Brühl. Es war kein leichtes politisches Jahr in Deutschland. Doch kein Vergleich mit dem, was in den vergangenen zwölf Monaten im westafrikanischen Burkina Faso passiert ist. In der Hauptstadt Ouagadougou sind neun Monate nach dem Militärputsch erneut Unruhen ausgebrochen. Islamistische und andere extremistische Gruppierungen nutzten das existierende Machtvakuum und den Mangel an staatlicher Handlungsfähigkeit aus, indem sie sich der lokalen Zivilbevölkerung als alternative Anbieter staatlicher Dienstleistungen präsentierten.
Gleichwohl blieb die Lage in Brühls afrikanischer Partnergemeinde Dourtenga vergleichsweise ruhig. Der Brühler Förderkreis konnte seine Arbeit deshalb einigermaßen problemlos vor Ort weiterführen, wie Vorsitzender Hans Zelt in seinem Jahresrückblick feststellt.
„Das Schulgebäude und die Stallungen der Landwirtschaftsschule stehen und die einzelnen Häuser sind abgenommen“, freut sich Zelt. Die nächste Aufgabe werde es sein, diese seit vielen Jahren geplante und umgesetzte Schule künftig mit Leben zu füllen. „Dies darf gerne wörtlich verstanden werden, denn noch fehlen die Schüler, die Lehrer und vor allem die Tiere, die als Unterrichtsmaterial dienen sollen“, stellt der Vorsitzende fest.
Ereignisse überschlagen sich
Dass in der Ortspartnerschaft dieser Stand im ausklingenden Jahr erreicht werden konnten, sei lange nicht klar gewesen, „in einer Phase, in der sich die Ereignisse in Burkina Faso überschlugen“. Während des ersten Putsches im Januar seien die kommunalen Institutionen in Dourtenga aufgelöst worden. „Und so standen wir zwischenzeitlich ohne unsere offiziellen Partner in Burkina Faso da“, erinnert sich Hans Zelt in einem Rückblick.
Im September sei es es in Burkina Faso zu einem erneuten Militärputsch gekommen. „Nur dank des Einsatzes unserer Partner in Dourtenga, hier ist besonders Bienvenue Abgas zu nennen, konnten wir unsere Arbeit fortsetzen“, meint Zelt und betont, dass der Brühler Partnerschaftsverein ohne diese Menschen, „mit denen wir über Jahrzehnte zusammenarbeiten, dies erheblich schwieriger geworden wäre“.
Inzwischen sei es in Dourtenga wieder ruhig geworden und das Tagesgeschäft bestimme den Alltag, bilanziert Zelt gegenüber unserer Zeitung. Mittlerweile sei auch das Comité de Jumelage wieder arbeitsfähig und setzt seine Arbeit fort – der Nachweis über die Verwendung der verwendeten Spenden funktioniere lückenlos. „Bereits im Januar berichteten die Vereinten Nationen von 1,8 Millionen Binnenflüchtlingen in Burkina Faso, ausgelöst durch Angriffe terroristischer Gruppen, die besonders im Grenzgebiet zu Mali und Niger aktiv sind“, heißt es seitens der Förderkreises. So bleibe die Gesamtlage in Burkina Faso weiter angespannt.
Hungerkrise bleibt weiterhin
„Wir sahen und sehen uns auch nach wie vor mit einer Hungerkrise – verursacht durch die fehlenden Getreidelieferungen – in Afrika konfrontiert“, betont Zelt relativierend. Erste Versorgungsengpässe und drastisch gestiegene Preise hätte man bereits beim Thema Schulspeisung gesehen. Da würden die Schulpatenschaften der Brühler segensreich wirken. „An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Paten recht herzlich bedanken“, unterstreicht Zelt. Die aktuellen Statistiken zum Schulbesuch beinhalteten seiner Meinungn nach beides: Erfolge und Ernüchterung. „Leider schließen immer noch zu viele Kinder die Schule nicht ab“, bedauert Zelt und sein engagiertes Vorstandsteam. Die Schulschließungen wegen Corona und terroristischen Bedrohungen in den vergangenen Monaten hätten sich in diesem Bereich natürlich negativ ausgewirkt.
„Aber bei einer Analphabeten-Quote in Burkina Faso von mehr als 70 Prozent ist eine Beschulungsquote in den Grundschulen in Dourtenga mit 86,5 Prozent ein Erfolg“, zeigt sich der Vorsitzende des Förderkreises in seiner Jahresbilanz positiv gestimmt. „Und immerhin 14 Jungen und 14 Mädchen haben in diesem Jahr in Dourtenga das Abitur gemacht.“ Durch die Landwirtschaftsschule wolle der Förderkreis noch ein weiteres Bildungsangebot für die jungen Menschen im Ort machen.
„In eigener Sache werben konnten wir bei unserem Afrikatag im September und dazu konnten wir auch eine Delegation aus Dourtenga begrüßen“, erinnert Zelt an die Feiern zum 25-jährigen Bestehen der Partnerschaft mit Dourtenga und das 30-jährige Bestehen des Vereins, der bis zu den dortigen Unruhen die Förderung einer Gemeinde in Burundi zum Ziel hatte, gebührend feiern, zeigte sich der Vorsitzende zufrieden.
Bedanken möchte sich Zelt bei allen Paten aus Brühl und den zahlreichen Spendern. „Besonders auch bei Helmut Mehrer, der mitgeholfen hat, dass wir eine bedeutende Spende aus dem Hungermarsch bekommen haben“, betont Zelt – dafür möchte er sich bei allen Aktiven dieser Veranstaltung bedanken.
Eine weitere Geldquelle für die Unterstützung in der Partnergemeinde seien die Altpapiersammlungen gewesen, bei der Förderkreismitglieder für ihre Hilfe einen Geldbetrag von der organisierenden Grünen Liste (GLB) erhalten hätten.
Dazu kämen die „vielen Ungenannten, ohne deren Hilfe es nicht gehen würde, stellte Hans Zelt abschließend fest. Er dankte für deren bisherige und ihre zukünftige Unterstützung, „denn unsere Partner in Dourtenga brauchen unsere Hilfe, vielleicht heute mehr denn je“, schließt Hans Zelt den Jahresrückblick des Förderkreises. zg/ras
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/bruehl_artikel,-bruehl-es-ist-wieder-ruhiger-in-der-region-um-bruehls-partnerstadt-dourtenga-_arid,2031790.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/bruehl.html