Energiewende

Grünes Licht für große Solarpark-Initiative in Altlußheim

Der Strombedarf in Altlußheim steigt, Photovoltaik-Anlagen sollen helfen, die Energiewende voranzutreiben.

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Andreas Wühler
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Im Mittelpunkt des Bildes liegt der Blausee. Am unteren Bildrand das Gewerbegebiet Altreut und links des Sees die Fläche, unterhalb der Straße, die Fläche für die Freiflächen-Photovoltaikanlage. © Klaus Venus

Altlußheim. Der Vortrag der Netze BW im Altlußheimer Gemeinderat zeigte eines deutlich auf: Der Strombedarf in der Gemeinde steigt weiter an. Mehr E-Fahrzeuge und ein Plus an Wärmepumpen verschlingen mehr Strom, der Ausbau regenerativer Energiequellen ist unabdingbar. Ein probates Mittel hierfür ist die Photovoltaik, Nutzung der Sonnenkraft. Doch Balkonkraftwerke und mit Solarmodulen bestückte Dächer allein reichen nicht aus, den Stromhunger zu stillen, es braucht größere Anlagen, beispielsweise Freiflächen-Photovoltaikanlagen. Wobei der Begriff Freiflächen eher irreführend ist – er deutet an, dass die Anlagen Fläche brauchen. Doch frei sind diese meist nicht, sondern in der Regel von der Landwirtschaft genutzt.

Weshalb diese Art von Stromerzeugung immer einem Spagat gleichkommt. Die Sonnenkraft selbst wird nicht infrage gestellt, der Flächenverbrauch, immer ein Eingriff in die Natur, schon eher. Davon zeugte auch die Diskussion am Ratstisch, als es um die Errichtung einer solchen Anlage auf Altlußheimer Gemarkung ging. Die Nachteile des Vorhabens wurden deutlich angesprochen, der Stellenwert der erneuerbaren Energien gab jedoch letztlich den Ausschlag zugunsten der Sonnenenergie.

Klimaschutzgesetz des Landes

Bürgermeister Uwe Grempels ging auf die Vorgeschichte des Tagesordnungspunktes ein, das Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz der Landesregierung von 2023. Darin festgeschrieben ist, die Treibhausgase bis 2030 um mindestes 65 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 zu senken. Dies zu erreichen sei es notwendig, betonte Grempels, mindestens 0,2 Prozent der Fläche außerhalb der Siedlungsbereich im Land für Freiflächen-Photovoltaikanlagen zur Verfügung zu stellen. Im gleichen Jahr noch fasste der Gemeinderat einen Grundsatzbeschluss, in dem fünf Flächen gemeldet werden, die aus Altlußheimer Sicht als Vorbehaltsgebiet ausgewiesen werden sollen.

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Da sich mittlerweile abzeichnet, dass die Fortschreibung des entsprechenden Regionalplans verzögert, haben Rat und Verwaltung beschlossen, das Projekt unabhängig von diesem voranzutreiben, mit einer Fläche zu beginnen. Auserkoren dazu wurde eine Fläche im Oberen Allmend, die strategisch gut zur Kläranlage und zum Gewerbegebiet Altreut liegt – zwei potenziellen Verbrauchern. Grempels räumte ein, dass das Gebiet aus Sicht der Gemeinde geeignet sei, andere Sichtweisen würden im Laufe des Verfahrens gehört, beispielsweise die der Umwelt- und Naturverbände sowie der Landwirtschaft. Er betonte, dass die Realisierung des Projektes unter anderem von einem zwölf Monate umfassenden Monitoring abhängig sei. In diesem Jahr würden der Tier- und Pflanzenbestand dokumentiert. Die Ergebnisse fließen dann in das Projekt ein.

