Brühl. Er ist in die Jahre gekommen. Und damit etwas inkontinent geworden - der Gockelbrunnen in Rohrhof. Mitte der 1990er Jahre wurde er eingeweiht und begeisterte mit seinem damals oftmals zu futuristisch angesehenem Erscheinungsbild nicht alle Einwohner des nördlichen Brühler Ortsteils wirklich. Inzwischen ist er allerdings zu einem Symbol des Rohrhofs geworden. Und das so sehr, dass in der jüngsten Ratssitzung angemahnt wurde, dass seine Wasserspiele in dieser Saison noch nicht wirklich so funktionieren, wie es eigentlich vorgesehen ist.
Der Grund dafür ist, dass der vom Künstler Hans Zimmermann geschaffene Brunnen nicht mehr ganz dicht ist, heißt es dazu aus dem Rathaus. Der Ursache ist man inzwischen auf die Spur gegangen, hat an einem der vier Quadranten eine Baugrube ausgehoben, die Einblick in den Untergrund geben sollte. Nur so sei es möglich, die schadhafte Stelle zu finden und zu reparieren.
Undichte Stelle ist repariert
"Wir haben die undichte Stelle ausfindig gemacht", heißt es seitens des Bauhofs. Und man ist sogar noch einen ganzen Schritt weiter, denn die Verbindung des Schlauchsystems wurde vom Spengler der Gemeinde schon wieder in Ordnung gebracht. Ab heute soll dann wieder - nachdem die anderen drei Metalltröge bereits seit Tagen wieder angeschlossen sind - aus allen vier Quadranten das Wasser sprudeln, der Gockelbrunnen seiner Aufgabe als rundes Wasserspiel wiedergerecht werden können. Damit haben die Rohrhofer ihr Wahrzeichen in voller Pracht wieder.
Einst umstrittene Arbeit
Als Zimmermann seinen Entwurf vorstellte, hatte er noch einen starken Konkurrenten. Ein traditionellerer Entwurf sah eine rhönrad-ähnliche Konstruktion vor, auf der sich einiges Federvieh tummeln sollte. Doch am Ende gewann der "Gigant aus Stahl", wie FW-Gemeinderat Werner Fuchs damals in der fasnachtlichen Bütt witzelte. "Ich kann's beweise, sogar die Feddere sinn aus Eise", fasste er da seinen Eindruck vom "King-Kong vum Rohrhof" zusammen.
Doch mindestens genau so viele Menschen waren sich einig, dass dieser Brunnen etwas ganz Besonderes sei. "Und genau so muss Kunst doch sein - sie muss nicht jedem gefallen", sagte Zimmermann damals in der Diskussion, "sie soll etwas sein, mit dem man sich auseinandersetzen kann."
Den Ausschlag für diesen Entwurf gab wohl, dass er historische Elemente des Rohrhofs, der sein Wappentier wohl von den mittelalterlichen Lehnsherren der Henneberger ableitet, in sich aufgenommen hat.
Rohre fürs Heim im Röhricht
Ganz bewusst hatte der Künstler, der auch die beliebte Frauenfigur vor der Villa Meixner geschaffen hat, die Stahlrohre als Material für den Gockel des "Heims im Röhricht" gewählt, erklärte Zimmermann seine Arbeit, die ein Pendant im französischen Bourg-en-Bresse hat.
Die sechs Edelstahlrohre stehen zudem im Zentrum von zwei kleinen Wällen aus Pflastersteinen, ganz so wie der historische Hof in einer typisch keltischen Siedlungsanlage, denn auch die Kelten siedelten einst in Rohrhof.
Unterteilt werden die Steinkreise von vier Quadranten, von denen der eine nach über 20 Jahren undicht geworden war. Sie weisen in die vier Himmelsrichtungen und sollen, so Zimmermann, auch ein wenig an die römische Geschichte Rohrhofs erinnern.
Aber die Quadranten sollen auch an das Druckwasser erinnern, das die häufigen Rheinhochwasser Rohrhof beschert haben. Ursprünglich waren nämlich keine Fontänen vorgesehen, das Wasser sollte schlicht aus den Quadranten hervorquellen. Die Fontänen sind ein Zugeständnis, das der Künstler dem Rat machte, der "mehr Bewegung" wollte.
Ganz vorbei sind die Zeiten, als der Hahn sich in zwölf Stunden einmal um die eigene Achse drehte und alle drei Stunden in einen der Quadranten "spuckte". Die dafür notwendigen Automaten, einst als Weltraumtechnik gepriesen, haben ihren Dienst seit einigen Jahren quittiert. Dennoch lieben die Rohrhofer den "Giganten aus Stahl" inzwischen ohne Wenn und Aber und feiern gern ihre Freiluftfeste rund um den Brunnen.
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