Altlußheim. Die gute Nachricht: Für Freitag, 10. September, kündigt der Wetterbericht Regen an. Die schlechte Nachricht: Es wird wohl nicht reichen, um den Kriegbach, genauer gesagt die in ihm lebenden Tiere, zu retten. Dieter Rösch, Vorsitzender des Ortsverbandes Hockenheimer Rheinebene des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fordert deshalb eine generelle Lösung – die Verteilung des Wassers, das bedingt durch den Klimawandel immer weniger wird, muss zwischen Kraichbach und Kriegbach neu geregelt werden.
Wenn Rösch, der täglich vor Ort ist, Bilder von der Steinernen Brücke aus fotografiert und damit das Trockenfallen des Kriegbachs dokumentiert, der Situation ein Gutes abgewinnen kann, dann die relativ geringe Zahl von Fischen, die von dem neuen Trockenfallen betroffen sind. Nach dem Fischsterben im Zusammenhang mit dem Versiegen des Kriegbachs im August sind anscheinend nicht mehr so viele Fische zu gewandert.
Um jeden Fisch kämpfen
Allerdings, wird der BUND-Chef deutlich: „Letztlich ist mir aber egal, um wie viele Fische es sich handelt - man kann sie nicht einfach krepieren lassen“, hält Rösch jedes Tier für wert, gerettet zu werden. Ganz zu Schweigen von den vielen Kleinlebewesen im Bach, die immer hinten runterfallen, kaum erwähnt würden.
Doch nicht nur die Naturschützer sind alarmiert, die Tierretter stehen Gewehr bei Fuß und auch die Angler aus Reilingen und Altlußheim melden sich mit durchdachten Vorschlägen zu Wort. Ein Vorschlag für eine kurzfristige Maßnahme kommt von den Reilinger Anglern – den Kriegbach temporärer für Fische sperren. Diese könnte für Fische, die vom Rhein her in den Kriegbach kommen, in Höhe des Duttlacher Grabens sein, ab dem wieder genügend Wasser zur Verfügung steht. Auch Richtung Waghäusel müsste eine Sperre stromabwärts errichtet werden.
Angesichts der, wenn auch geringen Menge an Wasser, die dem Kriegbach am Wehr in Stettfeld zugestanden wird, steht für viele Beteiligte auch die Frage im Raum, wo das Wasser bleibt. Eventuell, so eine Befürchtung, wurde bei der Renaturierungsaktion, die ja die stromaufwärts führende Durchlässigkeit für Fische und Kleinlebewesen herstellen sollte, könnte die gewachsene Sohle des Bachbettes beschädigt worden sein – das Wasser versickert.
Auch wenn die Sperren kurzfristig Fische retten können, langfristig geht für viele der involvierten Natur- und Tierschützer kein Weg daran vorbei, die Wasserverteilung neu zu diskutieren. Ein Punkt, den Dieter Rösch in einem offenen Brief an das Regierungspräsidium offensiv aufgreift.
Sperren soll Abhilfe schaffen
Mitte August, als der Bach das erste Mal trocken fiel, hatte das Regierungspräsidium noch argumentiert, dass aufgrund einer wasserrechtlichen Genehmigung das Gros des Wassers im Kraichbach zu verbleiben hat. „Im Klartext heißt das, dass man sich hinter einer Bestimmung (wasserrechtliche Genehmigung) verschanzt, die man angeblich nicht umgehen kann“, schüttelt Rösch gut drei Wochen später angesichts des erneuten Desasters den Kopf. Völlig außer acht gelassen, werde der Umstand, dass die im Zuge des Klimawandels und der ökologischen Baumaßnahmen am Kriegbach die Sachgrundlage geändert habe. Hier müsse die Behörde von ihrem Ermessensspielraum gebrauch machen, anstatt sich hinter Vorschriften wegzuducken, untätig zu bleiben.
Begrüßt wird von Rösch die Bereitschaft der beteiligten Behörden, an einer langfristigen Lösung zu arbeiten. Dies in aller Gründlichkeit anzugehen, dürfe im Umkehrschluss aber nicht heißen, dem Kriegbach nicht so viel Wasser zur Verfügung zu stellen, dass er seine Funktion als Fließgewässer erfüllen könne. „Niemand verlang, dass dabei ein kräftig sprudelndes Gewässer entsteht“, so Rösch, auf eine Menge Wasser hoffend, die dem Kriegbach das Überleben sichert.
Angesichts des relativ niederschlagsreichen Jahres mag sich Rösch gar nicht ausmalen, wie die Situation sein wird, wenn es wieder ein Trockenjahr gibt, wochen- oder monatelang ohne Niederschläge. Weshalb er weiter auf den runden Tisch drängt, bei dem Behörden und alle beteiligten Verbände über die Zukunft des Kriegbachs sprechen.
Tierretter planen Einsatz
Und noch steht die Untersuchung aus, wohin das Wasser des Kriegbachs verschwindet, ob legale oder illegale Wasserentnahme mit verantwortlich für das Trockenfallen sind. Und es steht die Befürchtung im Raum, dass man, wenn man an der Wasserverteilung zwischen Kraich- und Kriegbach rührt, man aus einem Kranken und einem Sterbenden zwei Dahinsiechende macht.
Dennoch, der Kriegbach ist auf seiner gesamten Länge als FFH-Gebiet geschützt und muss erhalten bleiben. Dies sieht der Landtagsabgeordnete der Grünen Andre Baumann ebenso: „Der Klimawandel sorgt dafür, dass unsere Gewässer in Trockenperioden weniger Wasser führen. Auch wenn wir erst am Anfang des Klimawandels stehen, heißt das aber nicht, dass wir den Kriegbach aufgeben. Nach einer gründlichen Analyse der Ursachen müssen Wege beschritten werden, damit der Kriegbach auch zukünftig ein lebendiges Gewässer bleibt“, stellt der Politiker der Grünen fest.
Unabhängige von der Diskussion um Ursachen und Lösungen – die Tierretter stehen parat, um so viele Fische wie möglich aus den versiegenden Tümpeln zu retten. Auch hier ist Vorsicht geboten, wird bei der Aktion zuviel Sediment aufgewirbelt, besteht die Gefahr, dass der Sauerstoffgehalt in den Pfützen weiter abnimmt, die restlichen Fische sterben. Für die auch die Rettung Stress bedeutet.
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