Brühl. Die Bewerbungsfrist für die Wahl zum Bürgermeister der Hufeisengemeinde geht in die Schlussphase – Amtsinhaber Dr. Ralf Göck, der bei der Abstimmung am Sonntag, 27. März, seine dritte Wiederwahl anstrebt, ist bislang der einzige Kandidat. Eventuelle Herausforderer haben noch bis Montag, 28. Februar, 18 Uhr, Zeit, ihre Bewerbungsunterlagen im Rathaus abzugeben. Am Dienstag, 1. März, findet ab 18 Uhr die öffentliche Sitzung des Gemeindewahlausschusses im Rathaus statt. Die Kommission unter Leitung von Ehrenbürger Gerd Stauffer wird über die Zulassung der Bewerber entscheiden und über ihre eventuelle öffentliche Vorstellung beschließen.
Blicken wir zurück, wer die Brühler bislang im Rathaus als Verwaltungschef vertrat, denn es gibt ihn schon lange, den Schultes von Brühl. So war laut Urkundenlage der Posten im 15. Jahrhundert sehr umstritten. Damals gehörte der Ort zum größeren Teil dem Bischof von Speyer und zum kleineren dem Pfalzgrafen bei Rhein. Bis ins 17. Jahrhundert hinein gab es regelmäßig Streit darum, ob der Kandidat des „Kurpfälzers“ oder der des Bischofs in der Gemeinde Schultheiß werden sollte. Nachdem der Stuhl immer wieder unbesetzt war, weil sich die Herren nicht einigen konnten, wehrten sich die Einwohner sehr hemdsärmelig. 1707 wählten die 18 stimmberechtigten Bürger einfach auf dem kurzen Dienstweg den Wirt des Gasthauses „Karpfen“, Sebastian Moser, zu ihrem Bürgermeister.
Revolutionäre Umtriebe
Aber auch in der badischen Phase gab es Probleme zwischen Bürgermeistern und der hoheitlichen Obrigkeit. So wurde in den Revolutionsjahren 1848/49 Bürgermeister Andreas Merkel wegen aufrührerischer Umtriebe des Amtes enthoben. Die Stelle im Rathaus blieb zunächst vakant. Sein Nachfolger wurde dann nach dem Scheitern der Revolution Michael Lindner, der dann immerhin von 1849 bis 1870 die Geschicke des Ortes verwaltete. Das erstaunliche an ihm war, dass der Landwirt und Schmied protestantisch war, während die meisten Brühler damals katholisch getauft waren. Er war es auch, der die Amtsstube aus seinem privaten Wohnhaus in das erste Brühler Rathaus verlegte – das war 1866.
Als Gemeinde- und Bezirksrat empfahl sich Wilhelm Eder als Nachfolger für Lindner, als dieser krankheitsbedingt das damalige Ehrenamt abgab. Eder erhöhte in seiner Amtszeit, die ins Deutsche Kaiserreich hinüberführte und bis 1898 dauerte, die Zahl der Gemeinderäte von drei auf sechs. Außerdem wurden in seiner Dienstzeit der Bau der Schulen – des Alten und das Mittleren Schulhauses – in Brühl beschlossen.
Ihm folgte 1889 der Geschäftsführer der Speyerer Ziegeleiwerke, die ihre Brennöfen auf dem Gelände des heutigen Brühler Messplatzes hatten, Albert Eder auf den Bürgermeistersessel. Er ist der Mann, der als privaten Wohnsitz die Jugendstilvilla am Ortseingang baute. Doch schien er sich finanziell übernommen zu haben, denn er verkaufte schon kurze Zeit später das Haus an die Familie Meixner. Das Rathaus verließ er dann 1906, um Michael Schäfer Platz zu machen.
Das Jahrzehnt, in dem er Verwaltungschef war, wurde von vielen Beschlüssen geprägt. Schäfer – Landwirt und Ziegeleibesitzer – ließ eine Friedhofshalle bauen, holte 1908 die Elektrizität in den Ort, sicherte die Trinkwasserversorgung und erweiterte das Bildungsangebot um die Jahn- und die Rohrhofschule. Und schließlich fiel in seine Zeit die Errichtung der Bahnlinie nach Mannheim. 1911 begrüßte Schäfer sogar Großherzog Friedrich von Baden in seiner Gemeinde, als das Kriegerdenkmal eingeweiht wurde.
