Brühl. Tür auf. Tür zu. Auftritt. Abgang. Es ging turbulent zu auf der Bühne der Brühler Festhalle. Das verwunderte allerdings niemanden im Publikum – es wurde sogar erwartet, schließlich war die Truppe von Marie-Louise Mott über den Rhein zum Gastspiel nach Brühl gekommen. Und das Mundarttheater „Hemshofschachtel“ hatte einmal mehr einen Schwank mitgebracht, der vor Tempo und Witz nur so strotzte.
Die meisten Besucher dieses Abends waren Wiederholungstäter – sie besuchen schon seit Jahren die regelmäßigen Auftritte der „Hemshofschachtel“ in der Festhalle, wie deutlich zu vernehmen war. „Der jüngste Auftritt, den wir erleben durften, ist aber einfach schon wieder viel zu lange hern“, zeigte sich Jochen Ungerer, im Rathaus unter anderem für die Kulturarbeit zuständig, überzeugt. Der Grund für die lange Abstinenz war die Pandemie, die für das kleine Theater in Ludwigshafen eine enorme Belastung gewesen sei.
Doch das war vergessen, als sich der Vorhang für die „Tatort“-erprobten Ensemblemitglieder und deren Mundartkomödie „Alles paletti“ in Brühl hob. Die Handlung ist – allen Irrungen und Wirrungen zum Trotz – schnell erzählt: Franziska Eisenhut (Ramona Lisowski) erhält eines Tages die Benachrichtigung, dass sie 10 000 Euro in einem Preisausschreiben gewonnen hat. Das ist für sie ein willkommener Anlass, aus ihrem langweiligen Ehealltag mit Hans (Uwe Bansemer), ihrem „Klobürstenvertreter“, auszubrechen. Sie erfindet die Beerdigung von Fiona von Fleckenstein (Sigrid Loos), einer sehr, sehr entfernten Verwandten, die in Griechenland stattfinden soll, um ihren Gatten nicht mitnehmen zu müssen. Stattdessen will sie es mit ihrer Freundin Hilde (Sandra Krobath) – nicht unbedingt das hellste Licht im Kronleuchter – drei Tage in einem First-Class-Hotel mit allem Wellnessschnickschnack so richtig krachen lassen.
Es geht drunter und drüber
Kaum sind die beiden weg, geht es im zweiten Teil des Mundartstücks aus der Feder von Rolf Salomon im biederen Wohnzimmer der Eisenhuts endgültig drunter und drüber. Oma Sophie (Marie-Louise Mott) bestellt ihren Liebhaber Gisbert (Thomas Zech) aus dem Altersheim – nachdem die eigentlich geplante heimliche Spritztour im Auto des Schwiegersohns mit dem „wilden Tiger“ im Unfall direkt vor der Haustür geendet war.
Hans – er bedauert den Schicksalsschlag als Mann „in derre Welt gebore worre zu sein“ – überlässt zudem seinem Freund Udo (Michael Knaak) – er ist laut Hilde eher der Trostpreis als der Hauptgewinn – die Wohnung zu einem erotischen Stelldichein mit der Kasachin Borbala (Nadine Schmitt). In dem Moment, als sie auftaucht, ist das Chaos perfekt. K.o.-Tropfen, Handschellen und eine leergeräumte Wohnung sorgen für Aufregung. Und als sei das nicht schon genug, steht plötzlich die vermeintlich tote Tante aus Griechenland vor der Tür.
Der Publikumsliebling war in Brühl schnell ausgemacht: Theaterchefin Mott musste nur ihren Kopf durch die Tür strecken, da waren ihrer Grimasse, Pardon, den Mimikfältchen, die Lacher sicher. Bei jedem Auftritt der Oma dabei: Die Zigarette. Die tauschte sie nur einmal gegen eine Zigarre aus – „die habe ich vom Fidel!“ Damit hatte Mott das Finale vorgegeben: Ein flotter Salsa-Tanz mit dem Brühler Owwerkerweborscht Fidelis Fonje. Er riss auch das übrige begeisterte Publikum von den Stühlen.
Und damit war eine Feuertaufe geschafft, denn die meisten Mitglieder des Ensembles kannten die Brühler Bühne noch nicht, sie waren erst nach der Pandemie zur „Hemshofschachtel“ gekommen – die bisherig Truppe war durch die erzwungene Corona-Pause auseinandergebrochen.
Mit viel Spaß, Disziplin und Spielfreude haben die Neuen im Ensemble aber auch bei diesem Gastspiel in Brühl die Regiehinweise von Andreas Assanoff und Alexander Doderer gekonnt umgesetzt und für einen fröhlichen Mundartabend gesorgt.
Unterhaltsamer Klamauk
Das sieht auch der Brühler Peter Tippl so, der zusammen mit Freuden zum Gastspiel der „Hemshofschachtel“ in die Festhalle gekommen war. „Oma ist die Beste“, zeigt sich der regelmäßige Gast der Aufführungen dieser Truppe von Mott inspiriert. Auch Thomas Siebig aus Plankstadt ist kein Neuling im Publikum – viermal schon hat er Stücke der Truppe erlebt, auch in deren Ludwigshafener Heimstätte. „Sie schaffen es immer wieder, interessant zu sein, weil man nie weiß, wie es weitergeht in diesem Tohuwabohu.“
Ruth Lipfert aus Bensheim findet den Klamauk auf der Bühne auch unterhaltsam, doch bedauert sie, dass der Festhalle das familiäre Flair des Theaters in Hemshof fehle.
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