Altlußheim. „Dafür habe ich 100 Kilogramm Zitronen gekauft“, berichtet Dominic Lenz. Nicht irgendwelche Zitronen von irgendwoher, sondern Amalfi-Zitronen, die von der namensgebenden Küste im Süden Italiens stammen und direkt von dort importiert werden. Denn in seinen Produkten sind ausschließlich die Zutaten enthalten, die auf dem Etikett stehen. Das ist das Motto des Altlußheimers, das er seit 2016 mit der eigens geschaffenen Marke „Drin Was Drauf Steht“ umsetzt. Und da auf den kleinen Flaschen, in die er seine neueste Kreation abfüllt, Amalfi-Zitrone-Essig steht, müssen eben jene speziellen Zitrusfrüchte drin sein.
Für den jüngsten Essig in seinem Portfolio hat Lenz zuerst die Zitronen ausgepresst und anschließend ihre Schalen zum Weißweinessig in ein Fass gegeben. Da er keine Oxidation darin haben wollte, hat er für die kleinen Chargen à 50 Liter ein Edelstahlfass gewählt. „Dann heißt es, warten“, sagt der Experte über die Mazeration, bei der die Zitronen in den folgenden Wochen und Monaten ihren Geschmack an den Essig abgeben.
Wobei sich das Warten in diesem Fall in Grenzen halte. „Der Amalfi-Zitronen-Essig kann schon nach drei Monaten raus“, erläutert der Experte. 250 Liter davon habe er dieses Jahr insgesamt produziert. „Amalfi-Zitronen sind beliebt, und ich wusste, dass ihre Schalen nicht bitter sind. Denn ich wollte keine Bitterstoffe“, verrät er. Neben der Ehrlichkeit bezüglich der Zutaten ist Lenz die Frische seiner Erzeugnisse wichtig. Deshalb würden die Amalfi-Zitronen meist kurz vor dem Versand geerntet. Vor dem Essig hat der Altlußheimer mit den Zitronen von der Amalfi-Küste Olivenöl produziert, ebenfalls nur mit den Schalen ohne jeglichen Saft.
Eine Empfehlung
Aus eigener Erfahrung kann Lenz den Amalfi-Zitronen-Essig für hellen Fisch empfehlen. „Bei einem Rezept für zwei Personen reichen zwei Esslöffel Olivenöl mit einem Esslöffel Essig. Dann einfach den Fisch einpinseln, am besten alles auf eine Ebene legen – also nicht übereinander – und dann einfach ein paar Stunden ziehen lassen“, nennt er ein bewährtes Beispiel.
Doch seine Kreation lasse sich auch auf viele weitere Arten genießen, zum Beispiel an Gemüse oder Salat – oder pur im Glas, schließlich handle es sich ja um Trinkessig. „Der eigene Geschmack und die Fantasie setzen hier die Grenzen“, erklärt er weiter.
Neben Ehrlichkeit bei der Liste seiner Zutaten – auf Zusatzstoffe verzichtet er vollständig – legt Lenz größten Wert auf deren Qualität. „Ich habe noch nie jemand nach einem günstigeren Preis gefragt. Ich will einfach gute, hochwertige Produkte“, betont er. Denn der Unterschied bestehe darin, was man hineingebe und wie. „Tust du was Gutes rein, kommt etwas Gutes dabei raus“, fasst er seine Philosophie zusammen.
Geduld gefragt
Die passenden Rohstoffe für seine Eigenkreationen zu finden, sei allerdings mitunter schwierig. Die Kräuter für seinen Alpenessig habe er nach langer Suche per Zufall in Italien gefunden, wohin er immer wieder fahre, um sie – ebenso wie einige Feigen – selbst abzuholen. „Ich bekomme schöne vollreife Feigen, den Kontakt hat ein befreundeter Koch organisiert“, verrät er. Aus derselben Quelle habe er auch die Feigenblätter für den Feigenblatt-Essig bezogen, den er dieses Jahr hergestellt hat.