Eigentlich hätte Schäfer laut eines „Provisorischen Gesetzes“ bis zum Kriegsende seine Pflichten erfüllen müssen, doch er war amtsmüde geworden und legte die Bürgermeisterkette 1916 ab. Sein bisheriger Stellvertreter Johann Manhart übernahm die Amtsgeschäfte gemäß einer Verpflichtung des Großherzoglichen Bezirksamtes bis Kriegsende.
Nach dem Sterben an den Fronten wollte sich Manhart auch von der Bevölkerung zum Bürgermeister wählen lassen, doch er unterlag in einer Kampfabstimmung gegen den SPD-Mann Karl Pister. Der hatte sich seine Amtszeit aber sicherlich auch anders vorgestellt, denn Spanische Grippe, die Folgen des verlorenen Krieges und die rasende Inflation mussten von ihm auf kommunaler Ebene bekämpft werden.
Gleichwohl schaffte er es, den Vollzeitbürgermeister durchzusetzen – es war kein Ehrenamt mehr, das nebenbei erledigt wurde. Und so sorgte er bis 1928 für ein groß angelegtes Wohnbauprogramm, den weiteren Ausbau der Wasserversorgung und die Errichtung eines funktionierenden Kanalnetzes.
Einzug der NSDAP ins Rathaus
Doch der Wind drehte sich und 1928 zog der Ziegeleibesitzer und Fabrikdirektor Valentin Eder, den die Vereinigte Bürgerpartei unterstützte, ins Rathaus ein. 1934 übergab der den Posten an Karl Kammerer, den Kandidaten der NSDAP im damaligen Wahlkampf. Er soll zwar kein strammer Nazi gewesen sein, dennoch setzte er die Vorgaben der braunen Reichsregierung getreulich um – wenngleich, wie Zeitzeugen stets bemerkten, auf „abgemilderte Art“. Was auch immer das heißen soll.
Als der Zweite Weltkrieg mit viel Schrecken auf allen Seiten beendet war, wurde Wilhelm Keßler 1945 von den amerikanischen Streikräften zum neuen Bürgermeister ausgewählt. Der Mitarbeiter der Heinrich-Lanz-Werke war von dieser Ernennung nicht unbedingt begeistert, stellte sich aber der Aufgabe, die vor allem in der Mangelverwaltung bestand, bis 1948.
Der erste gewählte Nachkriegsbürgermeister stammte dann aus dem oberen Verwaltungsstab des Brühler Rathauses. Alfred Körber wurde 1948 ins Amt gewählt und blieb dort bis 1973 – ein geschlagenes Vierteljahrhundert. Doch dieser Rekord des engagierten Rathauschefs, der der FDP angehörte, könnte schon bald gerissen werden, wenn Bürgermeister Dr. Ralf Göck im Amt bleiben sollte. Er wurde 1998 zum ersten Mal gewählt und bislang zweimal als Bürgermeister bestätigt – das macht aktuell zusammen 24 Dienstjahre für das SPD-Mitglied.
Doch zwischen den beiden gab es noch zwei weitere Rathauschefs. Da war von 1973 bis 1982 zunächst der CDU-Mann Gerhard Stratthaus. Der Rohrhofer sicherte sich in jungen Jahren den Posten in seiner Heimatgemeinde und wechselte dann fast auf den Tag genau vor 40 Jahren ins Schwetzinger Rathaus. Zuvor hatte er in Brühl die Ortskernsanierung angeschoben und die Konsolidierung der Finanzen angestrebt.
Erhalter der Infrastruktur
1982 folgte ihm Günther Reffert auf den Chefsessel. Er war zwei Amtsperioden lang Bürgermeister von Brühl. Zu seinen Verdiensten zählen die Chronisten vor allem die Etablierung der bis heute einzigartige Kulturarbeit für eine Gemeinde dieser Größe sowie den Bau von Kindergärten und von Häusern für das seniorengerechte Wohnen. Der von der CDU unterstützte Bürgermeister war auch ein engagierter Erhalter der Infrastruktur, sanierte viele Einrichtungen und brachte sie auf einen zeitgemäßen Stand.
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