Brühl. Ein Unwetter ist zugleich auch ein Wetter – der gleichen Logik folgend darf Unsinn auch durchaus sinnhaft sein. Selbst, wenn das Wörterbuch Unsinn anders definiert, nämlich als das Gegenteil von Sinn. So lautet die Quintessenz der Rede des Cartoonisten Steffen Butz, der bei der Vernissage in der Brühler Villa Meixner in die Arbeiten seiner Kollegin Annika Frank einführte. Die in Brühl aufgewachsene Künstlerin hat ihrer Präsentation den Titel „Alles Unsinn“ gegeben und bleibt mit diesem Namen so viel- schichtig wie in den Bildern.
In seiner launigen Ansprache attestierte Butz, dass die junge Frau „frank und frei“ allen erdenklich Unsinn zusammengerafft, ihn im geistigen Tumbler gut durchgeschüttelt und meisterhaft auf Papier gegossen habe. Somit gehörten die Cartoons, also die witzigen Zeichnungen, von Annika Frank als 14-karätiger Unsinn zur Premiumklasse des Genres. Und so wie ein Unwetter die Luft reinige, so reinige guter Unsinn den Kopf, zeigte sich Butz in seiner Ansprache überzeugt. Dass er mit dieser Einschätzung recht hatte, zeigte anschließend der Rundgang des Vernissagepublikums durch die Räume der Jugendstilvilla. Zumindest ein Schmunzeln lockte jedes der Bilder bei den Betrachtern hervor, wenn nicht sogar ein Lachen. Gekonnt mischt Frank in ihren Arbeiten Wortwitz in den Sprechblasen oder Bildunterschriften mit einem frechen zeichnerischen Können. Und während manche ihrer Cartoons „nur“ erfrischend witzig sind, beweisen andere einen ungeheuren Tiefgang, greifen gesellschaftspolitische Themen auf und sorgen in bester Manier des Karikaturisten für ein Nachdenken. Und spätestens dann wird Franks Unsinn absolut nicht zum Fehlen oder Gegenteil von Sinn – wie auch Butz feststellte.
Unbeschwerter Kunstgenuss
Ihre Bilder kommen aber nicht moralinsauer daher, sondern frech und mit einer ungeheuren Leichtigkeit. Vom Format her sind sie winzig, wie der Zug der Ameisen durch ein Picknickbild, können aber auch deutlich größer überraschen, wenn sich im Geäst eines Baumes und drumherum zahlreiche Märchengestalten tummeln. Apropos Märchen: Bei diesem Bild verlässt Annika Frank die Zweidimensionalität und hängt Rapunzels Zopf als Objekt direkt nebendran. Und auch anderen Protagonisten ihrer Zeichnung kann man als kleinen dreidimensionalen Exponaten begegnen – wie bei einem Treffen mit einem alten Bekannten.
In dieser Präsentation in der Villa Meixner wird fröhlich eine Vielzahl an Werken gezeigt, die sich auf humorvolle Weise mit unterschiedlichen Themen auseinandersetzen. Die Ausstellung mit den rund 60 Bildern gibt aber gleichzeitig einen Einblick in das vielfältige Schaffen von Annika Frank. Es gelingt der Cartoonistin und Illustratorin, dem Besucher einen unbeschwerten Kunstgenuss zu ermöglichen.
Und dass Cartoons und deren großer Bruder Comic längst aus der Schmuddelecke des Kunstbetriebes ins Rampenlicht getreten sind, zeigt nicht nur die Tatsache, dass es der internationalen Presse in dieser Woche einen größeren Bericht wert war, dass der französische Comiczeichner Riad Sattouf mit dem Großen Preis des Festivals von Angoulême – dem weltweit bedeutendsten Festival dieses Genres – für sein Lebenswerk ausgezeichnet worden ist.
Zurück zu den Wurzeln
Für Annika Frank ist ihre Ausstellung „Alles Unsinn“ in der Villa Meixner etwas Besonderes, wie sie dem Vernissagepublikum verriet. 2016 bestritt die 1991 in Mannheim geborene und in der Hufeisengemeinde aufgewachsene Künstlerin in diesem Haus auch ihre erste Ausstellung.
Als sie damals ihre Arbeiten gerahmt und attraktiv in Szene gesetzt sah, sei in ihr der Wunsch erwacht, aus ihrem Talent mehr als nur ein Hobby zu machen. Zum Glück, waren sich nicht wenige Besucher der Ausstellungseröffnung einig, denn so bescherte sie seitdem zahllosen Betrachter ihrer Bilder jene wunderbar unsinnigen Momente des kleinen Glücks. Seit 2016 hat sich die junge Künstlerin in der deutschsprachigen Cartoonszene einen Namen gemacht: Dutzende Ausstellungen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Frankreich säumen ihre Vita. Honoriert wurde sie mit zahlreichen Preisen, zuletzt 2021 als beste Newcomerin beim Deutschen Karikaturenpreis, den „Oscars“ der Komischen Kunst.
Und so zeigte sich Bürgermeister Dr. Ralf Göck in seiner Begrüßung durchaus stolz auf die Erfolgsgeschichte der früheren Jugendgemeinderätin Frank. Die musikalische Umrahmung der Vernissage gestaltete der Heidelberger Liedermacher Samuel Kilian – und seine Lieder waren dabei vollkommen stimmig mit der heiter-unbeschwerten Art der Bilder. So wurde gleich aus verschiedenen Windrichtungen der Kopf unsinnig-sinnig gereinigt.
Info: Die Ausstellung „Alles Unsinn“ von Annika Frank ist bis Sonntag, 26. Februar, samstags von 14.30 bis 17.30 Uhr und sonntags von 14 bis 17.30 Uhr geöffnet. Weitere Bilder gibt es unter www.schwetzinger-zeitung.de
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