Altlußheim. Wenn jemand mehr als ein halbes Jahrhundert ein Amt bekleidet, dann ist das eine Lebensaufgabe, der man sich mit Leib und Seele verschreibt. Klaus Wörner hat solch eine Lebensaufgabe sogar seit 60 Jahren inne und in der Gemeinde ist es ganz selbstverständlich, dass Klaus Wörner sonntags im Gottesdienst der evangelischen Kirchengemeinde an der Orgel sitzt.
Seinen musikalischen Werdegang startete er im Alter von fünf Jahren, als er begann Klavierunterricht zu nehmen. Schnell stellte sich sein Talent für das Tasteninstrument heraus und mit neun Jahren hatte bereits der damalige Vikar und spätere Pfarrer Eberhard Ziegler ein Auge auf ihn geworfen. Seine Klavierlehrerin brachte ihn auf die Idee mit der Kirchenorgel. Ruth Köhler, geborene Gehweiler, war Mitte der 50er Jahre die Organistin in der Kirche und hat den jungen Klaus protegiert, damit er Kirchenorgel lernen konnte.
Mit Semmelbrösel finanziert
In Schwetzingen beim Bezirkskantor nahm Wörner ab 1955 für fünf Jahre Unterricht und durfte dort so oft spielen und üben, wie er wollte. In Altlußheim war das damals schwieriger. Ratsschreiber Höhl war nicht so begeistert von dem jungen Klaus Wörner an der Orgel und hat ihm pro Übungsstunde 25 Pfennige abgeknöpft, weil er ja Strom verbrauchte. „Das durfte mein Vater gar nicht wissen“, schmunzelte Wörner bei seinen Erinnerungen. Er ging bei Bäckermeister Nietfeld in der Hauptstraße Semmelbrösel mahlen, dafür gab es eine Mark, was vier Mal Üben bedeutete.
Anfänglich spielte Wörner im Kindergottesdienst und teilte sich die Hauptgottesdienste mit Ruth Köhler. Nach deren Heirat übernahm er dann 1960 das Amt des Organisten ganz. Es gab auch eine Vergütung von 175 Mark im Jahr, aber er pokerte hoch und verlangte das Doppelte. Der Kirchengemeinderat stimmte zu und somit war ein Teil der Unterrichtskosten wieder erwirtschaftet. Ausschlaggebend war das Finanzielle nicht, es war eher die Musik, die es ihm angetan hatte und gerne hätte er Kirchenmusik studiert. Aber wie viele Eltern war sein Vater der Meinung: „Lern was Anständiges!“ So verschrieb sich Klaus Wörner eines technischen Berufes und übernahm Jahre später zusammen mit seinem Bruder die väterliche Maschinenbaufirma, die er bis heute leitet.
Aber von der Kirchenmusik wollte und konnte er nicht lassen und als Organist prägte er vieles mit in diesen 60 Jahren. Ständiger Antrieb war für ihn Wegbegleiter Hans Reinhard, der unter anderem Dirigent des evangelischen Kirchen- und Posaunenchores war und nur so sprudelte vor Ideen und musikalischer Tatkraft. Anfang der 1980er Jahre war Klaus Wörner für sechs Jahre Mitglied im Kirchengemeinderat, aber es gab Interessenskonflikte zwischen diesem Amt und dem Amt des Organisten, sodass er es für besser hielt, nur Organist zu sein.
Die Religion spielte im Elternhaus durchaus eine Rolle und Wörner wurde durch seine Eltern zur Kirche hingeführt. „Mir hat der Ritus gefallen, wie Gottesdienste ablaufen und die Kirchenmusik fand ich großartig“, erzählte Wörner im Gespräch mit unserer Zeitung.
Nach der soliden Ausbildung, die sein Vater eingefordert hatte, blieb ihm die Musik als Hobby und die liebt er nach wie vor. Da muss natürlich auch die Familie mitziehen, Ehefrau und Tochter waren und sind es gewohnt, dass Klaus Wörner am Sonntagmorgen in der Kirche die Orgel spielt. Seit März gibt es ja nur Youtube-Gottesdienste, das begeistert ihn aber auch sehr. Da die Gottesdienste ein oder zwei Tage vorher aufgezeichnet werden, war es ein ganz neues Gefühl, am Sonntag so viel Zeit fürs Frühstück zu haben.
Instrument wird gereinigt
Von „seiner“ Orgel in Altlußheim schwärmt er geradezu. „Ein einmaliges Instrument“, erzählt der engagierte Kirchenmusiker. Er freut sich sehr darauf, dass das Instrument nun überholt und gereinigt wird. „Der Klang wird viel besser werden“, ist er sich jetzt schon sicher. Durch die Bauverzögerung in der Kirche verschiebt sich die Reinigung der Orgel ins Frühjahr 2021.
Pfarrer Matthias Zaiss ist der vierte Pfarrer in seiner Organistenlaufbahn, mit dem er zusammenarbeitet. Zaiss und Wörner sind auf einer Wellenlänge, spielen sich die Bälle zu und sind gegenseitig immer gespannt, was der andere zum Gottesdienst beiträgt. „Es ist ein Geschenk, einen Organisten wie Klaus Wörner zu haben, der mit seinem Instrument die Menschen leidenschaftlich zum Lobe Gottes führt und somit ein wesentlicher Teil der Verkündigung wird“, äußerte sich Matthias Zaiss.
Das 60-jährige Orgeljubiläum wird auf jeden Fall nächstes Jahr offiziell nachgeholt werden. „Ich spiele auch nach 60 Jahren noch gerne die Orgel, aber ich bin offen für meine Nachfolge“, sichert Wörner zu. Eine gute Einstellung, denn am Nikolaustag feiert Klaus Wörner seinen 75. Geburtstag, zu welchem die Heimatzeitung herzlich gratuliert.
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