Brühl. „Wir hängen noch in der Luft“, sagt der kommunale Kulturverantwortliche Jochen Ungerer im Gespräch mit unserer Zeitung. Keiner wisse genau wie es mit den Angeboten für Kleinkunst, Konzerte oder Ausstellungen in Zeiten von Corona weitergehen wird. Und so wurde – wie in vielen Bereiche des öffentlichen Lebens – auch das ansonsten überregional hochgelobte Ausstellungsleben im Ort auf Eis gelegt.
Nur soviel steht für ihn fest: „Es bringt den Künstlern und den Besuchern nichts, eine Vernissage mit einer ganz kleinen Besucherzahl zu veranstalten – das wird den hervorragenden Arbeiten, die normal in der Rathausgalerie und in der Villa Meixner gezeigt werden, nicht gerecht.“
Weniger Besucher erwartet
Die Erfahrung mit der Ausstellung von Bildern des Schwetzingers Florian Till Franke im März sei ernüchternd gewesen. Noch unmittelbar vor dem großen Lockdown wurde diese erstklassige Werkschau in der Villa Meixner eröffnet und sofort wieder geschlossen.
Zwar habe die Gemeinde später die Ausstellung unter den Hygienemaßnahmen wieder für Publikum eröffnet und „da kamen auch Besucher, aber bei Weitem nicht so viele, wie unter normalen Umständen“, bilanziert Ungerer. Und so wurde entschieden, seit dem Frühjahr bereits vier Ausstellung im Rathaus und in der Villa abzusagen, um sie auf das Jahr 2021 neu zu terminieren. Gleichwohl wird die nächste Vernissage im Jugendstilkleinod vorsichtig vorbereitet. „Eigentlich ist für November die nächste Ausstellungseröffnung in der Villa Meixner geplant“, erklärt Ungerer, „doch da ist noch nichts wirklich in trockenen Tüchern“.
Aber mit Künstler Tom Baumann – ein guter Bekannter der Brühler Kunstszene – wurde vereinbart, dass je nach der Entwicklung der Corona-Einschränkungen, dieser Termin kurzfristig nach hinten verschoben werden kann. „Wir müssen einfach abwarten, wie sich die Dinge entwickeln und spontan reagieren“, so der Mann aus dem Rathaus, „ich kann keine Vernissage machen mit nur einer Handvoll Menschen, die dann auch noch beim Rundgang mit Mund-Nase-Bedeckung Abstand zueinander wahren müssen – da kommt absolut kein Kunstgenuss auf, das wäre eher eine Katastrophe“.
Er würde zwar den Interessierten im Ort gern Kultur bieten – „aber nicht um jeden Preis und die Gesundheit der Menschen geht da eindeutig vor“. Deshalb ist die auf Baumann folgende Ausstellung erst wieder für das kommende Frühjahr geplant, blickt Ungerer hoffnungsvoll in die Zukunft.
Doch die architektonisch wenig spannenden Rathausflure sollen während der Corona-Zeit kein künstlerisches Schattendasein führen. So wurden dort inzwischen übergangsweise Bilder aus zwei Bereichen gehängt. Viel Publikum dürfte die Werkschau allerdings nicht erfahren, denn nach wie vor wird seitens der Gemeindeverwaltung versucht, den Rathausbesuch von Bürgern möglichst zu minimieren.
Vernissage wird nachgeholt
Im Erdgeschoss zeigt die Gemeinde derzeit Bilder der zahlreichen kreativen Mitglieder des Künstlerforums um Wolfram Gothe und Anton Strobel. Ganz aktuell haben sich manche der örtlichen Künstler dabei auch kreativ mit den Themen Corona und US-Präsidentenwahl auseinandergesetzt. „Wir wollen die offizielle Vernissage dafür irgendwann noch einmal nachholen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen“, sagt Ungerer. Doch das könnte je nach der weiteren Entwicklung dieser Pandemie noch eine ganze Zeit auf sich warten lassen.
Im ersten Obergeschoss sind Bilder gehängt, die seitens der Gemeinde von Künstlern, die Ausstellungen in Brühl hatten, erworben wurden. Viele von ihnen haben – trotz hoher Qualität – bisher lange Zeit im Depot auf ihren großen Einsatz gewartet. Nun haben sie ihn dank der Pandemie bekommen. „Das weckt nicht nur schöne Erinnerung an frühere Ausstellung in den vergangenen über 25 Jahren mit Künstlern, von denen manche inzwischen schon nicht mehr leben, sondern beweist mit zahlreichen Highlights auch das hohe Niveau der bisherigen Schauen in Brühl“, sagt Ungerer. Und zudem setzen die Arbeiten schöne Akzente in den ansonsten langen, grauen Fluren des Verwaltungsgebäudes, „es sind echte Hingucker für die wenigen Besucher und die Mitarbeiter des Rathauses“.
Villa Meixner bleibt zu
In der Villa Meixner hängt aktuell „ein bissel was an zielgruppenorientierten“ Bildern in den Räumen des Erdgeschosses, die für standesamtliche Hochzeiten genutzt werden können. „Da haben wir Motive passend zum Anlass gewählt: Es werden viele Herzen und Rosen aus dem Depot gezeigt“, erklärt der Kulturverantwortliche und schmunzelt. So habe für die jeweiligen Paare der schönste Tag des Lebens auch ohne Ausstellungsbetrieb ein stilvolles künstlerisches Ambiente bekommen.
Doch neben diesen vereinzelten Anlässen für geschlossene Gesellschaften, könne niemand die Bilder in Augenschein nehmen – das Kulturkleinod im Süden der Gemeinde bleibt bis auf Weiteres für Publikum zu. „Wir dürften da derzeit – außerhalb der privaten Feiern – nur acht bis zehn Personen zeitgleich hineinlassen“, erklärt der Kulturverantwortliche. Das sei finanziell und vom Aufwand her nicht vertretbar, bilanziert er.
Info: Weitere Bilder gibt es unter www.schwetzinger-zeitung.de
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