Brühl. Im September 2020 gab es den ersten bundesweiten Warntag – ein gemeinsames Projekt von Bund und Ländern.Bei diesem ersten Aktionstag seit der Wiedervereinigung sollten die technischen Systeme wie die Warn-App Nina oder der Sirenenalarm getestet und die Bevölkerung sensibilisiert werden. Der Test war desaströs, denn sowohl bei digitalen Warnungen als auch bei analogen versagten die Systeme komplett. So kamen die Gefahrenmeldungen über die Warn-Apps Nina und die Katwarn-App auch in der Hufeisengemeinde erst eine Stunde zu spät auf den Handys an – im echten Katastrophenfall kann es dann schon zu spät sein.
Und analog war zwar eine Sirene leise aus Rheinau zu hören, doch die einzige verbliebene Brühler Sirene beim Rathaus blieb stumm. Der Grund dafür: Das Relikt vergangener Tage ist bereits vor langer Zeit abgeklemmt worden, denn die Technik für die Warnanlage, die einst zentral im Rathauskeller stand, war in der Gemeinde schon vor Jahren abgebaut worden, weil sie für nicht mehr notwendig erachtet wurde. Nach dem Ende des Kalten Krieges hatte sich der Bund entschieden, den Betrieb der einstigen Luftschutzsirenen, die auch zur Alarmierung der Feuerwehr gedient hatten, aufzugeben. Die Kommunen durften die Anlagen kostenfrei in ihrer Verantwortung übernehmen. „Eine Notwendigkeit zur Übernahme seitens der Gemeinde war nicht gegeben“, heißt es aus dem Rathaus, „da einerseits aufgrund nicht durchgeführter Wartung ein Investitionsstau bestand, andererseits die Funkalarmierung bei der Freiwilligen Feuerwehr eingeführt wurde“. Das Geschenk wurde also dankend abgelehnt, die Warnanlage auf Kosten des Bundes zurückgebaut. Und nun fehlte ihr Heulen definitiv beim Warntag vor etwas mehr als einem Jahr.
Erkenntnisse umsetzen
Das Bundesinnenministerium bezeichnete den deutschlandweiten Probealarm denn auch offen als „fehlgeschlagen“. Statt die Bevölkerung mit den Warnsystemen vertraut zu machen, hat der Tag gezeigt, dass diese nicht vernünftig funktionieren. Ob Bund und Länder aus dem Warntag-Fiasko gelernt haben, bleibt unklar. Die Signale dazu sind unterschiedlich. Noch im März hatten das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) und Bundesinnenministerium (BMI) in einem Konzept zur Neuausrichtung des Amtes geschrieben: „Erkenntnisse aus dem bundesweiten Warntag zur Verbesserung des Warnsystems werden konsequent umgesetzt.“ Wichtig ist laut BBK dabei eben auch die mögliche Verwendung von Sirenen. Doch im Sommer konnte auf der Bundespressekonferenz ein Sprecher des Bundesinnenministeriums – dem das BBK untergeordnet ist – auf Nachfrage nicht sagen, wie viele funktionstüchtige Sirenen es in Deutschland noch gibt. Diese waren in den 1990er-Jahren – wie auch in Brühl – massiv abgebaut worden.
Nach dem Warntag sollte das BBK also um- und neue Sirenen durch ein finanzielles Förderprogramm aufgebaut werden. Doch der Ausbau der Warninfrastruktur kommt schleppend voran, die Fördertöpfe für eine Aufrüstung waren noch immer nicht wirklich gefüllt. Eine Bilanz zum fehlgeschlagenen Warntag 2020 wird bis heute unter Verschluss gehalten. Und sicherheitshalber wurde im September 2021 lieber ganz auf den jährlich geplanten Warntag verzichtet.
Kosten von mindestens 12 000 Euro
Der Gemeinderat entscheidet nun an diesem Montag, 25. Oktober, ob die Sirenen auf Brühler Dächern schon bald wieder heulen, um zumindest analog die Bevölkerung im Katastrophenfall zu warnen. Und dazu soll – so lautet der Beschlussvorschlag – der Verwaltung der Auftrag erteilt werden, unabhängig von einer tatsächlichen Förderung durch Bund oder Land, schnellstmöglich die Beschaffung und Installation einer für die Hufeisengemeinde flächendeckenden Sirenenanlage vorzunehmen. Sollte es noch zu einem Förderprogramm kommen, solle die Verwaltung beauftragt werden, einen Zuwendungsantrag zu stellen.
Das Land Baden-Württemberg hat nun mitgeteilt, dass es aus einem Sonderprogramm des Bundes 11,2 Millionen Euro für die Kommunen erhält – die Verteilung erfolge nach dem Windhundprinzip, sprich: der Schnellste bekommt Finanzmittel. In Brühl sollen – wenn der Gemeinderat zustimmt – vier Sirenen angeschafft werden. Eine soll aufs Rathausdach , eine aufs Feuerwehrhaus, eine könnte beim Bauhof installiert werden und die letzte beim Rohrhofer Schulhaus. Insgesamt werden dafür Kosten von mindestens 12 000 Euro bei der Dachmontage erwartet, bei Sirenen auf Masten sind es 6500 Euro mehr. Die jährlichen Stromkosten von 150 Euro wären von der Kommune zu tragen. Mit den Sirenen und der digitalen Warnung hofft man nun einen guten Schritt beim Katastrophenschutz weiterzukommen.
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