Nazis töten – weil es stimmt

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Zum bei der Demo in Schwetzingen auf den Kleinen Planken hochgehalte-nen Schild „Nazis töten“ heißt es:

Am Samstag der Demo sorgten Plakate, die mein Bruder und ich gegen Rechtsextremismus in Schwetzingen hochhielten, für Empörung und Diskussionen. Nach etwa fünf Minuten bat mich ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes darum, ihm mein Plakat zu geben, da sich jemand darüber beschwerte. Auf der einen Seite des Plakats stand „CDU halt’s Maul“ geschrieben, auf der anderen Seite „Nazis töten“.

Der Mann erklärte mir, es ginge mehr um den ersten Slogan. Zugegebenermaßen hätte ich mich netter ausdrücken können, vielleicht mit „CDU sei leise“. Denn „Auch CDU-Mitglieder nahmen an dem rechtsextremen Geheimtreffen in Potsdam teil, dessen Aufdeckung Auslöser der deutschlandweiten Demonstrationen gegen Rechtsextremismus ist“, das konnte aber nicht in verkürzter Form auf das Plakat passen. Die andere Seite des Kartons mit dem Slogan „Nazis töten“ holte ich mir kurze Zeit später wieder. Nach einem Beschluss vom Amtsgericht Bielefeld aus dem Jahr 2020 wurde dieser Slogan als nicht rechtswidrig erachtet. Wie Jürgen Gruler am 19. Februar bereits korrigierte, stand auf unseren Plakaten „Nazis töten“, nicht „Tötet Nazis“, wie Stefan Kern zuvor annahm und in seinem Artikel als für ihn „niederschmetternd“ beschrieb. Wir hoffen, dass ihr Wohlbefinden während ihrer „kleinen demokratischen Sternstunde“ nicht allzu sehr beeinträchtigt wurde.

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Mehrmals wurden wir von Personen angesprochen, die mit uns den Dialog suchten. Fast alle waren sich der Zweideutigkeit der Aussage bewusst und nahmen sie dennoch als negativ wahr. Manche schlugen alternative Formulierungen vor: „Nazis haben getötet“ oder „Nazis töten andere“. Dabei kann man es doch viel kürzer auf den Punkt bringen, vor allem in einer Gesellschaft, die rechtsextremen Terrorismus nicht nur des Öfteren als Einzeltaten bagatellisiert, sondern auch weiterhin die Aufklärung und das Aufarbeiten von Fällen rechter Gewalttaten und Tötungsdelikten nicht als Priorität ansieht.

Zeitgleich zur Kundgebung in Schwetzingen fand in Hanau eine Veranstaltung statt, die an den rassistischen Anschlag vor vier Jahren erinnert, bei dem neun Mitbürger und Mitbürgerinnen aufgrund ihrer migrantischen Wurzeln getötet wurden. Neben Dessau, Halle, Mölln und dem NSU ist dies einer von vielen Beweisen dafür, dass Nazis töten.

Laut der Amadeu Antonio Stiftung gab es mindestens 219 Todesopfer allein seit 1990. Wir verstehen, dass es einigen Demonstrierenden in Schwetzingen, so wie der Schwetzinger Zeitung mit unseren Plakaten zu weit ging. Doch wir würden uns wünschen, dass sich mehr Menschen darüber aufregen, dass Nazis töten als über ein Plakat, das theoretisch als Gewaltaufforderung gegen Nazis interpretiert werden könnte.

Lucy Rudolph, Mannheim