Brühl. Schon seit über zehn Jahren veranstaltet das Netzwerk Brühl in der Ferienzeit unter dem Motto „Jeder Mensch ist cool – mit und ohne Handicap“ einen Erlebnistag im katholischen Pfarrzentrum St. Bernhard. So auch am Dienstag. Über 15 Kinder und Jugendliche von sieben bis 13 Jahren hatten sich eingefunden, die der Behindertenbeauftragte der Gemeinde, Rudi Bamberger, herzlich begrüßte. Mit ihm am Start waren zahlreiche Helferinnen wie Saskia Janschke vom Soziokulturellen Dienst des Seniorenwohnens am Schütte-Lanz-Park, sowie auch deren Residenzberaterin Ayse Fidanci und Kerstin Schleser, Doris Rossrucker und Traude Leinberger von der Hospizgemeinschaft Schwetzingen und Elke Rinderknecht.
„Exklusion bedeutet, dass einige aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden“, so Rudi Bamberger, der ergänzte: „Das gibt es heute zum Glück kaum noch.“ Inklusion heiße, dass alle eingebunden würden. Aufmerksam hörten die Kinder zu und absolvierten, eingeteilt in drei Gruppen, von acht bis 13 Uhr, unterschiedliche Aufgaben unter erschwerten Bedingungen. Dass dabei auch die Freude am Erforschen unterschiedlicher Lebenssituationen nicht zu kurz kam, stand den kleinen Teilnehmern ins Gesicht geschrieben.
Ferienprogramm in Brühl: Rollstuhl fahren und Brillen mit Einschränkung testen
Denn sie konnten erleben, eigentlich eine sehr ernste Angelegenheit, aber kindgerecht spielerisch und somit sehr niederschwellig dargeboten, was es heißt, eingeschränkt zu sein. So fuhren sie in Rollstühlen, setzten sich Brillen auf, die entweder teilweise oder ganz die Fähigkeit des Sehens nahmen und versuchten, mit dicken Handschuhen Stracciatella-Pudding zu essen, was nicht immer besonders glückte. Als besonderer Gast war Karin Gschwind aus Leimen zugegen, die fast blind ist und aus ihrem Leben berichtete. So wurde über den Sinn und die Bedeutung von akustischen Signalen bei Straßenübergängen gesprochen. Nicht schlecht staunten die Kinder, als Gschwind ihr Handy zeigte und bewies, dass dessen Nutzung, bei entsprechendem Gerät, auch als fast Blinde möglich sei.
In der Abschlussrunde hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, Fragen zu stellen, wovon reichlich Gebrauch gemacht wurde. Rudi Bamberger berichtete: „In den USA ist es zum Beispiel normal, dass die öffentlichen Toiletten und viele Einrichtungen behindertengerecht seien, im Gegensatz zu Deutschland. Das hängt zum einen damit zusammen, dass es dort viele Kriegsveteranen gibt, die eingeschränkt sind. Zum anderen damit, dass viele übergewichtige Menschen dort leben.“ Auf jeden Fall zeige es, dass es möglich sei, wenn man nur wolle. Ebenso betonte er, genau wie, dass die Teilnahme aller Menschen am öffentlichen Leben wichtig sei.
Alle Einschränkungen sind für Inklusion relevant
Die Kinder lobten die Veranstaltung, so auch die siebenjährige Nina aus Brühl: „Das war so cool“, meinte sie. Auf die Frage, was genau, antwortete sie: „Dass es Menschen gibt, die sehr an andere denken, damit alle am Leben teilhaben können.“ Auch ihre Mutter, die Brühler Sozialpädagogin Olga Klasen, fand das Konzept klasse: „Ich finde es wichtig, dass die Kinder so früh wie möglich an das Thema herangeführt werden, um sie für Inklusion zu sensibilisieren. Wenn das dann so niederschwellig und locker geschieht wie hier, ist das ideal.“ Auch der achtjährige Tom zeigte sich beeindruckt: „Am spannendsten fand ich, die Brillen aufzuhaben, mit denen man nichts oder nur verschwommen sah, damit man mal merkt, wie das ist.“ Gerne käme er nächstes Jahr wieder.
Helferin Elke Rinderknecht freute sich über die gute Resonanz auf das Angebot, die meinte: „Es kann jeden früher oder später treffen. Es reicht ein Unfall, oder das Alter und man sitzt im Rollstuhl. Auch darum ist es wichtig für alle, Sensibilität dafür zu entwickeln.“ Rudi Bamberger setzt sich seit Jahren für Inklusion und Barrierefreiheit ein und ist seit Ende 2023 auch Leiter des Stützpunkt Rhein-Neckar des Landesverbands Selbsthilfe Körperbehinderter Menschen Baden-Württemberg.
Er meinte: „Mir ist es wichtig, bei der Veranstaltung und allgemein, dass man sich nicht nur auf den Rollstuhl konzentriert, sondern alle Arten von sensorischen Einschränkungen einbezieht. Toll finde ich auch, dass es dafür viel Unterstützung gibt. So ist mir zum Beispiel wichtig, dass für dieses Ferienangebot immer passende Kinderrollstühle zur Verfügung stehen. Zum Glück gibt es Unternehmen, die uns solche kostenfrei ausleihen, wie Sunrise Medial aus Malsch, wofür wir uns herzlich bedanken, genau wie bei allen Helferinnen und Helfern.“
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