Bahnjubiläum - Altlußheimer hat auf acht Quadratmetern ein kleines Schienenparadies erschaffen / Enkel Lucas hat den Feuerwehreinsatz auf der Modellbahnanlage präzise aufgebaut

Schöne Fantasiewelt im Keller von Rüdiger Butz

Von 
Vanessa Schwierz
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Altlußheim. Beim Betreten des Kellerraumes ist die Modelleisenbahn schon zu sehen. Ein kleines Bergmassiv erhebt sich auf der linken Seite, eine Seilbahn bringt Menschen auf den Gipfel. Die rote Kabine baumelt am Seil, ist auf dem Weg nach oben. Rechts schließt sich eine Stadt an. Am Bahnhof steht bereits ein Zug, wartet auf die Abfahrt. Aus dem Tunnel weiter oben zischt ein ICE. „Der fährt gleich in den Bahnhof ein“, kommentiert Rüdiger Butz die Szenerie. Ihm gehört die Modelleisenbahn – ein schönes Gleisparadies auf etwa acht Quadratmetern.

Schon als Kind hatte der 83-Jährige, der in Grünstadt an der Weinstraße aufgewachsen ist, eine Lok. „Das war ein Kreis mit Schienen und die Lok noch zum Aufziehen“, erinnert sich Butz, dass dieses Spielgerät kurz nach dem Krieg verschwunden war. Dann kamen viele Jahre, in denen Eisenbahnen keine Rolle mehr in seinem Leben spielten. Er ließ sich zum Bäcker ausbilden, arbeitete in verschiedenen Geschäften. 1956 lernte er, als er in Schwetzingen arbeitete, seine Frau kennen. Die beiden heirateten und wurden Eltern. Als dann sein Sohn eine Eisenbahn, die er geschenkt bekam, nicht wollte, nutzte Rüdiger Butz die Chance – und spielte damit. Er lacht, als er sich daran erinnert. Mit 60 Jahren ging Butz in Rente und baute an verschiedenen Anlagen in seinem Hobbyraum im Keller. Die Modellbahn, die nun in seinem Wohnhaus steht, ist die vierte oder fünfte, die er gebaut hat. Seine erste entstand Ende der 1960er Jahre: „Die erste Anlage wird nie perfekt“, sagt der 83-Jährige selbstkritisch und blickt auf den Bahnhof, auf dem der ICE gerade einfährt und hält. Er wirkt zufrieden mit dem, was er da geschaffen hat, auch wenn er sich nicht mehr so oft mit der Modelleisenbahn beschäftigt wie früher.

Alles fährt vollautomatisch

16 Loks stehen auf der Anlage und in den Regalen, zwölf können gleichzeitig über das großzügig angelegte Gleisbett fahren, drei geschlossene Stromkreisläufe hat Butz selbst angebracht und installiert – alles fährt vollautomatisch. Die Züge der Spurgröße H0 mit einem Maßstab von 1:87 fahren durch die Tunnel unter dem Berg und vorbei an einer grünen Landschaft. Die Burgruine thront über der Stadt. „Das ist allerdings Größe N. Ich deute damit an, dass die Gebäude weiter weg stehen. Die kleinen Häuser kann ich ja nicht neben die großen in der Stadt stellen“, sagt er und lacht. Dabei läuft er um die Anlage und deutet auf die Häuschen, vor denen er Kühe grasen lässt.

Etwa zwei Jahre hat der rüstige Rentner, der seit 1964 in Altlußheim lebt, an der Anlage in seinem Hobbyraum gebaut. Auf der Rückseite sind Details zu erkennen. Viel Holz wurde verarbeitet, um das Grundgerüst zu haben, die Berglandschaft entstand mit sogenanntem Fliegendraht, den Butz über die Hölzer gespannt hat. Mit Gips hat er die Flächen geformt, bevor er die Landschaft darauf befestigte. Gras, Moos, Bäume, Steine und Tiere – detailgetreu hat Butz seine eigene kleine Stadt, die von Bergen umgeben ist, erschaffen. Die Kulisse hat sich während der Bauzeit entwickelt, wie er sagt. Ob er eine Stadt als Vorbild hatte? „Das ist alles eine Fantasiegegend“, sagt Butz, dass er nicht das Bedürfnis hatte, eine Region nachzubauen. Die Häuser waren Bausätze, die der 83-Jährige zusammengeklebt hat. Nicht fehlen durfte auch ein Schattenbahnhof auf der Rückseite der Anlage, unterhalb der Landschaftsplatte, der als Abstellgleis für komplette Züge dient.

Ein „Goldstück“ von Rüdiger Butz ist die massive Märklin-Lok von 1955. „Sie ist noch aus Metall, nicht aus Kunststoff“, sagt er und zieht sie über die Gleise: „Ich fahre mit ihr aber nicht mehr.“

Ein anderer Zug steht im Regal gegenüber der Modellbahnanlage, dazu vier rot-gelbe Waggons hintereinandergereiht – sie erzeugen direkt das Gefühl, das schon mal gesehen zu haben. In der deutschen Hauptstadt Berlin fahren sie tagtäglich durch die Großstadt. „Die Waggons der Berliner S-Bahn“, erklärt Butz mit Stolz und streicht dabei über einen der Waggons.

Zu seiner ersten Grundausstattung gehörten vier Züge, nicht alles, was Butz heute besitzt, hat er sich selbst gekauft. „Das spricht sich in der Verwandtschaft rum und so habe ich viele Eisenbahnen und Gegenstände geschenkt bekommen“, sagt er und lacht. So durfte auch sein Enkel Lucas an der Stadt Hand anlegen und hat seine Spuren hinterlassen. Auf der Straße vor dem Bahnhof liegt eine Laterne am Boden, die Feuerwehr hat die Drehleiter ausgefahren – es läuft ein Einsatz. „Den hat mein Enkel dort aufgebaut, da war er acht bis zehn Jahre alt“, erinnert sich Butz lächelnd.

Aufforderung der Tochter

Eine Anekdote aus der Zeit, als seine Kinder noch mit im Haus lebten, muss er aber erzählen: Denn von seiner Tochter bekam er auch schon mal zu hören: „Papa, geh’ in den Keller!“ Und auch wenn er seinem Hobby heute nicht mehr so aktiv und regelmäßig nachgeht, schwelgt er gerne in Erinnerungen und zeigt stolz, was er sich in seinem Keller über die Jahre hinweg aufgebaut hat.

Info: Mehr Bilder und ein Video unter www.schwetzinger-zeitung.de

Altlußheim

Altlußheim: Fantasiestadt in der Gemeinde

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