikation und Schadensregulierung ganz zu schweigen – denn die sind eine einzige Katastrophe. Und als massiv Geschädigter weiß ich ganz genau, wovon ich schreibe.
Mittlerweile zieren unzählige rote Pfeile meinen Kellerboden, um die Richtung der neuen und wandernden Risse zu dokumentieren. Diese wurden vom Gutachter im Auftrag von Geohardt bei seinem zweiten Besuch angebracht. Ein dritter Besuch soll noch folgen.
Dr. Baumann, den ich anschließend im Nebenraum umringt von mehreren Personen mit meinen Fragen und ausgedruckten „Horrorbildern mit Vorher- und Nachher-Vergleich konfrontiert habe“, hat mich daraufhin gebeten, ihm eine Vor-Ort-Besichtigung zu ermöglichen.
Seinem Wunsch habe ich entsprochen und mittlerweile einen Termin für den 28 April – also über drei Monate nach dem Schadensereignis – vereinbart. Ein sehr spätes, aber gutes Signal, wie ich hoffe, denn alleine das Ergebnis zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger unserer schönen Stadt Schwetzingen zählt.
Fazit: Märchenstunde mit einem Konzept, das für den Veranstalter nicht aufging. Der große Widerstand kritischer und besorgter Bürgerinnen und Bürger ist mittlerweile auch bei den Verantwortlichen angekommen. Ich bin gespannt, wann unser Stadtvater Pöltl, den ich hiermit ebenfalls zu einer Vor-Ort-Besichtigung herzlich einlade, auf die Ereignisse reagieren und sich zum Wohle seiner „Schwetzinger Bevölkerung“ einsetzen wird. Das ist der Job eines Stadtvaters – dafür wird er gewählt und „kurfürstlich“ bezahlt. Volker Engelfried, Schwetzingen
Wir sind sehr enttäuscht
In der vergangenen Woche war ich bei der Geothermieveranstaltung von Andre Baumann im Palais Hirsch. Meine Frau und ich hatten viel erwartet, wir wurden aber enttäuscht: Nach den Vorträgen gab es keine Fragerunde. Die Diskussion sollte an Stehtischen mit Experten stattfinden. An den Stehtischen war aber keine Diskussion erwünscht, mit Verweis auf die vielen anderen Leute, die warten und auch noch eine Frage stellen wollten. Ich war schon bei vielen politischen Veranstaltungen, so was habe ich aber noch nie erlebt.
Bei den Vorträgen gab es einen Lichtblick. Nach dem Vortrag von Dr. Baumann mit einer Floskel nach der anderen, sprach Professorin Schill vom KIT Karlsruhe. Sie sagte zwar, dass die Geothermie Potenzial hat, aber aufgrund der geringen Fließgeschwindigkeiten wegen der Erdbebengefahr gehe das zulasten des Ertrags.
Dr. Baumann präsentiert seit Jahren die Tiefengeothermie als die Lösung unsere Probleme. Kurz vor der Veranstaltung hieß es, dass die Tiefengeothermie höchstens 30 Prozent des Kohlekraftwerks ersetzen kann. Nun vielleicht doch noch weniger. Professorin Schill machte auch darauf aufmerksam, dass das Münchner Molassebecken nicht mit dem Oberen Rheingraben zu vergleichen sei. Denn hier ist die Seismizität viel höher.
Damit widerspricht sie dem Geohardt-Experten Koelbel, der beim Besuch des Oftersheimer Gemeinderats im Geothermiekraftwerk Bruchsal behauptete, dass unser Gebiet weitgehend seismisch inaktiv sei (SZ-Ausgabe vom 30. März).
Professorin Schill verwies bei ihrem Vortrag übrigens auch auf die Geothermieanlage in Bruchsal. Sie sei viel kleiner und viel leistungsschwächer als jede geplante Anlage. Ich frage mich als Bürger, warum der Oftersheimer Gemeinderat dann ausgerechnet dahin fährt.
Alles in allem war Dr. Baumanns angekündigte Geothermieinfoveranstaltung in Wahrheit eine Werbeveranstaltung. Dazu passt, dass der Artikel für die Zeitung von seinem Büro geschrieben wurde. Politiker können natürlich selbst Pressemitteilungen verfassen, allerdings ist gerade bei einer solch kontroversen Veranstaltung die Frage erlaubt, ob es sinnvoll ist, dass diese Werbeveranstaltung im Nachhinein als Informationsveranstaltung getarnt wird.
Dr. Baumann ist übrigens der einzige Abgeordnete, der nach einer Bürgersprechstunde eine Pressemitteilung schaltet. Wie sinnentstellend dies war, offenbart der Artikel am 20. März – eine Frau, die die Sprechstunde besucht hat und die ich im Palais Hirsch kennengelernt habe, schilderte mir einen ganz anderen Verlauf. Das ganze Problem ist, dass Politiker mit Menschen umgehen müssen, Aktivisten aber nicht. Anders lassen sich diese verzweifelten Pressemitteilungen nicht deuten. Ich würde mir in Zukunft wünschen, dass Bürgerinnen und Bürger ernst genommen werden. Eine Kostprobe? Die Zufallsbürger stellten ihre Ergebnisse zur Geothermie vor – Bürger waren aber nicht einmal zur Präsentation eingeladen.
Die Bürgerinnen und Bürger in Waghäusel haben die Tiefe Geothermie mit 72,9 Prozent abgelehnt – trotzdem will die Deutsche Erdwärme nun auf einem anderen Grundstück in Waghäusel bohren. Von Dr. Baumanns Pseudo-Diskussionen, die in Wahrheit Werbeveranstaltungen sind, habe ich schon gesprochen.
Mehr Information – weniger Werbung, mehr Inhalt – weniger Show, das würde dem Grünen-Politiker guttun.
Sascha Georgi, Schwetzingen