Brühl. Der Brühler Facharzt für Innere Medizin, Gesundheitsförderung und Prävention Dr. Axel Sutter hat eine Fortbildung gemacht. Eine ganz spezielle, eine mit roter Knollennase. In etwas mehr als zwei Jahren ließ er sich vom Team der Tamala-Clown-Akademie in Konstanz zu einem „Gesundheit!Clown“ ausbilden.
Nach dieser Zeit des Trainierens und Lernens können nun die 16 Absolventen des Jahrgangs, zu denen Sutter zählt, mit dem anerkannten Patent als zertifizierte und hoch qualifizierte Clowns ihrer Aufgabe gewissenhaft nachgehen. Seit 20 Jahren gibt es diese Ausbildung und Dienstleistung schon. Wir sprachen mit dem Brühler Internisten über diese Zusatzqualifikation.
Warum haben Sie diese Ausbildung gemacht?
Dr. Axel Sutter: Diese Ausbildung habe ich gemacht, weil ich gelernt habe, wie wichtig Humor und wie wichtig Lachen für die Gesundheit sind. Das wird sogar mit einem eigenen Wissenschaftszweig, der Gelotologie, untermauert, die sich mit den gesundheitlichen Wirkungen des Lachens beschäftigt. Für mich persönlich ausschlaggebend war vor über zehn Jahren, dass ich einen Clown bei einem zweitägigen medizinischen Symposion erlebte, der am Ende der Veranstaltung auf humorvolle Weise, die Themen und Ergebnisse zusammengefasst hat. Das war so köstlich - ab dem Moment wusste ich: Ich möchte auch Clown werden.
Und wie lernt man, ein Clown zu sein?
Sutter: Man kann nicht einfach nur eine rote Nase anziehen und dann loslegen. Dazu gehört viel mehr. Ich bin bei Tamala in Konstanz gewesen, eine Akademie, die schon seit über 30 Jahren besteht und von Schauspielern geleitet wird. Die Ausbildung, die sogar als Berufsausbildung zählt, ging über zweieinviertel Jahre.
Was lernt man da?
Sutter: Da lernt man als Allerwichtigstes, wie man Lebensfreude vermitteln kann, wie man Freude ausstrahlen kann und damit bei seinem Gegenüber Freude wecken - auch, wenn es demjenigen im Moment nicht so gut geht, weil er im Krankenhaus oder vielleicht sogar in einem Hospiz ist. Es geht dann darum, gesunde Anteile des Menschen zu wecken. Ich bin überzeugt - und man weiß es auch durch Studien - dass Selbstheilungskräfte durch Humor und Lachen geweckt werden können.
Haben Sie durch den Perspektivwechsel vom Mediziner zum Clown eine ganz neue Erfahrung für Ihre Tätigkeit ohne rote Nase als Arzt gewonnen?
Sutter: Ja, unbedingt. In dieser Ausbildung lernt man Dinge, durch die man unheimlich viel Psychologisches über sich erfährt. Wie kann ich zum Beispiel eigene Projektionen erkennen, also Dinge, die ich auf andere übertragen möchte, die aber in Wirklichkeit nur in mir selbst sind?
Was hat Sie in der Ausbildung besonders überrascht?
Sutter: Das war im Zusammenhang mit der Strasberg-Methode, mit der die Natürlichkeit und Intensität der schauspielerischen Darstellung gesteigert wird, indem der Schauspieler mit Hilfe eines von ihm entwickelten Instrumentariums die Rolle in sich selbst findet und mit ihr verschmilzt. Dabei hat unser Trainer in uns verschüttete, versteckte Emotionen geweckt. Nachdem diese Blockade gelöst wurde, hat man gemerkt, dass die Teilnehmer des Seminars plötzlich den Turbo zünden konnten. Es ist ja schon eine große Aufgabe, in ein Krankenzimmer hineinzukommen, in dem vielleicht durch die Krankheit eine sehr depressive Stimmung herrscht, und mich davon nicht anstecken zu lassen, sondern einen Funken der eigenen Lebensfreude überspringen zu lassen. Das kann dem Kranken - natürlich zusätzlich zu allen anderen medizinischen Behandlungen - nur gut tun. Es ist eine sehr heilsame Medizin. Das kann man auch bei der Stiftung „Humor hilft heilen“ meines berühmten Kollegen Dr. Eckart von Hirschhausen in vielen Studien nachlesen.
Sie haben Hospize angesprochen. Haben Sie schon einmal erlebt, dass jemand in dieser Situation des nahen Todes die Clownerie komplett abgelehnt hat?
Sutter: Persönlich habe ich es noch nicht erlebt, aber das kann immer vorkommen. Und deshalb lernen wir in dieser Ausbildung auch, die Signale des Gegenübers zu erkennen. Es wird keinesfalls - das gehört einfach auch zu den ethischen Grundsätzen - jemand gegen seinen Willen bespaßt. Auch deshalb ist die zweijährige Ausbildung so wichtig.
Besteht nicht auch die Gefahr, als Arzt nicht mehr ernst genommen zu werden, wenn man auch als Clown unterwegs ist?
Sutter: Die Gefahr kann bestehen, wenn ich die Rollen vermischen würde. Als Arzt werde ich immer Arzt sein und keinen nichtangebrachten Humor anwenden. Es sind einfach zwei verschiedene Bereiche, wobei der Arzt in mir durch die Clownausbildung profitiert hat. Das heißt, ich kann ein besserer Arzt sein, wenn ich diese Dinge der Clown-Akademie gelernt habe und berücksichtige.
Sie würden also empfehlen, dass sich Ärzte mit der Clownerie auseinandersetzen sollen?
Sutter: Unbedingt. Ich habe schon mit einem in der Öffentlichkeit sehr bekannten Kollegen gesprochen, ein Wochenendseminar für Ärzte und Pflegepersonal zum Thema „Humor im medizinischen Alltag“ zu machen - da kam allerdings Corona dazwischen. Dabei könnte man bereits einige sehr effektive Techniken erlernen. Und man kann diesen Humor auch als eine Art Schutz für die nicht immer leichte Arbeit sehen.
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