An der französischen Mittelmeerküste wiederum gebe es zwischen Nizza und Menton viele kleine Gärten. „Vergangenes Jahr ist es mir endlich gelungen, zu einem Obstbauer dort Kontakt zu knüpfen“, erzählt Lenz. Von diesem habe er die Orangenblüten bekommen, die ein bisschen wie 4711 dufteten. Daraus habe er einen Orangenessig gemacht, allerdings nur für Abnehmer in Frankreich. „Als Nächstes möchte ich einen Mango-Essig machen. Die Mangos dafür erhalte ich ebenfalls von der Côte d’Azur“, sagt er mit Begeisterung.
Von der Herstellung des Amalfi-Zitronen-Essigs abgesehen arbeite er zudem gerne mit Holz. Denn bei vielen anderen seiner Schöpfungen wolle er Oxidation im Fass haben. „Die Hölzer haben verschiedene Geschmäcker. Bei Whiskey zum Beispiel benutze ich gerne Holzchips aus Belgien, die ein besonderes Aroma besitzen“, erklärt Lenz. In Südtirol habe er vor einigen Wochen Holz vom Maulbeerbaum abgeholt.
Klingt, als bezöge der Altlußheimer seine Rohstoffe vornehmlich aus dem Ausland. Stimmt dieser Eindruck? „Keineswegs. Entscheidend ist die Qualität“, bekräftigt er einmal mehr. Die Himbeeren und Quitten kaufe er etwa in der Nähe von Heidelberg, die Aprikosen bei Mainz. Findet er eine Zutat in der gewünschten Güte allerdings nur im Ausland, sei das eben so. Manche baue er auch selbst an, zum Beispiel Kirschblütenbäume auf seinen eigenen Äckern zwischen Rheinhausen und Oberhausen.
Lieber selbst machen
Schwierig zu bekommen, waren laut Lenz, die kleinen Bitterorangen für seinen Chinotto-Essig. „Denn davon gehen ganz viele in die Parfümindustrie“, sagt er. Wie er dazu kam, diesen Essig zu produzieren, sei typisch für ihn: Der Hersteller einer Limonade, die er immer gerne trank, habe eines Tages seine Rezeptur geändert und die neue habe ihm nicht mehr geschmeckt.
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„Manchmal muss man die Dinge einfach selber machen“, kommentiert er das. Wobei es durchaus viel Schrott im Einzelhandel gebe, der gut schmecke. „Wirklich gute Produkte erkennt man an ihrer Zutatenliste“, betont er. An dieser Stelle sei die Eigenverantwortung der Kunden gefragt. „Wenn ich diese Liste im Supermarkt nämlich nicht verstehe, wieso kaufe ich dann den Artikel? Und wenn fünf mit E gekennzeichnete Zusatzstoffe draufstehen, sollte er sowieso im Regal bleiben.“
Im Ausland stark gefragt
Als Lenz mit Himbeeressig im Jahr 2016 seine erste Eigenentwicklung in Angriff nahm – nach einer schlechten Erfahrung beim Feinkosthändler, kam ihm sein bisheriger Job im Projektmanagement zugute. „Ich war gut im Organisieren. Akquise musste ich dagegen erst lernen“, erinnert er sich, dass das Selbstständigsein ein großer Lernprozess war – Rückschläge und Frustmomente inklusive.
Doch er habe sich durchgebissen und 2019 über Instagram den Kontakt zu einem angesehenen Patissier und Sternekoch in Frankreich bekommen: Arnaud Faye. Der habe ihm sein Vertrauen geschenkt. Eine gute Entscheidung für beide Seiten. „Ich beliefere ihn noch immer“, verrät der Altlußheimer. Gastrobetriebe im Ausland machten heute etwa die Hälfte seiner Kundschaft aus, bei der anderen Hälfte handele es sich um Endkunden.
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