Im Interview - Kulturbeauftragter Jochen Ungerer kündigt die Wiederaufnahme des Veranstaltungskalenders für September an / Viele bekannte Künstler am Start

Brühls Kulturbeauftragter spricht über mögliche Veranstaltungen

Von 
Ralf Strauch
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Brühl. Die Hufeisengemeinde genießt einen sehr guten Ruf im Kulturbereich. Bildenden Künsten und Kleinkunst wird im Ort viel Raum gegeben, weshalb immer wieder renommierte Künstler auf den Bühnen stehen. Doch Corona und der Lockdown haben der Szene arg zugesetzt. Viele Veranstaltungen mussten in den vergangenen Monaten abgesagt und verschoben werden. Wir sprachen mit dem Ordnungsamtsleiter und Kulturbeauftragten der Gemeinde Jochen Ungerer, wie es jetzt weitergeht.

Wann wird der Brühler Kulturkalender wieder mit Terminen gefüllt sein?

Jochen Ungerer: Unsere erste kommunale Veranstaltung wird – so ist es zumindest derzeit geplant – die Eröffnung einer Ausstellung mit Arbeiten der beiden Malerinnen Waltraud Jehn und Heidi Schübel am Freitag, 17. September, in der Rathausgalerie sein. Dann geht es Schlag auf Schlag weiter. Zunächst mit einem Gastspiel der Hemshofschachtel am Samstag, 18. September, in der Festhalle und am Freitag, 24. September, mit der bereits zweimal verschobenen Vernissage zur Ausstellung mit Bildern von Alf Osman in der Villa Meixner. Das sind unsere Opener.

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Brühl: Kulturprogramm startet im September.

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Und warum startet das Kulturprogramm nicht bereits vor dem Herbst – die Inzidenzwerte liegen doch wieder tief?

Ungerer: Das hat mehrere Gründe. Erstens ist die Sanierung der Festhalle – unsere wichtigste Spielstätte in Brühl – nicht vor dem August fertig. Zweitens hat das Kulturprogramm schon immer in den Sommermonaten ausgesetzt – das behalten wir auch in diesem Jahr bei, selbst wenn es viel nachzuholen gibt. Und dann geht es natürlich auch um finanzielle Aspekte. Solange es eine Abstandsregelung gibt, können nicht mehr als rund 90 Besucher in der Festhalle Platz finden. Das trägt einfach nicht die Kosten bei unseren hochkarätigen Künstlern.

Warum gibt es dann keine sommerlichen Open-Air-Veranstaltungen?

Ungerer: Die scheitern an der zu geringen Größe des Gartens der Villa Meixner, denn auch da gelten noch die Abstandsregeln. Statt 250 könnten maximal nur 100 Besucher an den Veranstaltungen teilnehmen. Außerdem ist die Bewirtung – ein wichtiger finanzieller Aspekt dieser Veranstaltungen – gar nicht bis nur eingeschränkt möglich. Und wer weiß, wie sich die Corona-Werte entwickeln. Wenn ich dann eine Bühne und die entsprechende Technik gemietet habe, der Termin aber kurzfristig abgesagt werden muss, bleibe ich auf den sehr hohen Kosten sitzen.

Also sind auch keine Großveranstaltungen wie Straßenfeste geplant?

Ungerer: Das Sommerfest in Rohrhof ist ja bereits abgesagt, über die Kerwe entscheiden wir in den nächsten Tagen. Aber wie es derzeit ausschaut, ist es eher unwahrscheinlich, dass sie stattfinden wird. Wir können den Besucherstrom da einfach nicht kontrollieren. Man darf nicht vergessen: Wir sind mit dem Impfen in Deutschland noch nicht so weit, wie wir sein müssten. Wenn dann auch noch gesellig Alkohol konsumiert wird, dann werden die Gäste sicherlich nicht mehr auf den Abstand achten. Hinzu kommt, dass ja auch die Vereine bereit sein müssten, das gesundheitliche und finanzielle Risiko einzugehen. Wir sitzen da in einer Zwickmühle. So ist es auch kein Wunder, dass in der Region viele Feste bis in den Oktober hinein abgesagt wurden.

