Brühl. Einige sehr nachdenkliche Gesichter zeigten in der jüngsten Gemeinderatssitzung die Stimmungslage der Ratsmitglieder, als Bürgermeister Dr. Ralf Göck den Haushaltszwischenbericht für das laufende Jahr vorstellte. Auch wenn der Rathauschef versuchte, dem Zahlenwerk noch etwas Positives abzugewinnen, weil das Minus zum Jahresende wohl geringer ausfalle, als im ursprünglichen Etatentwurf vorgesehen, dürfte da deutlicher Redebedarf bestehen. Doch in der jüngsten Sitzung wurde der Finanzbericht erst einmal ohne Aussprache zur Kenntnis genommen. Die Debatte wird erst in einer der nächsten Ratssitzung eröffnet werden, wenn auch der Jahresabschluss für 2023 vorgelegt wird.
„Wie gewohnt im September geben wir unseren Bericht ab, was im Laufe des Jahres aus dem Haushaltsplan, den wir im Januar beschlossen haben, geworden ist“, erklärte Göck. Die Ausgangslage für das aktuelle Haushaltsjahr sei so, dass die Gemeinde schon von Anfang an mit einem Fehlbetrag, also mehr Ausgaben als Einnahmen, gerechnet habe. Allerdings würden wohl die Erträge etwas – um 706 000 Euro – ansteigen, ursprünglich war man von rund 40 Millionen Euro Zuflüssen ins Gemeindesäckl ausgegangen.
Aber die Ausgaben seien kaum gefallen – da macht der Unterschied 1,4 Millionen Euro aus. Doch habe die Schätzung bei den Ausgaben Anfang des Jahres auf einem Rekordhoch von 45,7 Millionen Euro gelegen. Aber trotz der Verbesserung bei Einnahmen und Ausgaben sei leicht auszurechnen, dass es in Brühl bei einem Defizit bleibe. Insgesamt werde das Jahresergebnis damit 2024 wohl mit einem Minus von 1,7 Millionen Euro schließen, prognostizierte Göck in der Gemeinderatssitzung. Bei der Haushaltsplanung Anfang des Jahres habe man allerdings noch mit einem Defizit von 3,8 Millionen gerechnet. „Aber es ist immer noch zu viel, sodass man sagen muss: Wenn das so weitergeht, ist irgendwann das Vermögen der Gemeinde komplett aufgebraucht.“ Der Landkreis habe als Aufsichtsbehörde die Gemeinde bereits aufgefordert, erhebliche Einsparungen vorzunehmen, räumte der Verwaltungschef in seiner Gesamtübersicht der Gemeindefinanzen ein.
Im Finanzhaushalt machte Göck aus, dass Brühl deutlich weniger Auszahlungen habe. Man habe geplant gehabt, in den Neubau für den Hort an der Schillerschule und in die Container für die Flüchtlingsunterbringung zusammen 12,8 Millionen Euro investieren zu wollen. Bisher seien davon aber nur zwei Millionen Euro ausgegeben worden, weil beide Investitionsmaßnahmen noch nicht in Angriff genommen worden seien. Für die Container habe der Kreis noch immer keine Baugenehmigung erteilt. Bis Ende des Jahres würden insgesamt wohl nur ein gutes Drittel der geplanten Kosten für alle Investitionen anfallen.
Gemeindehaus in Brühl als Großprojekt
Das einzige Großprojekt, bei dem Auszahlungen zu verbuchen gewesen seien, wäre der Neubau des Gemeindewohnhauses in der Albert-Einstein-Straße gewesen. Aber: Aufgeschoben sei nicht aufgehoben, betonte Göck. Die ursprünglich eingeplanten Kosten für andere Projekte würden irgendwann anfallen. Doch zeige sich dabei einmal mehr, dass selbst die Kosten für große Projekte wegen zeitlicher Verschiebungen in der Ausführung für die Kommune langfristig nur sehr schwer planbar seien, so der Rathauschef.
Letztlich, so Göck, werde man im Finanzhaushalt Einzahlungen von rund 754 000 Euro haben, denen am Jahresende Ausgaben von 4,7 Millionen Euro gegenüberstehen. „Beide Werte werden damit weit unter den Planungen von Anfang des Jahres liegen“, betont der Bürgermeister. Gleichwohl sei aus seiner Sicht auch in diesem Bereich eine klar negative Bilanz festzustellen.
Im Haushaltsentwurf seien Anfang des Jahres Kredite von 10,1 Millionen Euro vorgesehen gewesen, doch das habe man noch nicht in Anspruch nehmen müssen. „Wenn allerdings die Ausgaben für die Wohncontainer noch in diesem Jahr kämen, womit Bauamtsleiter Reiner Haas nach eigenem Bekunden rechnet“, müsste die Gemeinde doch noch einen Kredit aufnehmen.
Die Liquidität, also die „flüssigen“ Geldmittel, die der Gemeinde sofort zur Verfügung stehen, lässt die Alarmglocken schrillen. Aus dem Vorjahr konnten so gut wie keine liquiden Mittel übernommen werden. Lediglich ein Betrag von 115 000 Euro verblieb am Jahresende nach Kassenschluss, was zugleich eine deutliche Unterschreitung der gesetzlichen Mindestliquidität ist, die für das Jahr 2023 bei rund 667 000 lag. „Dies wird von der Gemeindeprüfungsanstalt bei der nächsten Prüfung beanstandet werden“, prognostiziert Bürgermeister Göck schon jetzt.
Keine Entwarnung für Brühler Haushalt in Sicht
„Wir erwarten Ende 2024 ein etwas besseres Ergebnis als gedacht“, so Göck, der im kommenden Dezember von einer Liquidität von zwei Millionen Euro ausgeht. „Damit dürfte für 2024 mit keinen negativen Bemerkungen der Gemeindeprüfungsanstalt zu rechnen sein.“ Aber dennoch sei im Finanzbereich der Gemeinde kein gutes Ergebnis zu verkünden, so der Verwaltungschef, „wir können also keine Entwarnung geben, der Zwischenbericht macht vielmehr deutlich, dass die kommunalen Reserven zur Neige gehen“.
Sparsamkeit dürfte also anstehen. Dazu tritt im Herbst eine Haushaltskonsolidierungskommission analog zu den Vorjahren seit 2016 zusammen, um die Finanzsituation zu diskutieren und Rahmenbedingungen für die kommende Haushaltsplanung zu erarbeiten.
Auf Nachfrage von Ralf Jochen Meyer (AfD), wer denn zu dieser Kommission gehöre, erklärte Göck, dass sie sich aus dem Bürgermeister, den Fraktionsvorsitzenden – also auch Meyer – und Bürgermeisterstellvertretern sowie Mitarbeitenden der Kämmerei zusammensetze, „wie es ja auch in der für heute ausgehändigten Sitzungsvorlage steht“.
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