Zum Artikel „Ring arbeitet an Nachhaltigkeit“ in der SZ-Ausgabe vom 12. Mai wird uns geschrieben:
Vor kurzem stieß ich auf den oben genannten Artikel, in dem es hieß, der Hockenheimring setze ein Zeichen für Nachhaltigkeit und werde deshalb für sein Umweltmanagement von der Dekra mit einem Zertifikat nach DIN EN ISO 14001:2015 ausgezeichnet. Wenn man dann liest, dass sich ein gewisser Dr. Krökel (Geschäftsführer Dekra Certification) freut, dem Hockenheimring, mit dem die Dekra schon lange im Rahmen ihres DTM-Engagements partnerschaftlich verbunden ist, dieses Zertifikat verleihen zu dürfen, kann man sich vorstellen, wie die Auszeichnung zustande gekommen ist.
Wie viele Menschen wissen, sind solche Zertifikate, die von Vereinen wie TÜV oder Dekra ausgestellt werden, meist nicht das Papier wert, auf dem sie geschrieben stehen und dienen hauptsächlich als Verkaufsargument oder spiegeln Tatsachen vor, die oftmals, so wie in diesem Fall, sehr abwegig erscheinen. Auf jeden Fall hatte ich die letzten Tage den Eindruck, dass die Anwohner des Rings ab sofort wieder überaus nachhaltig von morgens bis abends beschallt werden.
Da nehmen es unsere „Schweizer Freunde“ (hier in Gestalt der kr-motorsports GmbH) in ihrem eigenen Ländle doch sehr auf Umwelt, Nachhaltigkeit und Lärmvermeidung bedacht, gar nicht mehr so ernst mit Selbstbeschränkung in Sachen Lärm, wie es doch die soeben für diese Dinge geadelte Rennstrecke tut. Nein, da wird ein Event der lautesten Kategorie (Lärmklasse A) gebucht und auf der eigenen Webseite noch mit dem Zusatz „Ohne Lärmbegrenzung“ beworben.
Ohnehin ist allein die Tatsache, dass ein solches Event auf dem Hockenheimring angeboten und vermarktet wird, eine unverfrorene Rücksichtslosigkeit, sowohl vonseiten des Managements des Ringes, als auch von unserem Oberbürgermeister den Bürgern gegenüber, die einfach nur einigermaßen normal leben wollen. Nein, OB Zeitler, es fühlen sich nicht nur einige wenige, die Sie gerne mal „manche Bürger“ nennen, von dem Lärm gestört, sondern es hat sich bei vielen eine gewisse Resignation breit gemacht.
Und was ist, wenn man unsere gewählten Volksvertreter im Landtag befragt? Die Herren Sturm (CDU), Born (SPD) und Baumann (Grüne) glauben tatsächlich noch, dass hier die Mobilität der Zukunft weiterentwickelt wird. Wie das bei vielleicht zwei Veranstaltungen im Jahr, bei der E-Mobilität eine Rolle spielt, funktionieren soll, ist mir persönlich schleierhaft. Oder glauben unsere Politiker, dass durch Veranstaltungen, wie die oben erwähnte, bei der einige, wahrscheinlich betagte, Herren auf ihren noch betagteren Autos im Kreise herumtoben und öffentlich wertvolle fossile Brennstoffe vergeuden, irgendwelche Fortschritte bei den wichtigen Fragen zu Klima und Energie erzielt werden? Kleiner Tipp an die Herren Abgeordneten – durch einen Blick auf den Motodrom-Eventkalender kann man relativ leicht herausfinden, welche Art von Event hier meistens stattfindet.
Daniel Born gibt sogar zum Besten: Hockenheim sei die „schnellste und rockigste Stadt Deutschlands“. Wenn er damit meint, dass es hier keinerlei Geschwindigkeitsüberwachung gibt (Ausnahme: Zwei „Starenkästen“, die schon Methusalem hat stehen sehen), und in der Stadt wohl kein einziges Schild mit der Aufschrift „Lärmschutz“ steht, muss ich ihm recht geben.
Fast hätte ich das Schild am Friedhof mit der Aufschrift „freiwillig 40“ vergessen – einfach nur lächerlich. Bezeichnend für die Bürgernähe bei zwei der drei Befragten war für mich die Tatsache, dass in ihren Antworten, die Hockenheimer Bevölkerung, die diesen Zustand ertragen muss, keine Erwähnung fand. Bleibt mir nur zu wünschen, dass nicht nur im Motodrom Schutzzonen zum Artenerhalt errichtet werden, sondern dass auch Wohngebiete als Schutzzonen für die „Spezies Mensch“ anerkannt werden.
Abschließend möchte ich noch bemerken, dass es wohl nicht so schwierig sein kann, behördliche Vorschriften stringent einzuhalten, wenn die Betriebserlaubnis fürs Motodrom aus dem vorigen Jahrhundert stammt – doch hier müssten ja unsere Politiker ins Spiel kommen.
Claus Güppner, Hockenheim