Von der Region für die Region

Gleichzeitig hat die Verwaltung Gespräche mit drei Projekt-Anbietern geführt, wobei die Entscheidung letztlich zugunsten einer Gemeinschaft von AVR Energie und Starvert Energy fiel. Die Vertreter der zwei Gesellschaften waren im Rat anwesend und erläuterten die Pläne im Detail. Thomas Sohns von der Firma Starvert Energy ging dabei kurz auf die Geschichte seines Hauses ein. Die Firma entstand nach dem Rückzug von Dietmar Hopp von Wirsol, sämtliche Anteile liegen in Händen der Familie Hopp. Derzeit beschäftigt sie rund 40 Mitarbeiter.

„Wir bauen Solarparks, um sie zu betrieben“, umriss Sohns die Philosophie von Hopp, dem es auch darum geht, die Region zu stärken, beispielsweise durch Einbindung regionaler Geschäftspartner. Und, fügte Sohns hinzu, man baue mit sehr hoher Qualität, was im späteren Betrieb die Kosten senken würde. Sohns ging auf das Argument des Landschaftsverbrauchs ein, betonte, dass im Land mehr Flächen für den Golfsport ausgewiesen seien, als für die Solarenergie benötigt. Seine Parks hingegen seien großzügig geplant, ließen die Beweidung mit Schafen ebenso zu, wie sie Refugien für Amphibien oder Insekten seien.

Die Beweidung der Freiflächenanlage mit Schafen oder Ziegen (Bild) ist eine denkbare Option. © dpa

Steven Parstorfer von der AVR Energie, eine hundertprozentige Tochter des Rhein-Neckar-Kreises, betonte die Philosophie seines Hauses, Strom dort zu erzeugen, wo er verbraucht werde, wie es in den Klimaschutzzielen des Kreises definiert sei. Schon länger arbeite man mit der Firma Starvert-Energy zusammen.

Altlußheim benötigt eine Fläche von 7,5 Hektar

Felix Lehn, Projektentwickler bei Starvert-Energy, ging sodann auf die Details des Projekts ein. Auf einer Fläche von rund 7,5 Hektar östlich des Blausees sei die Freiflächen-Photovoltaikanlage geplant, dort könnten über 8,6 Millionen Kilowattstunden im Jahr erzeugt werden. Die Module würden aufgeständert, mit einem Abstand von bis zu 4,50 Meter in der Reihe und einem Bodenabstand von mindestens 1,20 Metern. Durch den Reihenabstand könnten die Träger von außen mit Module bestückt werden, der Boden werde nicht durch schweres Gerät zerstört, Gras und Kräuter, die vorher gesät würden, könnten wachsen. Und die Abstände würden eine Beweidung erlauben.

Wie Lehn vorrechnete, könne die Gemeinde zum einen durch den Pachtertrag, zum anderen durch die Kommunalabgabe von 0,2 Cent pro Kilowattstunde sowie einer Dividende profitieren. Konkret, so Lehn, würde sie mindestens 180.000 Euro im Jahr bekommen, was bei einer Laufzeit des Pachtvertrags von 30 Jahren Einnahmen von rund 5,5 Millionen Euro bedeuten würde. Und sie profitiert über das Klärwerk, das seinen hohen Stromverbrauch mit der Sonnenenergie decken könnte, was wiederum allen Bürgern des Zweckverbandes zugute käme.

Phtovoltaikanlagen beanspruchen Flächen, meist auf Kosten der Landwirtschaft. Doch den herkömmlichen Energiequellen sind sie allemal vorzuziehen. © Sebastian Kahnert/dpa

Friedbert Blaschke (FWV) wollte zu Beginn der Aussprache wissen, ob der Rat beim abzuschließenden Pachtvertrag ein Mitspracherecht habe. Grempels sicherte ihm ein Umlaufverfahren zu und Sohns betonte, dass es sich um einen Mustervertrag, ausgestellt von einer renommierten Kanzlei, der schon vielfach zur Anwendung gelangt. Für ihn ist der Pachtvertrag ein erster Schritt, eine Willensbekundung der Gemeinde. Immerhin will er noch im März mit dem Umweltmonitoring beginnen, sodass der Jahreszyklus abgedeckt werden kann.

