Neujahrsempfang - Wegen der Pandemie erstmals in digitaler Form / Rückblick und Ausblick von Bürgermeister Dr. Ralf Göck / Musikbeiträge und Ehrungen bereichern den 30-minütigen Film

„Die Gemeinde erweist sich als krisenfest“

Von 
Ralf Strauch
Lesedauer: 

Brühl. Eigentlich hätte Bürgermeister Dr. Ralf Göck, die Amtskette um den Hals, am Sonntag in der Festhalle hunderte von Händen geschüttelt und – eingebettet in ein Bühnenprogramm – beim Neujahrsempfang der Gemeinde Rück- und Ausblick gehalten. Doch, was ist in Corona-Zeiten schon „eigentlich“? Wegen der Kontaktbeschränkungen ist das Gemeindeoberhaupt auf die Idee gekommen, den Empfang digital durchzuführen.

Mit einem Technikteam um Michael Fuchs drehte er in der Villa Meixner vergangene Woche seine Ansprache, die er nicht nur mit Bildern aus dem vergangenen Jahr unterlegte, sondern die auch noch von einem Musikbeitrag eines Gitarrenensembles der Jugendmusikschule aus Walter Barbarino, Moritz Barbarino, Naomi Zelt und Marco Kern sowie zwei Ehrungen – einmal im Zusammenhang mit der Aktion Stadtradeln, einmal für den Leiter der Jugendmusikschule – bereichert wird. Herausgekommen ist ein knapp 30-minütiger Film, der sehenswert ist und nun per Internet angesehen werden kann.

Dass der Film eigentlich erst exakt zum Zeitpunkt des ursprünglich geplanten Neujahrsempfangs am Sonntagmorgen online gehen sollte, dann aber doch schon ein Probelauf am Freitagabend die ersten Nutzer erreichte, ist so ein weiteres „Eigentlich“ rund um den Termin zum Start ins neue Jahr.

„Eine aufstrebende Gemeinde“

„Verantwortung und Wertschätzung weiter leben“ lautet die Überschrift von Göcks Ansprache, die sich erwartungsgemäß vor allem um die Auswirkungen der Pandemie auf die Hufeisengemeinde dreht. Doch verfällt der Bürgermeister nicht ins Lamentieren, sondern stellt bereits im zweiten Satz fest: „Brühl ist eine aufstrebende Gemeinde!“ Und er sieht auch „ermutigende Signale in Zeiten der Pandemie: Wir lassen uns unsere Werte, unsere Ziele, all das, was uns verbindet und starkmacht, von diesem Virus nicht kaputtmachen“. Er blicke mit Mut, Zuversicht und Energie in das kommende – gemeinsam werde man die Pandemie meistern und die Gemeinde auch 2021 wieder ein Stück lebenswerter machen.

Im vergangenen Jahr hätten Wertschätzung und Verantwortung bei den meisten Menschen mehr gezählt als der übliche Konsum – „und auf dieser Basis haben wir ebenfalls einiges vorangebracht“. Die Gemeinde habe sich in diesen Zeiten erneut als krisenfest und widerstandsfähig erwiesen. „Auch in Brühl haben viele von Ihnen Verantwortung übernommen und Wertschätzung gelebt.“

Viele ehrenamtliche Gruppen und Einzelpersonen hätten Verantwortung für andere übernommen. Es hätte Unterstützung im Haushalt und beim Einkauf gegeben, Masken seien für den guten Zweck genährt worden und viele Spenden etwa für die Brühler Stiftung für Menschen in Not übergeben worden. Dieses bürgerschaftliche Engagement „beeindruckte mich 2020 ganz besonders“, betont Göck.

Lob für Engagement

Er erinnert auch an den großen Einsatz von Freiwilliger Feuerwehr und Rotem Kreuz, die beim Sommersturm innerhalb weniger Stunden 113 Einsätze zu leisten hatten. Schon im März, besonders aber in den vergangenen Wochen, als die Menschen die zweite Welle der Pandemie mit voller Wucht getroffen habe, hätte es Frauen und Männer gegeben, die nicht aufhörten, ihren Job zu machen – und auch das sei einfach vorbildlich.

„Sie arbeiten in den Berufsgruppen des Gesundheitswesens, in den Arztpraxen, in den Altenheimen und bei den ambulanten Pflegediensten, auch im Bereich der Kinderbetreuung und unserer Schulen, unsere Polizei, und nicht zuletzt bei der Kundenberatung und an den Kassen im Einzelhandel oder in unseren drei Bankfilialen – sie haben während der Corona-Krise die Handlungs- und Funktionsfähigkeit des Gemeinwesens bis heute erhalten“, lobt der Bürgermeister in seiner Neujahrsansprache.

