Brühl. „Wenn der Postmann zweimal klingelt“, dann scheint es sich in Brühl zurzeit eher um eine Seltenheit zu handeln. Denn aktuell ist vermehrt vom Unmut der Einwohner zu hören, die ein Paket erhalten sollen und dann nur einen Abholschein im Briefkasten vorfinden, man habe sie zum angekündigten Zustelltermin nicht angetroffen.
„Bei mir wurde ein Paket angekündigt und auch ein Zeitfenster angegeben, wann es kommen soll und dass ich den Nachnahmebetrag doch bitte passend bereit halten sollte“, berichtet der in Rohrhof lebende Herbert Semsch unserer Zeitung. „Zudem hatte ich die Sendungsliveverfolgung aktiviert und stand unten am Briefkasten, als der Paketbote auch tatsächlich kam. Der hatte allerdings nicht mein Paket, sondern eine vorgefertigte Abholkarte dabei, auf der stand, dass man mir das Paket nicht persönlich zustellen konnte und ich die Sendung doch bitte im DHL-Paketshop abholen solle“, fasst Semsch die Ereignisse zusammen. Das Paket habe der Zusteller ihm nicht ausgehändigt. Das sei ihm aber nicht nur einmal passiert, sondern innerhalb kürzester Zeit dreimal in ähnlicher Art und Weise.
Gute Tipps statt Zustellung
„Auch mir wurde ein Paket für einen genauen Zeitpunkt angekündigt“, erinnert sich Gabriele Rösch aus Rohrhof an eine ihrer DHL-Erfahrungen. Also wartete sie auf das Klingeln des Lieferanten, doch das blieb aus. Nach kurzer Zeit schaute sie in den Briefkasten und fand da den Schein, dass man sie nicht angetroffen habe. „Dabei war ich die ganze Zeit vor Ort und habe auf den Paketboten gewartet“, versichert Rösch glaubhaft.
Kurzentschlossen fuhr sie die Straßen im Viertel ab und traf auch tatsächlich auf den gelb-roten Wagen. Auf das Paket angesprochen erklärte der Zusteller, es habe halt nicht mehr in den Wagen gepasst. Doch er hatte einen guten Tipp parat: Im Hafengebiet von Mannheim ist die DHL-Zentrale für die Region, dort könne man das Problem abholen. Und tatsächlich erhielt sie es dort problemlos, doch von Kundenservice könne da bei dem kleinen Päckchen nicht die Rede sein.
Ein anderer DHL-Kunde im alten Brühler Ortskern, der seinen Namen nicht nennen möchte, berichtet, dass er von seinem Fenster aus beobachtete, wie der DHL-Wagen vor seiner Tür anhielt. Sofort machte er sich auf den Weg zur Haustür, doch als er diese öffnete, sah er nur noch die Rücklichter des wegfahrenden Autos. „Da habe ich erst mal gesucht, wo der Zusteller das Päckchen abgestellt haben könnte – aber Pustekuchen. Stattdessen fand ich die berühmte Karte, dass man mich nicht angetroffen habe, in meinem Briefkasten. Das ist eine Unverschämtheit, denn so musste ich einen Tag länger auf ein wichtiges Ersatzteil warten.“
Das sorgt – hinter vorgehaltener Hand – auch für Unmut bei den Postagenturen, die sich in der Gemeinde ja nebenbei als Angebot in Geschäften befindet. Dort müssen die Mitarbeiter dann die Arbeit der Zusteller erledigen und auch noch den Unmut der Kunden ertragen. Da gehen bei manchen Mitarbeitern, wie Semsch beobachtet hat, schon mal die Nerven durch und der Zorn bricht am Postschalter über den sich beschwerenden Kunden herein.
Zeitdruck sorgt für Probleme
Auch die Verbraucherzentralen in Deutschland kennen das Problem: „Es gibt bei uns eine Reihe von Beschwerden gegen die Unternehmen“, heißt es dort auf Nachfrage. „Die Paketzusteller arbeiten unter einem enormen Zeitdruck. Wenn sie klingeln und es wird nicht umgehend reagiert, werfen die Mitarbeiter eben einfach den berühmten Zettel ein“, sagt eine Sprecherin einer Verbraucherzentrale.
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi kritisiert auch, dass der Arbeitsdruck der Paketzusteller bei DHL und anderen Anbietern in den vergangenen Jahren massiv zugenommen habe. Laut einer DHL-Sprecherin entstehe dem Zusteller allerdings „kein echter Zeitvorteil“, wenn er nicht beim Kunden klingle, weil er die Sendung dann ja wieder bearbeiten und zur zuständigen Postfiliale bringen müsse.
Es machten sich auch Zusteller anderer Unternehmen einfach, sagt ein Brühler im Gespräch. Bei UPS wurde einfach nicht in den Unterlagen nachgeschaut, dass es eine digitale Abstellgenehmigung gab. „Da kam der Bote zwar dreimal vorbei und klingelte, doch da alle drei Zustelltermine aus seiner Sicht missglückten, ging das Paket zum Absender ins Ausland zurück“, erinnert sich der Mann, der tagsüber halt nicht zu Hause ist, sondern arbeitet. Das sollte ihm bei einem anderen Paket nicht wieder passieren. Doch erneut das gleiche Vorgehen. Beim dritten Zustellversuch überzeugte den Boten dann wohl ein großes Plakat an der Tür, dass er bitte in seinem Computer nachschauen solle, weil es eine Abstellgenehmigung gibt. „Aber auf diese Weise informiere ich auch andere Menschen, die das eigentlich nicht wissen sollten, dass zurzeit das Haus leer ist und irgendwo zudem ein Paket steht.“
Wir fragten bei DHL nach – das Logistikunternehmen wirbt ja damit, jeden Werktag rund 6,7 Millionen Pakete auszuliefern, von denen 79 Prozent den Empfänger bereits am nächsten Werktag erreichen würden – wie es zu den zahlreichen Problemen allein im doch vergleichsweise kleinen Brühl kommen könne. „Leider erfolgt die Zustellung derzeit nicht in der Qualität, wie es unsere Kunden gewohnt sind“, räumt Pressesprecherin Jasmin Derflinger ein. Der Grund dafür sei Personalmangel. „Wir sind permanent auf Personalsuche. Zurzeit werden neue Kollegen eingearbeitet. Auch unterstützen uns vorübergehend Kollegen aus anderen Bezirken und Arbeitsbereichen.“
Keine Unregelmäßigkeiten
Gleichwohl habe man den Zustellbereich Brühl nochmals überprüft und „wir konnten keine größeren Unregelmäßigkeiten feststellen. So liegt uns für den Bereich der Postleitzahl 68782 eine Reklamation bezüglich voreiliger Benachrichtigung von Herrn Semsch vor. Reklamationen von weiteren Kunden waren nicht darunter.“
Gleichwohl versichert die DHL-Sprecherin trotzdem, man werde die betroffenen Zusteller sensibilisieren und entsprechend nachschulen. „Wir nehmen jede einzelne Beschwerde unserer Kunden ernst und sind immer bereit, den konkreten Fällen nachzugehen. Dafür bieten wir unseren Kunden zahlreiche Kontaktmöglichkeiten über unterschiedliche Kanäle, wie etwa den klassischen Telefonanruf auf der zentralen Kunden-Hotline 0228/4 33 31 12 oder unsere Social-Media-Kanäle. Zusätzlich ist unser Kundenservice auch über WhatsApp-Chat unter der Telefonnummer 0228/76 36 37 19 erreichbar.“
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