Schwetzingen. „Erich Kästner stellte fest: Die Ereignisse von 1933 bis 1945 hätten spätestens 1928 bekämpft werden müssen. Später war es zu spät“, zitiert Florian Reck gegen Ende seiner Rede auf dem Schlossplatz Schwetzingen. Die Menschenmenge jubelt. Der Vertreter des Bündnisses für Demokratie und Vielfalt Kurpfalz ruft mit bewegter Stimme in das Mikrofon: „Heute wissen wir, 1928 ist jetzt! Nie wieder ist jetzt!“
Unter dem Titel „Keine Räume für rechte Hetze“ riefen das Offene Antifaschistische Treffen (OAT) Mannheim und die Antifaschistische Initiative Heidelberg zum Demonstrieren auf. Anlass war ein Bürgerdialog mit dem AfD-Bundestagsabgeordneten Marc Bernhard aus Karlsruhe und Malte Kaufmann aus Heidelberg, der anschließend im Schwetzinger Palais Hirsch stattfand.
„Dank der anhaltenden Proteste kann die AfD seit Jahren nicht ungestört in Mannheim auftreten und hat massive Schwierigkeiten an Räumlichkeiten zu kommen, um Wahlkampf zu betreiben. Nun weicht sie daher nach Schwetzingen aus“, vermutet der Mitorganisator der Demonstration, Ben Edenhofer vom OAT Mannheim in einer Vorankündigung. Kurz vor 18 Uhr marschierten die beiden Gruppen gesammelt auf den - bis dahin schon gefüllten - Schlossplatz Schwetzingen.
Der Widerstand gegen die AfD-Veranstaltung kam nämlich nicht allein von außerhalb. Auch die ortseigenen Gegner der Rechtspopulisten mobilisierten erfolgreich in ihren Reihen. Der Gemeinderat Schwetzingen hatte im Vorhinein betont: „Für uns ist es gelebter Konsens, jeglichen Bestrebungen entgegenzutreten, die darauf abzielen, unsere demokratischen Institutionen zu untergraben“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.
Insgesamt seien nach Angaben der Polizei ungefähr 200 Demonstranten vor Ort gewesen. Der Veranstalter schätzt ungefähr 250 Personen, die sich gegen den Bürgerdialog formierte.
Ein starkes Bündnis für Demokratie und Vielfalt
Nach einer kurzen Begrüßung eines Vertreters des OAT Mannheim und der Antifaschistischen Initiative Heidelberg, begann Florian Reck, Vertreter des Bündnisses für Demokratie und Vielfalt Kurpfalz, die Kundgebung mit einem Redebeitrag. Eigentlich hätte das Bündnis, das an diesem Tag auch durch Patrick Alberti und Vanessa Seidel vertreten wurde, eine eigene Gegenveranstaltung organisieren wollen, erklärt Reck. Die Idee sei allerdings mit Verweis auf die Sondernutzungssatzung des Schlossplatzes vom Ordnungsamt untersagt worden. Was der Bündnisvertreter vom Verbot der Behörde hält, lässt er in seiner Rede durchblicken: „Wenn es möglich ist, demokratisches Miteinander auf dem Vorplatz des Palais Hirsch mit Verweis auf die Nutzungsordnung zu beschränken, dann ist es auch möglich anti-demokratische Veranstaltungen im Palais Hirsch zu verhindern.“
Gegenüber dieser Zeitung konkretisiert Reck: „Wir wollten eigentlich eine lange Reihe mit Informationsständen aufbauen, um den Menschen echte Alternativen zur AfD zu präsentieren.“ Allerdings lasse die Sondernutzungssatzung keinerlei Infostände auf dem Schlossplatz zu, so Reck. „Nach langer Diskussion haben wir uns dann entschieden, dem Aufruf der Mannheimer und Heidelberger Antifa-Gruppen zu folgen. Wir wollen zeigen, dass nicht nur die umliegenden Städte in Opposition zur AfD stehen. Auch Schwetzingen steht geschlossen gegen die Partei.“ Trotzdem sei es dem Bündnis schwergefallen, sich an die Seite der Mitstreiter zu stellen. „Wir hatten die Sorge, dass die Organisatoren eher abschrecken“, begründet der Vertreter. Dafür entschieden hätten sich die Demokraten, weil sie „lieber mit Leuten Seite an Seite stehen, die mal über das Ziel hinausschießen, als mit denen, die das Ziel gar nicht sehen“, sagt Florian Reck, der seine Einstellung auch während seiner Rede aufzeigt.
Polizeipräsenz und demokratisches Engagement bei der Kundgebung in Schwetzingen
Als ein AfD-Anhänger - geschützt von ungefähr 25 Polizisten - auf Recks Ruf „Kein Recht auf rechte Hetze“, die lautstarken Worte „Auch keine linke Hetze“ erwidert, kontert Florian Reck: „Hier sind heute Menschen aus allen demokratischen Lagern, nicht nur Linke!“ Dies sei für die Gruppierungen aus der linken Szene kein Problem, bestätigt deren Sprecher, der nur Lukas genannt werden möchte: „Bei unserer Kundgebung ist jeder willkommen, der sich gegen Rechtsextremismus stark machen möchte, egal aus welchem Lager.“
Tim Schnell, ein Vertreter der Antifaschistischen Initiative Heidelberg, sagte in seinem Redebeitrag, dass die AfD finanzielle und kulturelle Ungleichheit fördern würde. Zudem sei ihm wichtig, dass es keine Lösung ist, wenn die Regierung nun selbst nach rechts rücke. „Wenn die Ampel Positionen der AfD übernimmt, dann ist das nicht besser, wir müssen gegen die Positionen Widerstand leisten.“
Eine Meinung, die auch Ben Edenhofer vom OAT Mannheim teilt: „Wenn Scholz Abschiebungen im großen Stil fordert, sammelt er die Wählerstimmen, das kann nicht die Lösung sein.“ Da auch die Polizei ein Problem mit Rechtsextremismus in ihren Reihen habe und der Staat nicht gewillt sei, die Probleme zu lösen, seien nun die Bürger in der Pflicht, gegen Rechtsextremismus zu kämpfen, findet Edenhofer.
Schwetzinger und Personen aus der nahen Umgebung bei Demo gegen Rechts
„Wir sind ganz normale Schwetzinger Bürger, die zeigen wollten, dass sie gegen die AfD sind“, erklärt Demonstrationsbesucherin Petra Reis. Ulrich Bartmann und Ingrid Wächter seien extra aus Philipsburg angereist: „Die AfD ist eine Gefahr für unsere Demokratie. Das kann jeder erkennen, der das Programm liest. Wir sind da, um die Demokratie zu verteidigen“, sagt Wächter.
Helmut Kuhn, ein Bürger aus der Region, erinnert sich: „Mein Großvater wurde von den Nazis zu Tode verurteilt. Die jungen Leute wissen das vielleicht nicht mehr, aber es fing genauso an. Die Rechten verrohen Gesellschaft und Sprache. Solchen Menschen wollen wir in Schwetzingen keine Bühne bieten.“
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