Geothermie - Gegner des Erdwärme-Kraftwerks im Süden der Gemeinde kritisieren den für Ende Oktober geplanten Urnengang

"Bürgerbefragung ist eine Farce"

Von 
Ralf Strauch
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Die Sprecher der Bürgerinitiative, Thomas Gaisbauer, Professor Dr. Antonius Sommer, Marion DeMille und Peter Peters (v.l.), beim Sichten der Fakten.

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Brühl. "Wir halten die Bürgerbefragung zur Geothermie in Brühl schon im Vorfeld für eine absolute Farce, eine Taktik eines Teils des Gemeinderates, um sich aus der Verantwortung zu stehlen", sagt Thomas Gaisbauer, Sprecher der Bürgerinitiative (BI) gegen das Erdwärme-Kraftwerk im Süden der Gemeinde bei einem Pressetermin gestern Nachmittag. Und dann setzt er noch einen drauf: "Die Bürger werden da regelrecht verarscht!"

Doch, obwohl er in dieser Einschätzung mit seinen Mitstreitern der Bürgerinitiative ganz klar übereinstimmt, besteht auch darin Einigkeit, dass die BI die Bürgerbefragung nicht boykottieren werde. Im Gegenteil: "Wir fordern alle Bürger auf, sich dennoch an der Wahl zu beteiligen!"

Man sehe sich im Zugzwang, um nicht hinterher vorgeworfen zu bekommen, nicht alle Mittel im Kampf gegen die Anlage ausgeschöpft zu haben. Außerdem, so fügt BI-Mitglied Marion DeMille hinzu, würde jeder Bürger, der nicht zur Abstimmung gehe, später zweifellos als Befürworter der Geothermie in Brühl gewertet. Ein Fernbleiben bei einer Befragung dürfe aber niemals in eine Zustimmung umgedeutet werden, dies macht jede Umfrage undemokratisch.

"Eine Bürgerbefragung ist grundsätzlich positiv zu bewerten, wenn sie am Anfang eines Prozesses steht und nicht an dessen Ende", erklären die BI-Sprecher. Wenn die Bürger aktiv vor einem Entscheidungsprozess einbezogen würden und ihnen die Möglichkeit gegeben werde, zwischen zwei oder mehr Alternativen zu wählen, sei sie sinnstiftend. "In Brühl jedoch wurde diese wichtige Entscheidung 2008 ohne die Bürger getroffen und seither wird - ohne Rücksicht auf die Bürgermeinung und Faktenlage - an ihr festgehalten", lautet die Kritik der Geothermie-Gegner.

"Bürger zu lange ignoriert"

Auch, als im Januar 2011 insgesamt 3200 Unterschriften von besorgten Bürgern im Rathaus überreicht worden sind, hätte man deren Bedenken erneut ignoriert. "Zu diesem Zeitpunkt wäre eine Befragung auch noch sinnvoll gewesen", urteilen die Kritiker. Eine demokratische Wahl regele und entscheide immer für die Zukunft, nicht für die Vergangenheit. Die jetzige Bürgerbefragung oder Meinungsumfrage sei rechtlich und zielmäßig mit einer richtigen Wahl nicht vergleichbar.

Mit der Befragung werde versucht, diese, aus Sicht der BI falschen Entscheidungen des Rates nachträglich zu legitimieren, heißt es weiter. Und selbst, wenn sich eine Mehrheit der Bürger gegen die Geothermie ausspreche, sei das Ergebnis nicht bindend, kritisiert DeMille, "eine Bürgerbefragung gleicht in ihrer Konsequenz lediglich einer einfachen Meinungsumfrage". Rechtlich verpflichte man sich zu nichts, sondern verspreche lediglich eine Überprüfung aller rechtlichen Mittel. "So verstreicht weitere wertvolle Zeit", mahnt Gaisbauer.

Eine schlechte Entscheidung würde nicht besser, indem sie nach vollendeten Tatsachen den Bürgern zur Wahl vorgelegt und ihnen gleichzeitig mit Konsequenzen gedroht würde, "die vom Rathaus durch stures Festhalten an ihrer Entscheidung" verursacht wurden. "Hätte man 2010 schon auf die Bürger gehört, dann wäre gar kein Schaden entstanden." Die Konsequenzen aus den Entscheidungen, etwa einen fraglichen Schadenersatz könne man jetzt den Bürgern nicht anlasten - "das ist absolut unethisch", sagt DeMille.

"Keine ausgewogene Information"

Kritik gibt es auch am geplanten Informationsblatt zur Befragung. Im "Faktencheck" würden nicht die Aussagen der drei Gutachten zum Standort Brühl genannt. Gefahren würden verharmlost. Die Bürgerinitiative habe deshalb ihre Argumente gegen die Anlage eingereicht, "jetzt sind wir nur gespannt, was da am Ende noch von auf dem sogenannten Informationsblatt ankommt", sagt Gaisbauer.

Zusammenfassend kommen die Vertreter der BI zur Überzeugung, dass die Bürgerbefragung "von der eigenen Verantwortung des Rates und der Verwaltung ablenken, Zeit gewinnen und verschleiern soll, dass der Rat mit Mehrheit von CDU und SPD im Grunde fest entschlossen ist, das Projekt fortzusetzen. "Hier sollen die Weichen auf Pro gestellt werden", mutmaßen die BI-Mitglieder. Doch man habe keine Wahl, "wir können die Bürgerbefragung nicht ignorieren".

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