Die Frage nach dem Pachtvertrag tauchte noch öfters auf, Ines Schweickert (CDU) wollte wissen, was geschieht, wenn es sich die Gemeinde anders überlege. „Dann zerreißen sie den Vertrag“, so Sohns und Lehn unisono. Vom Monitoring über die Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange und der Bürger bis hin zum Satzungsbeschluss im Rat seien noch viele Hürden zu nehmen, der Vertrag könne bei jedem Punkt gestoppt werden, sehen die Zwei das Risiko allein bei ihrem Unternehmen. Auch wenn der Vertrag nach 30 Jahren auslaufen sollte, entstehe der Gemeinde kein Risiko, die Firma stehe mit Bürgschaften für den Rückbau gerade. Doch gegen eine Laufzeit von bis zu 90 Jahren hätte sie auch keine Einwände.

Gemeinde bleibt Herrin des Verfahrens

Bei der Vorstellung des Projekts war mehrfach von Blühsamen, Schafen und Rindern zur Beweidung oder Amphibienschutz die Rede. Dr. Holger Porath (Grüne) wollte wissen, nach welchen Kriterien vorgegangen werde. Das richte sich nach den Gegebenheiten, so Lehn. Zeige das Monitoring das Vorkommen von Amphibien auf, würden Maßnahmen zu deren Schutz ergriffen. Daneben seien Insektenhotels, die von den Blühstreifen profitieren, Standard. Wie Sohns hinzufügte, seien die Module lichtdurchlässig, die Blühgräser würden darunter gedeihen. Und die Beweidung hänge vom Angebot ab, beispielsweise ob es einen Schäfer vor Ort gibt.

Die Freiflöchen-Photovoltaikanlage gehen auf Kosten der Landwirtschaft. Dennoch werden für sie weniger Flächen benötigt, als im Land für Golfplätze ausgewiesen sind. © Klaus Venus

Den Reigen der Stellungnahmen zu dem Projekt eröffnete Dr. Marco Veselka (CDU) den die Idee zwar überzeugt, der sich dennoch wegen dem notwendigen Verbrauch landwirtschaftlicher Fläche enthalten will, wie er betonte. Was Grempels nachvollziehen konnte. Dennoch, hielt er fest, „wir gehen nicht blauäugig vor, sondern pragmatisch“, betonte der Bürgermeister mit Blick auf das offene Verfahren. Klar sei jedoch – die Landwirtschaft verliere Fläche, auch wenn für die konkret betroffenen Bauern Ersatzflächen vorhanden seien.

Energiewende ist eine Notwendigkeit

Alexander Gund (FWV) begrüßte das Projekt, sprach von den großen Herausforderungen und Chancen, die die erneuerbaren Energien mit sich bringen. Auch wenn es ein Eingriff in die Natur sei, in seinen Augen überwiegen die Vorteile. Kay Schweikert (CDU) sah dies ähnlich sprach von einem Abwägen sich notwendigem Transformationsprozess und den Belangen der Landwirtschaft. Dr. Porath sprach von unterschiedlichen Meinungen in seiner Fraktion. Jeder wolle die Energiewende, die Frage sei, zu welchem Preis. Auch für den Grünen überwiegen die Vorteile, zumal die Kommune alle Fäden in der Hand behalte. Weshalb man das zwölfmonatige Monitoring abwarten, dann alle Betroffenen hören könne, stimmte er mehrheitlich dem Startschuss zu. Richard Schmitt (SPD) sprach von der dringend notwendigen Transformation der Energieerzeugung und stimmte unter Abwägung aller Punkte dem Projekt gleichfalls zu.

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Bei drei Enthaltung und einer Gegenstimme, sie kam von Landwirt Timo Balduf (FWV) sprach sich der Rat mehrheitlich für das Projekt aus. Gleichzeitig wurde die Verwaltung beauftragt, die entsprechenden Verträge abzuschließen. „Wir wollen mutig sein“, blickt Bürgermeister Grempels optimistisch in die Zukunft und wird nun, wie alle Beteiligten, das Ergebnis des Monitorings abwarten.

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