Brühl. Die Haushaltsrechnung für 2019 weist im Ergebnishaushalt 31 Millionen Euro Erträge und 33 Millionen Euro Aufwendungen aus, somit per Saldo ein negatives Ergebnis von rund 1,9 Millionen Euro. Die Fraktionen bewerteten das Zahlenwerk in der jüngsten Ratssitzung stellenweise recht unterschiedlich, stimmen aber alle dem Zahlenwerk zu.
Zum Streitfall wurde, wie sich der Sportpark-Süd auf die Jahresrechnung auswirke – der Bürgermeister meinte, es gebe keine finanziellen Folgen, Claudia Stauffer (FW) und Peter Frank (GLB) befürchteten sie hingegen schon.
Göck: Mehr Schatten als Licht
„Diesmal gab es deutlich mehr Schatten als Licht bei den Gemeindefinanzen“, betonte Bürgermeister Dr. Ralf Göck. Im Ergebnis habe Brühl ein Minus von 1,91 Millionen Euro erreicht. Man habe von der Substanz gelebt und konnte die Abschreibungen nicht erwirtschaften. „Ein bitteres, allerdings erwartbares Ergebnis.“
Bei den Steuereinnahmen fehlte am Ende 1 Million Euro, davon der größte Teil im Gewerbesteuer-, aber auch im Einkommensteuerbereich. Dem stünden steigende Verbrauchsausgaben gegenüber und würden zum schlechten Ergebnis beitragen. Die hohen Steigerungen von fast 800 000 Euro mehr bei den Personalkosten insbesondere im Bereich der Kinderbetreuung schlugen zu Buche.
Beim Zahlungsmittelüberschuss aus laufender Verwaltungstätigkeit in der Finanzrechnung habe man so kein gutes Ergebnis erzielt, denn es gab einen Verlust von 489 000 Euro, also erstmals keine positive Zahl. Insgesamt investierte die Gemeinde 3,7 Millionen Euro, das ist deutlich weniger als geplant. Die Finanzrechnung zeigt auf, dass das, was investiert wurde, nicht aus den Erlösen aus der Verwaltungstätigkeit oder aus den Grundstücksverkäufen gedeckt werden konnte. So blieb ein Finanzierungsbedarf von 3,1 Millionen Euro, so dass Brühl Ende 2019 bei 7,4 Millionen Euro Schulden liege.
Kieser: Kostendeckung prüfen
Mit seinem Blick auf die Gesamtergebnisrechnung zeigt Bernd Kieser (CDU) auf, dass das Ergebnis mit 1,9 Millionen Euro kaum besser ausgefallen sei, als in der Planung mit zwei Millionen Euro veranschlagt.
Im Vergleich der einzelnen kostenrechnenden Einrichtungen zeige das gegenüber dem Vorjahr bei der Villa Meixner, der Grillhütte, den Gemeinschaftseinrichtungen, Friedhöfen, Freibad und Hort an der Schillerschule, dass der Kostendeckungsgrad gesunken sei, während er in allen anderen Einrichtungen, mit Ausnahme der Abwasserbeseiti-gung, der Gemeindewohnhäuser und des Kompostlagers zwar in etwa gleich geblieben ist, aber erheblich unter 50 Prozent liege. „Hier sollte eine regelmäßige Überprüfung der Kostendeckungsgrade durch die Haushaltskommission und Gemeinderat erfolgen“, forderte Kieser.
Trotz eines negativen Ergebnisses sei die Liquidität der Gemeinde gesichert gewesen. Allerdings werde wegen in der Zukunft weiter steigender Ausgaben und Mindereinnahmen und der damit im Zusammenhang stehende Verbrauch der Ergebnisrücklage ein Substanzverlust auch beim Eigenkapital einhergehen.
2019 seien die im Finanzhaushalt vorgesehene Investitionsmaßnah-men nicht vollständig umgesetzt worden. Anstatt der veranschlagten 7,8 Millionen Aus- und 1,8 Millionen Einzahlungen wurden nur Auszahlungen von 3,7 Millionen und Einzahlungen von 610 000 Euro getätigt.
