Brühl. Nicht erst im Landtagswahlkampf war die Kollerfähre, die den rechtsrheinischen Teil der Gemeinde mit dem linksrheinischen Gemarkungsteil verbindet, ein heißdiskutiertes Thema – auf Landesebene. Jüngster Anlass dafür war eine Prüfung des Rechnungshofs aus dem Jahr 2019. Dort wurde festgestellt, dass das Land die Fähre freiwillig betreibe und deren Betrieb defizitär sei. Da sollte die Schraube angezogen werden, hieß es.
Zwar konnte das Minus des Fährbetriebs in den vergangenen Jahren deutlich verringert werden, räumt auch das zuständige Finanzministerium ein. So habe sich das Defizit von seinem Höchststand von rund 170 000 Euro im Jahr 2010 auf etwa 16 000 Euro 2020 verringert. Sowohl die Einnahmen aus dem Fährbetrieb als auch die Beförderungszahlen hätten erheblich gesteigert werden können, gibt es Lob aus dem Ministerium. „Von der Gewinnzone ist der Fährbetrieb aber selbst in den Jahren 2019 und 2020, in denen Sondereffekte – etwa die Brückensperrung bei Speyer und der verstärkte Ausflugsbetrieb wegen Corona – das Betriebsergebnis positiv beeinflusst haben, noch relativ weit entfernt“, heißt es in einer Mitteilung der Landesregierung aus dem vergangenen Frühjahr.
Ministerium will Betrieb erhalten
Gleichwohl sprach sich das Finanzministerium noch im Herbst für die Erhaltung des Fährbetriebs aus. Aus Sicht des Ministeriums sei eine gute und direkte Erreichbarkeit von ökologischer und wirtschaftlicher Bedeutung für die Nutzung der Kollerinsel. Zudem gehöre die Fähre als „historisches Kulturgut“ in seiner Gesamtheit zur Kollerinsel und damit zur Region.
Nun ist die Rede davon, den Fährbetrieb, der seit 1834 von den jeweiligen Landesregierungen vom Großherzogtum bis heute finanziert wurde, zumindest in Teilen zu privatisieren. Eine Vollprivatisierung des Fährbetriebs sei aus wirtschaftlicher Sicht nicht realistisch und wegen des Wegfalls von Steuerungsmöglichkeiten auf den Fährbetrieb auch nicht im Interesse des Landes, stellt man in Stuttgart fest. „Die Kollerfähre kann wegen der hohen Betriebskosten auch von einem privatwirtschaftlichen Unternehmen nicht gewinnbringend betrieben werden. Weder können die Fährtarife so stark erhöht noch kann die Benutzerfrequenz so gesteigert werden, dass eine Deckung der Betriebskosten vor allem für Personal, aber auch für Betrieb und Unterhalt der Fähre, oder gar ein Gewinn erreicht werden könnte.“
Bei einer Vollprivatisierung müsste der Pächter oder Konzessionär auch das Risiko von umfangreichen Reparaturen beziehungsweise einer Ersatzbeschaffung bei vollständigem Ausfall der aktuellen Fähre tragen, heißt es in einer Bewertung des Ministeriums weiter. Vorgeschlagen wurde so eine Teilprivatisierung.
Die Ausgaben für den laufenden Betrieb der Fähre, also die Lohn- und Sachkosten, wären dabei vom Betreiber zu tragen. Er habe auch etwaige Arbeiten selbstständig in Auftrag zu geben. Das Kostenrisiko für eventuell größere Reparaturen sowie für eine Ersatzbeschaffung der Fähre könne allerdings kein Betreiber übernehmen. Dies müsste beim Land verbleiben. Das würde zudem einen festen jährlichen Betriebskostenzuschuss an den Betreiber leisten. Wegen der höheren Flexibilität beim Betrieb durch einen Privatunternehmer, der Möglichkeit einer maßvollen Ausweitung des Fährbetriebs sowie den Verschärfungen bei der Arbeitnehmerüberlassung wird vom Ministerium eine solche Teilprivatisierung präferiert.
Besser auf Nachfrage reagieren
Dieser Meinung ist auch der Landtagsabgeordnete der Grünen, Dr. Andre Baumann: „Die Fähre gehört zu unserer Heimat. In der Vergangenheit ist die Kollerfähre jedoch defizitär gefahren.“ Um die Fähre langfristig und wirtschaftlich zu betreiben, solle sie teilprivatisiert werden. „Private Unternehmen können besser auf die Nachfrage vor Ort reagieren als ein Ministerium. Dadurch sind zum Beispiel flexiblere Fährzeiten oder umfassendere Werbemaßnahmen möglich. Das erhöht die Attraktivität und kann dadurch zu mehr Fahrgästen und höheren Einnahmen führen. Bisher hatte ausschließlich das Land – und damit die Steuerzahler – die Unterhaltung der Fähre übernommen“, erklärt Andre Baumann und erinnert daran, dass mit Steuergeldern verantwortungsvoll umgegangen werden muss. „Im Landtagswahlkampf hatten sich alle Kandidierenden für einen dauerhaften Erhalt der Fähre ausgesprochen – auch ich war uneingeschränkt dafür und bin es immer noch.“
Baumann sieht sich jedoch als einzigen, der sich nicht auf eine 100-prozentige Kostenübernahme durch das Land festgelegt hatte, „nun freue ich mich sehr, dass das Finanzministerium eine Lösung vorschlägt, mit einer Teilprivatisierung den Betrieb der Kollerfähre zu sichern, damit auch unsere Kinder und Enkelkinder mit ihr fahren können.“
„Immerhin hat die Landesregierung endlich begriffen, dass sie für die Fähre eine Zuständigkeit hat – das war ein Bohren dicker Bretter“, meint Landtagsmitglied Daniel Born (SPD). Er sieht in der Teilprivatisierung einen gangbaren Weg, wenn Standards festgelegt werden – das betreffe vorrangig die Preise, die nicht deutlich steigen dürften. „Außerdem muss unsere Forderung, dass das Angebot ausgeweitet wird, Teil des Konzeptes sein“, so der SPD-Parlamentarier.
„Die Zukunft der Kollerfähre ist mit diesem Konzept gesichert – und das ist gut so“, zeigt sich Landtagsabgeordneter Andreas Sturm (CDU) überzeugt. „Im Grunde ist es ja kaum eine Veränderung zur jetzigen Situation“, meint er, „wichtig ist, dass das Land weiter beim Fährbetrieb auf die Kollerinsel einsteigt.“
Der Pendelbetrieb zwischen den beiden Brühler Ufern startet jedenfalls am Mittwoch, 16. März, in die Vorsaison. Dann setzt die Fähre jeweils von 10.30 bis 15 Uhr über. Nur montags und dienstags findet kein Fährbetrieb statt.
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