Wir werden aber sicher etwas auf die Beine stellen. Vielleicht mit den Gastronomen oder mit Vereinen in deren Vereinsheimen. Auch die Kerweborscht wären bereit, andere Wege zu gehen. Wir müssen versuchen, das Brauchtum weiter aufrechtzuerhalten, müssen aber immer die aktuell gültige Corona-Verordnung im Auge behalten.

Dann sind die Herbsttermine im Kulturkalender aber auch nicht wirklich sicher, oder?

Ungerer: Nein, leider nicht. Niemand weiß, was uns der Herbst wieder bringen wird. Aber wir gehen jetzt erst einmal optimistisch an die Planung. Ich denke zurzeit, dass alle Maßnahmen gegen die Pandemie bis dahin so weit gegriffen haben, dass wir die Spielstätten wieder gut füllen können. Wobei ich nicht nachvollziehen kann, warum zurzeit die Menschen vier Stunden eng gedrängt im Flieger sitzen dürfen, aber nicht zwei Stunden in der Festhalle mit ihrer hochwertigen Belüftungsanlage.

Wie sieht denn die weitere Planung aus – auf welche Künstler darf man sich noch in Brühl freuen?

Ungerer: Da sind einige absolute Kracher vorgesehen. Am Donnerstag, 30. September, wollen wir in der Festhalle das musikkabarettistische Frauen-Quartett „Schöne Mannheims“ präsentieren, am Donnerstag, 21. Oktober, kommt der Kabarettist Wolfgang Trepper aus dem Ruhrpott zu uns in die Festhalle. Einen Tag später eröffnet Stephan Müller seine Ausstellung in der Villa Meixner. Am Donnerstag, 11. November, erwarten wir den Kabarettisten, Autor, Schauspieler und Regisseur René Sydow mit seinem aktuellen Programm in der Villa Meixner und eine Woche später den Extrembergsteiger Hans Kammerlander aus Südtirol.

Der vielfache Preisträger und Klaviator Lars Reichow gastiert am Donnerstag, 25. November, in der Festhalle und der Kabarettist, Moderator, Sprecher, Autor und Weltenretter Stefan Reusch wird am Mittwoch, 1. Dezember, auf der Bühne der Villa Meixner stehen. Am Donnerstag, 9. Dezember, bietet dort Thomas Borchert sein Musicalprogramm. Traditionell wird Christian Habekost sein Weihnachtsspecial im Advent in der Festhalle vorstellen – diesmal am Donnerstag, 16. Dezember. Zwei weitere klangvolle Namen sind im Januar Tobias Mann und im Februar Bernhard Hoëcker. Es wird in den Herbst- und Wintermonaten also wieder einiges geboten sein in Brühl.

Sind das Nachholtermine mit alten Programmen oder wird Aktuelles geboten?

Ungerer: Es sind zwar Nachholtermine der Künstler, aber zumeist mit ganz neuen und aktuellen Programmen.

Ist es denn schwer, jetzt neue Termine mit den Künstlern auszumachen oder stehen die Kunstschaffenden Schlange, um endlich wieder Geld verdienen zu können?

Ungerer: Durch meine guten Kontakte und weil ich während des Lockdowns immer frühzeitig mit offenen Karten gespielt habe, bestanden keine Probleme, die Künstler wieder nach Brühl zu holen. Und es gab auch keinen Ärger, weil wir Künstler, die langfristig für das kommende Jahr gebucht hatten, noch um ein weiteres Jahr nach hinten geschoben haben – etwa Katie Freudenschuss, die jetzt erst 2023 bei uns spielen wird. Im Kulturbereich herrscht derzeit ein Geben und Nehmen, da schießt niemand quer. Alle versuchen, flexibel vernünftige Lösungen zu finden.

Redaktion

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