Stauffer: Strukturelles Problem
Ein Novum machte Claudia Stauffer (FW) in der Jahresrechnung aus. Die Aufwendungen seien nur so hoch wie geplant und nicht – wie in früheren Jahren üblich – niedriger ausgefallen. Die Erträge seien minimal gestiegen, so dass der Jahresabschluss nur geringfügig besser als im Haushaltsplan 2019 veranschlagt ausfällt.
2018 habe der Haushalt zum ersten Mal mit einem Fehlbetrag von knapp 500 000 Euro abgeschlossen, 2019 mit einem um das vierfache gestiegenen Minus von 1,9 Millionen Euro. Dies beruhe darauf, dass die Gemeinde es wie bereits im Jahr 2018 nicht geschafft hat, die ordentlichen Aufwendungen durch laufende Erträge zu decken. „Dieser Trend wird sich aufgrund des Großprojekts Sportpark-Süd nochmals drastisch verstärken“, meinte Stauffer.
Angesichts der steigenden Personalkosten betonte sie, dass für die FW derzeit keine Erhöhung der Gebühren für die Kindertageseinrichtungen in Betracht komme, auch wenn sich eine weitere drastische Steigerung der Personalkosten im Kinderbetreuungsbereich anbahnt.
Mit Sorge sehe sie den um 1,5 Millionen Euro gegenüber 2018 gewachsenen Schuldenstand von knapp 7,5 Millionen Euro. Das sind Schulden je Einwohner von nun 521 Euro. All das sei ein strukturelles Problem, weil im zweiten Jahr nacheinander die Erträge nicht die Aufwendungen decken.
Hufnagel: Substanzverlust droht
Bei der Bewertung der Jahresrechnung zog Hans Hufnagel (SPD) zunächst die Schuldenquote zu Rate. Sie setzt die Gesamtverschuldung in Relation zu den Gesamteinnahmen, hier die ordentlichen Erträge. DieBrühler Schuldenquote beträgt 24 Prozent. Sie habe sich damit verschlechtert, liege aber weiterhin unter der Quote von 60 Prozent, die für EU-Mitgliedsländer vorgegeben sei.
„Wir alle wissen, dass der Gemeindehaushalt sehr stark von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abhängig ist.“, so Hufnagel. Die sich ohnehin zum Ende des Jahres 2019 abschwächende Konjunktur werde sich auf Grund der Pandemie weiter abschwächen und damit die Kernposten des Haushaltes negativ beeinflussen. Auf der Ertragsseite bestehe die Möglichkeit, über kommunale Steuern und Gebühren einzugreifen.
Mit Blick auf den Jahresabschluss könne aus finanzieller Sicht die nähere Zukunft für Brühl noch als solide bezeichnet werden, wenngleich die liquiden Mittel abschmelzen. Wichtig werde es sein, die jährlichen Abschreibungen zu erwirtschaften, um einen Substanzverlust zu vermeiden. Das sei 2019 nicht gelungen und werde auch mittelfristig nicht gelingen.
Ebenso bestehe die Gefahr, dass das Eigenkapital der Gemeinde wegen der mehrjährigen Verluste abnimmt. Dies würde einen weiteren Substanzverlust bedeuten“, stellte Hufnagel warnend fest.
Frank: Nachhaltiger Umgang
„Mehr und mehr ist ein unausgeglichenes Ergebnis beim laufenden Geschäft festzustellen“, urteilte Peter Frank (GLB), das deute auf ein strukturelles Problem hin – die Erträge könnten nicht Schritt halten mit den Steigerungen der Aufwendungen. Das führe zu einem steigenden Schuldenstand und einem sinkenden Eigenkapital. Der Sportpark-Süd belaste den Haushalt jetzt und über die nächsten Jahre hinweg – genauso wie der Corona-Effekt. Laufende und geplanten Projekte, welche Pflichtaufgaben darstellten, müssten bezahlt werden – etwa Investitionen in Schulen, Kindergärten, Sozialleistungen, Flüchtlingsintegration und andere kommunale Aufgaben. „Der Sportpark-Süd ist keine Pflichtaufgabe“, unterstrich Frank.
Grundsätzlich fordere die GLB wiederholt, dass in Brühl nachhaltiger und schonender mit den Land-, Wasser-, Luft- und anderen Umwelt- sowie Vermögensressourcen gehaushaltet werde – „nicht nur im Heute, sondern auch in Verantwortung für unsere Kinder und Kindeskinder“.
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