Es gibt wohl kaum ein Hochfest in der katholischen Kirche, das derart für Verwirrung sorgt wie Mariä Empfängnis. Es wird alljährlich am 8. Dezember begangen. Und nicht wenige Menschen versuchen, den Tag mit der Geburt Jesu, den Maria laut Bibel ja von Gott empfangen hat, in Verbindung zu bringen.
Doch auch wenn es in der Bibel zahlreiche Wunder gibt, die biologisch oder physikalisch letztlich unerklärbar bleiben, wäre es doch sehr überraschend, wenn Maria nur 16 Tage nach der Empfängnis mit Jesus niederkommt. Und länger als ein Jahr dauerte die Schwangerschaft ja schließlich sicher auch nicht.
Des Rätsels Lösung ist die Frau, die – analog zum britischen Königshaus – Gottesmuttermutter heißen müsste. An diesem Tag wird nämlich nicht gefeiert, dass Maria Jesus empfangen hat, sondern Anna, also im Grunde die Oma von Jesus, ihre Maria. Die Muttergottes ist nicht Empfängerin, sondern Empfangene. Und dann bekommen wir wieder alles in Einklang, denn der 8. Dezember liegt neun Monate vor dem Geburtstag Mariens.
Aber warum ist der Tag in der Kirche so wichtig? Das erklärt der Mann, der seine Bedeutung 1854 in einem Dogma festlegte. Papst Pius IX. schrieb dazu: „Die seligste Jungfrau Maria wurde im ersten Augenblick ihrer Empfängnis durch ein einzigartiges Gnadengeschenk und Vorrecht des allmächtigen Gottes im Hinblick auf die Verdienste Christi Jesu, des Erlösers des Menschengeschlechtes, rein von jedem Makel der Erbschuld bewahrt.“
Nicht selten wurde diese sogenannte Erbsünde, die seit Adam und Eva auf den Menschen lastet, in der Vergangenheit mit dem Zeugungsakt und Sexualität in Verbindung gebracht – dieses Schicksal sollte auf Marias Empfängnis bloß nicht zutreffen. Zwar waren solche Vorstellungen nie offizielle Lehre, aber die lange verbreitete sexualitätsfeindliche Haltung der Kirche trug dazu bei, dass diese Auffassung bis heute weit verbreitet ist.
Und so ist Willy Millowitschs Schlagertext zu verstehen: „Wir sind alle kleine Sünderlein, ‘s war immer so, ‘s war immer so.“ Nur Maria bildet da die Ausnahme.
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