Amtsgericht Schwetzingen

Betrug beim Altlußheimer Sportschützenverein: Mit Waffe sich größer gemacht

Das Schöffengericht des Amtsgerichts Schwetzingen verhandelte gegen einen 39-Jährigen, dem die Staatsanwaltschaft Betrug zum Nachteil des Sportschützenvereins Altlußheim vorgeworfen hatte.

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Volker Widdrat
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Um eine Handfeuerwaffe der Marke Walther PPQ, wie sie auf unserem Symbolbild zu sehen ist, ging es in dem Prozess vor dem Amtsgericht. © dpa

Altlußheim. Das Schöffengericht des Amtsgerichts Schwetzingen verhandelte gegen einen 39-Jährigen, dem die Staatsanwaltschaft Betrug zum Nachteil des Sportschützenvereins Altlußheim vorgeworfen hatte. Angeklagt war auch unerlaubter Waffen- und Munitionsbesitz. Der gebürtige Berliner soll Anfang 2020 versucht haben, sich in den Besitz einer Großkaliberpistole Walther PPQ zu bringen. Dabei soll er die Waffe, die in einem verschlossenen Koffer im gesicherten Tresor des Sportschützenvereins gelegen hatte, durch eine täuschend echt aussehende Paintball-Pistole ausgetauscht haben.

Die echte Waffe war bei einer Wohnungsdurchsuchung gefunden worden, ebenso eine große Menge an Munition verschiedenen Kalibers und einige Dekowaffen. Der verheiratete Vater von zwei Kindern lebt getrennt von seiner Familie. Er sei zwölf Jahre Fallschirmjäger bei der Bundeswehr gewesen und habe danach im Bereich Sicherheitstechnik gearbeitet, sagte er aus. Er habe die Pistole bezahlt und bei den Sportschützen einschließen lassen.

Der 39-Jährige, der keine Waffenbesitzkarte und die Fortbildung zur Waffensachkunde noch nicht bestanden hatte, wollte die Walther PPQ bei einem Jagd- und Schießsportzentrum in Östringen bestellt und dort gemeinsam mit dem Hauptschießleiter des Vereins abgeholt haben. Er hatte damit schießen können, eingetragen war die Pistole aber auf die Waffenbesitzkarte des Sportschützenvereins. Er habe befürchtet, dass die Walther abhandenkommen könnte, „deshalb habe ich noch zusätzlich ein eigenes Schloss an den Koffer gemacht“, meinte er vor Gericht.

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Der 52-jährige Schießleiter sagte aus. Der Beschuldigte sei seit 2018 Mitglied gewesen, habe sich im Verein eingebracht und hauptsächlich mit der Walther geschossen: „Ich habe die Waffe mit ihm abgeholt und dann ins Schützenhaus gebracht. Nur der Angeklagte habe damit schießen dürfen: „Nur zu den Schießzeiten und unter Aufsicht.“ Während der Corona-Pause hätten sämtliche Waffen überprüft werden sollen, dabei habe man festgestellt, dass die Walther fehlte. Daraufhin habe man die Polizei informiert.

Ein 59-jähriger Polizeibeamter des Reviers Hockenheim berichtete von der Wohnungsdurchsuchung mit der Hundeführerstaffel und mehreren Streifenbeamten. Der Beschuldigte sei zuerst nicht zu Hause gewesen und habe auch nicht beikommen wollen. Die Beamten hätten einen kleinen Tresor mitgenommen. Man hätte aber in einem offenen Schrank viel Munition gefunden.

Der 39-Jährige hatte nicht nur dem Sportschützenverein Märchen aufgetischt, sondern auch gegenüber seiner damaligen Freundin geprahlt. So soll er sich als Mitglied des Kommandos Spezialkräfte (KSK) in Calw ausgegeben haben. Der Mann war weder zwölf Jahre als Fallschirmjäger beim Bund, noch hatte er jemals Auslandseinsätze, stellte das Gericht am zweiten Verhandlungstag fest. Bei der Stadt Hockenheim hatte man ihm den „Kleinen Waffenschein“ verweigert.

Der 27-jährige Juniorchef des Waffenhandels in Östringen präsentierte Rechnung und Lieferschein. Der Angeklagte sei nicht in der Kundenkartei gewesen. Die Pistole sei auf die Waffenbesitzkarte des Vereins eingetragen worden.

Eine 32-Jährige, die den Angeklagten über eine Singlegruppe kennengelernt hatte, erzählte von dubiosen Äußerungen. Zunächst habe sie nicht näher nachgefragt: „Ich war verliebt, hatte eine rosarote Brille auf und habe ihm vertraut.“ Als der Angeklagte ihr aber Bilder von Schusswaffen und Vollmantelgeschossen geschickt habe, „hat es mir Angst gemacht“. Als sie die kurze Beziehung beendet habe, habe er ihr gedroht: „Der Militärische Abschirmdienst wird auf dich aufmerksam und an dir dranbleiben.“ Ein Verfahren gegen den 39-Jährigen war damals eingestellt worden.

Mehrfach vorbestraft

Der Mann ist vierfach vorbestraft wegen Veruntreuung von Arbeitsentgelt. Erste Staatsanwältin Sandra Utt sah den Tatvorwurf bestätigt. Der Angeklagte sei ein Waffennarr und nehme es mit der Wahrheit nicht so genau. „Er muss die Pistole ausgetauscht haben“, erklärte sie. Die Zeugin müsse wohl eine echte Walther gesehen haben. „Mit krimineller Energie machen Sie sich größer als Sie sind“, forderte sie eine Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt werden könnte.

Verteidiger Hans Böhme fragte, warum sein Mandant überhaupt ein Geständnis abgelegt habe, wenn „die heilige Inquisition des Gerichts“ über alles und jeden nachgefragt habe. Die ehemalige Freundin habe sich nicht erinnern können. Der 39-Jährige habe die Waffe mitgenommen, in der Annahme, er sei der Eigentümer. „Die Anklage ist abenteuerlich. Es ist kein Betrug“, meinte der Rechtsanwalt und verlangte maximal eine Geldstrafe.

Das Schöffengericht urteilte auf ein Jahr und vier Monate auf Bewährung wegen Veruntreuung, Unterschlagung und unerlaubten Besitzes einer Waffe mit Munition. Kein anderer habe mit der Pistole geschossen. „Wir wissen, dass Sie viel gelogen haben“, redete die Vorsitzende Richterin Sarah Neuschl ihm ins Gewissen. Er sei völlig unbeeindruckt von der Durchsuchung gewesen und habe trotz der Kinder im Haus verantwortungslos Munition rumliegen lassen. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre. Zudem wird er einem Bewährungshelfer unterstellt und muss 750 Euro an den Bezirksverein für soziale Rechtspflege überweisen.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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