Badegewässer

Blausee in Altlußheim: Aufreibende Suche nach der Ursache für Ölfilm

Müssen Bagger anrücken? Seit drei Wochen schimmert die Wasseroberfläche öfter schmierig in den Farben des Regenbogens. Ein erneuter Taucheinsatz bringt am Samstag keine Ruhe. Auf diese Analyse wartet der Bürgermeister

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Stephan Alfter
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Nichts gefunden: Der Mannheimer Industrietaucher Alexander Kesberg stapft am Samstagmorgen aus dem Blausee. © Stephan Alfter

Altlußheim. Als um 9.40 Uhr am Samstag plötzlich zwei etwa 20 Zentimeter große schwarze Punkte auf der Oberfläche auftauchen, kommt am Altlußheimer Blausee etwas Bewegung in den Vormittag. Alexander Kesberg, 21-jähriger Industrietaucher von der gleichnamigen Mannheimer Firma seines Vaters, ist zu diesem Zeitpunkt bereits rund 40 Minuten unter Wasser. Man kann seinen Aktionsradius leicht verfolgen, indem man die Bläschen beobachtet, die immer da aufsteigen, wo er nach der Ursache für die zunächst kompakten schwarzen Punkte sucht. Diese steigen aus höchstens vier oder fünf Meter Tiefe an die Oberfläche und verteilen sich dort wie zerlassene Butter in einer Pfanne.

Der Blausee, bis etwa Mitte der 70er Jahre eine Kiesgrube, fällt Mitten im Sommer als einer der wichtigesten Badeorte in der Rhein-Neckar-Region aus. An einem normalen Samstag im Sommer bevölkern 6000 bis 8000 Menschen das Ufer. Auf der Suche nach Abkühlung kommen sie aus der näheren Umgebung, aber auch aus dem pfälzischen Neustadt - mitunter sogar aus dem Stuttgarter Raum. Seit Dienstag, 27. Juni, ist einiges anders.

Leichter Ölfilm: Der betroffene Teil des Blausees aus Drohnenperspektive. © Stephan Alfter

Wie zuletzt zu Zeiten der Pandemie, bleibt der Eingang an diesem Wochenende nach zwischenzeitlicher Öffnung geschlossen - ein seltsamer Schmierfilm, der in den Farben des Regenbogens schimmert und dessen Ursache schon geklärt schien, lässt den Altlußheimer Bürgermeister und Blausee-Chef Uwe Grempels (SPD) vorsichtig agieren. Das Gesundheitsamt des Rhein-Neckar-Kreises schätzt die Gesundheitsgefahr als eher gering ein. Auch Tiere scheinen bisher nicht zu leiden.

Darth Vader aus der Tiefe

Als am Samstagvormittag die schwarzen Blasen aufsteigen, sitzt der 56-jährige zusammen mit Blausee-Betriebsleiter Roger Erb in einem roten Boot und rätselt. „Es riecht wie an einer Tankstelle“, sagt er wenige Sekunden, nachdem eine der schwarzen Blasen in etwa 20 Meter Entfernung aufgetaucht ist. Um den kritischen Bereich hat die Feuerwehr auf etwa 800 Quadratmetern einen orangefarbenen Schlauch gelegt, der verhindert, dass der Schmierfilm den gesamten See erreicht. In der Tat riecht es nach Öl. Ob es Öl ist, weiß man noch nicht. Mit Ergebnissen rechnet Grempels erst zu Beginn der neuen Woche, wenn der unter anderem in Speyer ansässige Bioanalytik-Betrieb Eurofins erste Ergebnisse liefert.

Ursachenforschung: Bürgermeister Uwe Grempels (vorne) und Roger Erb. © Stephan Alfter

Vielleicht noch interessanter als die recht leicht lösbare Aufgabe, um welchen Stoff es sich handelt, ist die Frage, warum er da ist. Augenzwinkernd könnte man vermuten, dass Altlußheim überraschend auf einer unterirdischen Ölquelle sitzt, die gefördert werden will. Nüchtern betrachtet hat sich zunächst aber eine unter Wasser korrodierte Dose mit öligem Inhalt als vermeintliche Ursache herausgestellt. Sie soll sich etwa 20 Meter vom Ufer entfernt an einer zuletzt abgerutschten Abbruchkante der einstigen Kiesgrube befunden haben und leck geschlagen sein.

Die dadurch verunreinigte Wasserfläche wurde mit Bindemittel gesäubert. Patrick Pflüger, Gruppenführer bei der Feuerwehr in Altlußheim, zog mit Kollegen die Verunreinigungen in einer Schlinge zusammen und alles war, als hätte es den Ölfilm nie gegeben. Die eigentliche Überraschung kam dann in der abgelaufenen Woche: Trotz des beseitigten Fünfliter-Gefäßes drängen im Abstand von Stunden weiterhin diese schwarzen Flecken an die Oberfläche.

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Taucher Alexander Kesberg zieht sich am Samstagmorgen einen Helm auf, der aussieht wie eine Glocke und mit einem Sauerstoffschlauch verbunden ist. Als er untertaucht und seine Stimme per Digitalverbindung aus vier Metern Tiefe zu hören ist, klingen seine Worte wie jene von Darth Vader, als er Luke Skywalker einigermaßen dramatisch eröffnet: „Ich bin Dein Vater.“

Wann wird der Blausee geöffnet?

Kesbergs Botschaften aus der Tiefe sind aber etwas profaner und lassen sich ganz zusammenfassen mit dem Satz: „Außer Sand und Lehm nix zu sehn:“ Mitgenommen hat der 21-Jährige ein Rohr, mit dem er das Sediment auswaschen kann. Eine Vermutung Grempels: Durch das Auswaschen werden übriggebliebene, bisher gebundene Ölbällchen freigesetzt. Kesberg schafft daraufhin einen kleinen Eimer mit Lehm vom Boden ans Ufer. Aber in diesem Fall ist Lehm einfach nur Lehm. Von einer eventuellen zweiten Dose mit Öl fehlt jede Spur.

Lehm vom Seegrund: Ist in ihm Öl eingeschlossen? Uwe Grempels riecht. © Taucher_Blausee-Grempels_Erb_Ale

Die Feuerwehr mit Patrick Pflüger (34) an der Spitze rückt einmal mehr an. Grempels Sohn, Teil der dreiköpfigen Crew, steuert eine Drohne über die kontaminierte Wasserfläche. Die Bilder landen auf einem Bildschirm, der im Einsatzwagen postiert ist. Sehr gut kann man hier erkennen, wie sich der Schmierfilm verbreitet, nachdem die wenigen Blasen an die Oberfläche kommen. Doch alle Detektivarbeit bleibt an diesem Samstag ergebnislos. Alexander Kesberg und seine beiden Taucherkollegen packen zusammen und werden heute wohl das letzte Mal am Blausee im Einsatz gewesen sein.

Grempels macht sich über weitere Lösungswege Gedanken. Noch will er nicht an ein Baggerunternehmen denken. Vielmehr ist ihm daran gelegen, den See bald wieder für den Badebetrieb freizugeben. Denn auch in der bevorstehenden Woche sind wieder Temperaturen bis 29 Grad vorhergesagt. Grempels will den kleinen abgegrenzten Bereich aussparen. Entscheidend sind dafür die Ergebnisse aus der Wasseranalyse.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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