Verständnis für Missmut und Kritik

Das Gesundheitssystem in Deutschland sei in den vergangenen Wochen zwar an seine Grenzen gekommen, es hätten sich Schwachstellen gezeigt, aber es sei nicht zusammengebrochen wie in anderen Ländern. „Und unsere Versorgung war jederzeit gewährleistet, auch das ist nicht selbstverständlich in solchen Krisenzeiten.“

Er zeigt Verständnis für manchen Missmut, der von Geschäftsleuten, Selbstständigen, Dienstleister, Kultur- und Gaststätten, die schließen mussten, den Finanzhilfen zum Trotz wird, geäußert werde, zumal niemand sagen könne, wie lange das noch so weitergehe. Die Gemeinde werde weiterhin dort helfen, wo es nötig sei und wo man Möglichkeiten sehe. „Es ist einfach bitter für die Betroffenen – und dennoch scheint es nötig zu sein, um Leben zu retten“, stellt Göck fest und unterstreicht, dass es in Brühl gelungen sei, die Zahl der jeweils aktuell Infizierten seit dem Höhepunkt im November um mehr als die Hälfte zu reduzieren.

Dann widmet er sich verschiedenen Projekten des vergangenen Jahres. „Wir haben die Kinderbetreuung für unter Dreijährige und für über Dreijährige als auch in den Horten unserer beiden Grundschulen im Laufe des Jahres wieder gesteigert“, freut sich Göck und betont, dass „diese Mehrkosten uns die gute Bildung wert ist, denn mit einer guten Bildung und Ausbildung findet man leichter einen guten Arbeitsplatz. Gute Bildung ist die Voraussetzung für den gesellschaftlichen Aufstieg und sichert unseren sozialen Standard“. Und dieses Bestreben werde beispielsweise mit dem Kinderbildungszentrum im noch jungen und dem kommenden Jahr fortgeführt werden.

Einigermaßen solide Finanzen

„Das alles schaffen wir nur mit einigermaßen soliden Gemeindefinanzen“, bilanziert Göck. Man müsse zwar Schulden für die neue Kinderkrippe und den sozialen Wohnungsbau aufnehmen. Doch es gebe auch drei Millionen eines Bausparvertrags, „mit solchen Rücklagen finanzieren wir den Sportpark-Süd vor, der dann über den stattlichen Grundstückserlös von 14 Millionen Euro am Schrankenbuckel komplett refinanziert wird“.

Zudem verweist er auf zahlreiche Investitionen der privaten und der öffentlichen Hand, um dringend benötigten Wohnraum zu schaffen. Auch das werde mittelfristig mit dem Areal am Schrankenbuckel weitergehen, wo ab 2023 Häuser und Wohnungen errichtet werden sollen.

Der Bürgermeister erinnert auch an die technische Aufrüstung des Freibades, die Sanierung der Festhalle und auf die Erfolge bei den schnellen Datenleitungen.

Zur Geothermie in Brühl erklärt Göck, auch er halte es im Moment für richtig, wenn MVV und EnBW die Technik zunächst auf eigenem Gelände erproben, bevor sie in Brühl weitermachen. Mit einem funktionierenden Beispiel, etwa auf dem Gelände des Großkraftwerks, wie Fernwärme mit Hilfe von Geothermie erzeugt werden könne, würden „sie bestimmt auch die Bürger in Brühl für ein solches Projekt der nachhaltigen Wärmeerzeugung gewinnen“.

„Sie sehen also, wie intensiv Brühl an seiner Zukunft arbeitet. Was auch kommen mag – Brühl lässt sich nicht unterkriegen“, stellt der Bürgermeister fest und wünscht alles Gute für das neue Jahr.

Die Geehrten

Als die engagiertesten vier Radler des Stadtradelns wurden beim Neujahrsempfang Uwe Dreilich (1698 Kilometer), Karl-Heinz Pabst (1331), Herbert Rösch (1277) und Volker Oder (1134) geehrt. Sie sind gestartet für das „offene Team Brühl“.

Walter Barbarino ist seit 43 Jahren als Mitarbeiter bei der Jugendmusikschule tätig, seit elf Jahren als deren Leiter. 2021 feiert die Jugendmusikschule ihr 50-jähriges Bestehen. ras

Redaktion

Copyright © 2025 Schwetzinger Zeitung