Brühl. Er war sichtlich begeistert von den Konzepten und Räumlichkeiten des Sonnenschein-Kindergartens und des dortigen Horts. Besonders die Vision eines Kinderbildungszentrums, das die Gemeinde bei der Schillerschule verwirklichen möchte, bezeichnete der FDP-Bundestagsabgeordnete Dr. Jens Brandenburg bei seinem Besuch im Pavillon als innovativ und Modell für die Zukunft.
Diese Begeisterung nutzten die Leiterin der Einrichtungen, Anne Fonje, und der zuständige Rathausmitarbeiter Benjamin Weber auch gleich, um den Parlamentarier ein paar Wünsche an die Landes- und Bundespolitik mit auf den Weg zu geben, damit die Arbeit in den Kommunen weniger kompliziert und kostenintensiv werden könnte.
Weber erklärte Brandenburg sehr eindrücklich, mit welchen Aufwendungen die Kommune alleingelassen werden. So seien in Brühl in den vergangenen Jahren mehrere Millionen Euro in den Aus- und Umbau von Betreuungseinrichtungen gesteckt worden – seitens des Landes und des Bundes würde es dafür so gut wie keine finanzielle Förderung geben. Und auch die Betriebskosten – die aktuell knapp 600 Kindergartenplätze schlagen jährlich mit zwischen drei und vier Millionen Euro zu Buche – würden eine finanzpolitische Herausforderung darstellen. Zwar geht Weber davon aus, dass es – spätestens bei Einführung des Rechtsanspruchs auf eine Ganztagesbetreuung bei Grundschulkindern – Mittel für den Hort geben würde, doch die würden für Brühl zu spät kommen.
Dilemma der Förderung
„Das ist das Dilemma“, räumte der FDP-Abgeordnete ein, „diejenigen, die frühzeitig ein Thema anpacken, gehen leer aus, diejenigen, die bis auf den letzten Drücker warten, erhalten Fördermittel“. Brandenburg versprach allerdings, sich zu erkundigen, inwieweit das Kinderbildungszentrum als eventuelles Pilotprojekt gefördert werden könnte. Kritik übte er auch am Gute-Kita-Gesetz, bei dem der Bund Gelder an die Länder überweise, die es dann an die Kommunen weiterreichten. „Da wird bei der Vergabe nicht unbedingt auf Investitionen in Qualitätsteigerung Wert gelegt.“
Dabei, so der Abgeordnete weiter, „wäre es gut, frühzeitig in die hochwertige Betreuung Geld zu stecken als hinterher in die Nachbearbeitung von sozialen Missständen“.
Auf Nachfrage erfuhr Brandenburg von Fonje, dass es auch schwierig sei, Mitarbeiter zu finden, selbst wenn in Brühl alle Stellen im Betreuungsbereich besetzt seien, wie Weber ergänzte. Ein Problem sei, dass trotz der Anpassung des Verdienstes in diesem Bereich das Einkommen immer noch vergleichsweise niedrig ausfalle. In der vierjährigen Ausbildung erhielten die angehenden Erzieher sogar erst ganz am Ende Geld für ihre Leistungen.
Auch die Beschäftigung von Quereinsteigern, die teilweise langjährige Erfahrungen bei der Kinderbetreuung mitbringen und zahlreiche Zusatzqualifikationen vorweisen können, sei kompliziert, denn sie würden nur durch die vierjährige Ausbildung zur anerkannten und damit entsprechend bezahlten Fachkraft. „Wir haben hochmotivierte, bestqualifizierte Bewerber, denen ich keine adäquate Bezahlung bieten kann“, erklärte Weber.
Schweizer Modell im Blick
Dieses Problem war für Brandenburg nicht neu, wie er betonte. Er sehe im Schweizer Modell einen gangbaren Weg, das eine Qualifizierung über unmittelbare Prüfungen garantiere, bei Defiziten ein modulares zielgerichtetes System anbiete und nicht auf die vierjährige Ausbildung bei entsprechend vorgebildeten Quereinsteigern bestehe. „Doch leider sind wir da nicht in Entscheidungsverantwortung“, erklärte der Oppositionspolitiker bedauernd.
Viel Lob sprach Brandenburg auch der Aktionsgruppe 60plus aus, die deren Sprecher Helmut Mehrer vorstellte. Es sei eine tolle Initiative für das Ehrenamt im Alter, betonte der Bundestagsabgeordnete.
Insgesamt bewertete er das, was er an diesem Morgen in Brühl erlebt hatte, als vorbildliches Engagement aller vor Ort Beteiligten.
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